Dem siebten Himmel so nah
Schultern. „Ich habe am Fähranleger gefragt, am Fahrkartenschalter. Er hat keine Fahrkarte gekauft, niemand hat ihn eine Fähre besteigen sehen. Wahrscheinlich ist er noch auf der Insel. Ich dachte, ich nehme eine Vespa und suche ihn. Er ist wahrscheinlich nur schwimmen und spazieren gegangen. Das macht er manchmal. Ausbüxen. Wahrscheinlich ist alles halb so wild.“
Serena nickte. „Ja. Der kommt schon wieder.“ Sie blickte den Berg hinauf, blickte über das Meer. „Aber wo kann er nur sein?“
Am Nachmittag standen alle Vespas bis auf die, die Nico genommen hatte, wieder im Schuppen. Keiner von Serenas Kunden hatte Sam gesehen. Laut Chloe hatte keiner Sam gesehen, und Serena beschloss, den Laden für den Rest des Tages zu schließen.
Chloe half ihr.
Als Nico zurückkam und ihnen erzählte, dass ein Katamaran fehlte, begann Chloe leise zu weinen. Nicos stand unentschlossen daneben, bis er sie schließlich in seine Arme zog.
„Nicht ganz, wie ich es mir vorgestellt habe“, murmelte er sanft in ihr Ohr. „Nicht ganz der Anlass, den ich mir vorgestellt habe.“
Chloe lachte unter Tränen, ein erstickter, gepresster Laut, und schlang die Arme um ihn.
„Glaubst du, dass Sam den Katamaran genommen hat?“, fragte Serena ihn leise.
„Der ist zu groß für ihn, Serena. Wenn er umkippt, kriegt er das Segel nie wieder hoch.“ Nico blickte auf das Meer hinaus. „Der Wind kommt aus Nordost. Ich nehme Theos Schnellboot. Wenn Sam den Katamaran genommen hat, kann er nicht weit gekommen sein.“ Er gab ihnen hastig Theos Funkfrequenz, die Serena sich auf die Hand kritzelte.
„Ich komme mit dir, Nico“, sagte Chloe mit bebender Stimme.
„Nein.“ Er strich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht. „Du suchst hier weiter. Hör dich um. Bitte Marianne Papadopoulos um Hilfe.“
„Die habe ich schon angerufen“, murmelte Chloe. „Ich habe jeden Einzelnen auf dieser Insel angerufen. Es ist niemand mehr übrig, bei dem ich noch nachfragen könnte.“
Vielleicht nicht auf dieser Insel. Serena griff nach ihrem Handy und suchte nach einer neuerdings vertrauten Nummer. Nicos Blick traf ihren, als sie das Telefon ans Ohr hielt, und er nickte kaum merklich. Er wusste, was sie vorhatte. Sie rief Pete an.
„Wo bist du?“, sagte sie, als er antwortete.
„Kos“, erwiderte er fröhlich. „Bitte sag, dass du gleich in einem himmelblauen Kleid dieses Restaurant betrittst.“
„Sam ist verschwunden“, erklärte sie unumwunden.
Pete schwieg. Auch Serena schwieg und ließ ihm Zeit, die Situation zu begreifen und die Richtung zu ändern. Und das tat er. In weniger als einer Sekunde wandelte er sich vom Geliebten zum Krieger und erntete dafür ihre grenzenlose Bewunderung. „Habt ihr die Polizei benachrichtigt?“
„Das macht Chloe gleich. Er ist noch nicht lange fort, erst ein paar Stunden, aber Chloe macht sich große Sorgen. Wir alle machen uns Sorgen.“ Dann rückte sie mit der Hiobsbotschaft heraus. „Nicos Katamaran ist auch verschwunden.“
„Wo ist Nico?“
„Auf dem Weg zum Hafen. Er will mit Theos Schnellboot nach ihm suchen.“
„Wie ist seine Funkfrequenz?“
Sie gab sie ihm, und auch Nicos Handynummer.
„Gib ihm meine“ sagte Chloe nervös, und Serena gab ihm auch die.
„Pete …“
„Bleib mit Nico in Kontakt“, sagte er. „Versucht, andere Boote zu kontaktieren, von denen ihr wisst, dass sie in der Nähe unterwegs sind. Fähren, Fischerboote, Charterboote. Konzentriert euch darauf, den Katamaran zu finden.“
„Wie schnell kannst du hier sein?“ Sie wollte, dass er da war. Sie brauchte ihn. Sie alle brauchten ihn.
„Bald.“
Serena war sich noch nie in ihrem ganzen Leben so hilflos vorgekommen. Sie und Chloe waren mit einer Vespa die benachbarten Strände abgefahren, hatten aber keine Spur von Sam gefunden. Nach einer Stunde vergeblichen Suchens beschlossen sie, ins Dorf zu Marianne Papadopoulos’ Laden zu fahren. Bei der alten Frau liefen alle Fäden zusammen. Wenn jemand die Leute mobilisieren konnte, nach Sam zu suchen, dann sie.
Und sie tat es. Mit der Effizienz eines Generals rekrutierte Marianne Papadopoulos ihre Truppen und schickte sie los. Theo kontaktierte sämtliche Boote in der Nähe. Andere organisierten Suchtrupps an Land. Es war noch früh, beruhigte sie Chloe. Wenn er auf dem Meer war, würde Nico ihn finden. Sie sprach nicht aus, was alle dachten. Dass das Meer für einen Jungen aus der Stadt wie Sam gefährlich war und dass sie ihn vielleicht niemals finden
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