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Dem Tod auf der Spur

Titel: Dem Tod auf der Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tsokos
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Umschlagplatz für Drogen, an dem es häufig zu Gewalttätigkeiten kam, nicht selten zwischen rivalisierenden Banden. Als ich 40 Minuten später am Tatort eintraf, hatte die Feuerwehr gerade die Löscharbeiten beendet.
    »Eine Brandleiche, Geschlecht unklar, höchstwahrscheinlich im Bett verbrannt«, sagte mir der zuständige Ermittler und erklärte in knappen Worten, was geschehen war: Das Ehepaar im Nachbarhaus hatte in der Erdgeschosswohnung der Gartenstraße 75 einen ohrenbetäubenden Knall, wie von einer Explosion, und dann laute Hilfeschreie gehört. Bald danach hatte es nach Rauch gerochen. Beide waren sofort nach draußen gerannt, wo sie dann den Brand gesehen und gleich Feuerwehr und Polizei verständigt hatten.
    »Als die Feuerwehr mit den Löscharbeiten fertig war, haben sie die Brandleiche in den Resten des Bettes entdeckt«, berichtete der Beamte von der Mordkommission. »Vollkommen verkohlt. Der muss schon tot gewesen sein, als die Feuerwehr hier angerückt ist.«
    Wir gingen in die vom Feuer fast völlig verwüstete Wohnung, ein Einzimmerapartment. Der Verstorbene lag in Wasser und Löschschaum und in einem Haufen von Brandschutt, wahrscheinlich die Überbleibsel von dem, was einmal ein Sofa gewesen war. Statistisch gesehen war hier ein Unfall am wahrscheinlichsten. Etwa 90 Prozent aller Brandtodesfälle sind Folge von Unfällen, Suizide machen 5 bis 8 Prozent aus. Weitere 2 bis 5 Prozent der Verbrannten sind Opfer von Brandstiftung. Die Brandstiftung mit Tötungsabsicht, die in Ermittler- und Rechtsmedizinerkreisen als »Mordbrand« bezeichnet wird, bildet die absolute Ausnahme.
    Wenn Menschen durch ein Feuer getötet werden, ruft die Feuerwehr in jedem Fall die Polizei hinzu. Die Polizeibeamten entscheiden dann, ob es sich um einen »Leichenfundort« oder einen »Tatort« handelt. Handelt es sich um einen möglichen Tatort, wird der Brand zur »K-Sache«, zum Fall für die Kriminalpolizei.
    In diesem Fall hatten die Polizisten vor Ort den Leichnam beschlagnahmt und noch vom Brandort aus die Staatsanwaltschaft verständigt, damit diese sich mit dem Fall befassen und die Obduktion des Toten anordnen konnte.
    Während nun Spurensicherung, Kripo und Brandermittler des Landeskriminalamtes (LKA) die Wohnung untersuchten, befragten Kriminalbeamte die Nachbarn. Sie erfuhren, dass der Mieter des Einzimmerappartements ein gewisser Hendrik Wilkens war, laut einhelliger Zeugenaussage ein alkoholkranker und verhaltensgestörter Mann Mitte dreißig, der schon öfter in stationärer psychiatrischer Behandlung gewesen war. Er habe Stimmen gehört, behauptete eine Nachbarin.
    Gleich mehrere Hausbewohner erwähnten, dass Wilkens häufig von seinem Fenster aus Passanten auf der Straße angepöbelt und obszöne Gesten gemacht habe. Außerdem sei die Wohnung vollkommen verwahrlost gewesen. Wegen des Gestanks, der seit geraumer Zeit der Wohnung entströmt war, hatten einige Nachbarn ihre Balkontüren nicht mehr geöffnet.
    Wilkens hatte nach Aussage der Zeugen mit Vorliebe nachts laute Musik gehört und im Treppenhaus und auf der Rasenfläche vor seiner Wohnung herumgeschrien. Oft sei er schon am Nachmittag derart betrunken gewesen, dass er auf seinem Sofa im Wohnzimmer bis zum Nachmittag des Folgetages geschlafen und sich dann häufig unter so fürchterlichem Geheul aus dem Schlaf aufgerappelt habe, dass man das Geschrei im ganzen Viertel hören konnte. Eine Hausbewohnerin erzählte von einer unheimlichen Begegnung in der Nacht. Einmal sei sie spät nach Hause gekommen und habe schon vor dem Haus die Musik aus Wilkens’ Wohnung gehört. »Sein Wohnzimmerfenster stand offen, und da sah ich Wilkens, wie er im Zimmer regelrecht Luftsprünge gemacht und dabei krakeelt hat: ›Ich werde euch alle töten. Alle, die gegen mich sind!‹«
    Auch die Wohnungsbaugesellschaft, die die Wohnblocks in der Gartenstraße vermietete, war mit Hendrik Wilkens schon lange über Kreuz. Er habe niemals pünktlich seine Miete gezahlt und die Wohnung derartverkommen lassen, dass man sie umfassend hätte renovieren müssen, um sie späteren Mietern zumuten zu können. Der Vermieter habe dann beim Gesundheitsund Umweltamt Beschwerde eingereicht und durchgesetzt, dass Hendrik Wilkens künftig von einem Sozialarbeiter betreut wurde. Nur war dieser meist nur am Tage vor Ort, während Wilkens vorzugsweise nachts randalierte.
    Während die Ermittler Brandschuttproben aus der Wohnung entnahmen und in kleinen Plastikbehältern in Asservatenkoffern

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