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Dem Winde versprochen

Dem Winde versprochen

Titel: Dem Winde versprochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Florencia Bonelli
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Hefte, getrocknete Pflanzen, kleine getrocknete Tiere – Kröten, Frösche und Mäuse. Als sie die Lampe nahe an die Gefäße heranhielten, entdeckten sie Körperteile von Tieren in einer gelblichen Flüssigkeit: Eingeweide, Augen, Zungen, Herzen. Angewidert wandte Blackraven sich ab.
    »Jemand betreibt hier Hexerei. Bestimmt die Alte, die wir am Eingang getroffen haben. Wo ist sie?«
    »Sie ist verschwunden«, antwortete Somar.
    »Verdammt!«
    Blackraven schaute sich die Hefte an, doch die Einträge waren in Gälisch geschrieben. Die Bücher enthielten Zeichnungen von diabolischen Figuren und exotischen Symbolen, Formeln, Beschwörungen und Druidenriten.
    »Das ist nicht irgendeine einfache Hexe«, meinte Somar, »sie ist gebildet und kann lesen und schreiben. Und sie kennt sich mit Gift aus. Schau mal, das ist Eisenhut, hochgiftig. Und das sind
Samen von Digitalis. In einer bestimmten Dosis führt das innerhalb von Sekunden zum Tod. Das hier müsste Schierling sein, und das ist Arsen.«
    »Woher kennst du dich denn so gut mit Giften aus?«, fragte Roger erstaunt.
    »In einem Harem überlebst du nicht lange, wenn du das nicht lernst. Und hier hat sie ein paar Giftpilze. Siehst du?«
    »Isauras Mutter ist nach dem Genuss eines Pilzgerichts gestorben. Und ihr Vater innerhalb von wenigen Wochen an einer ominösen Magenkrankheit.«
    Sie sahen sich an.
    »Es könnte sich um eine Arsenvergiftung handeln«, mutmaßte Somar. Wenn man es regelmäßig in kleinen Dosen verabreicht, ruft es Symptome wie bei einer Magen- oder Darmerkrankung hervor.«
    »Ich bin überzeugt, Isauras Eltern wurden von dieser Frau vergiftet.«
    »Wirst du es ihr sagen?«
    »Ich weiß es nicht. Ich will nicht, dass sie noch mehr leidet. Sie steht immer noch unter Schock wegen dem, was dieser Mistkerl ihr angetan hat.«
    Brunilda gab ihnen den Hinweis auf Gotardo Guzmán, den sie als einen »Satan« bezeichnete, »der gemeinsam mit Señor Patricio sein Unwesen trieb«.
    »Wo Sie ihn finden können?«, wiederholte sie spöttisch. »Wo wohl? Im Bordell, bei einer dieser Huren.«
    »Heute Abend wirst du Guzmán einen Besuch abstatten«, sagte Blackraven zu Somar. »Nimm Peters mit, der kann gut mit der Aderpresse umgehen. Du folterst ihn, bis er dir sagt, wo sie Tommy versteckt haben. Bevor du ihn zu Maguire in die Hölle beförderst, sagst du ihm, ich hätte dich geschickt, weil er es gewagt hat, sich an meiner Frau zu vergreifen.«
    Auf den Blitz folgte ein heftiger Donnerschlag. Blackraven zog den Vorhang ein wenig beiseite und betrachtete den Himmel. Ein weiterer Blitz erleuchtete die schwarzen Wolken und verlieh der ganzen Landschaft etwas Gespenstisches. Man konnte die Eiche sehen, unter der sie Paddy Maguire begraben hatten. Die ersten Tropfen schlugen gegen das Fenster, und binnen Sekunden regnete es sturzbachartig.
    Blackraven sah kurz zu Melody hinüber, die friedlich schlief. Vor ein paar Stunden hatten sie im Zimmer zu Abend gegessen, und er hatte ihr die Brühe förmlich einflößen müssen. Sie hatte die ganze Zeit geschwiegen und an ihre Brüder gedacht. Sie machte sich große Sorgen um Tommy.
    Er schaute wieder nach draußen. Gewitter hatten ihn schon immer fasziniert, vor allem, wenn er sie von den Felsen von Cornwall aus betrachten konnte und die Blitze auf das Meer fallen sah. Wehmut überkam ihn. Er wollte mit Melody über das Meer fahren, zu einem Ort fern von dem Schmerz und den Erinnerungen, die sie traurig machten. Ob sie in Cornwall glücklich wäre? Vielleicht wäre ihr London lieber. Aber mit Sicherheit würde es ihr gefallen, durch die Straßen von Paris zu flanieren. Doch die Zeit zum Aufbruch war noch nicht gekommen.
    Ein greller Blitz erleuchtete den Himmel und tauchte die Eiche in helles Licht. Da stand jemand unter dem Baum, doch er wurde sofort wieder von der Dunkelheit verschluckt, als das flüchtige Licht erlosch. Es folgte ein weiterer Blitz, und diesmal hatte Blackraven keinen Zweifel: Es war Maguires Mutter, die am Grab ihres Sohnes stand. Sie blickte zum Fenster hinauf, als wüsste sie, dass jemand sie beobachtete. Ihre Augen funkelten wie die einer Katze.
    Der Donner riss Blackraven aus der Trance. Er zog sein Hemd an und lief nach draußen, doch die Frau war verschwunden. Er befahl seinen Männern, das Anwesen abzusuchen, schließlich
konnte sie nicht weit sein. Wütend kehrte er in das Zimmer zurück. Melody verharrte immer noch schlafend in derselben Position. Er zog seine völlig durchnässten Sachen aus,

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