Dem Winde versprochen
ist. Das hat seine Exzellenz meinem Mann gesagt, der eng mit ihm befreundet ist.«
Obwohl es anfangs nur eine Ausrede war, hatte Melody Interesse an den Umbauarbeiten gefunden. Es gefiel ihr zu sehen, wie Ordnung und Schönheit über Chaos und Verfall siegten. Die Handwerker richteten nie das Wort an sie. Sobald sie auftauchte, senkten sie den Blick. Melody bewegte sich, dicht gefolgt von Servando und Somar, zwischen Gerüsten und Geröll hindurch, begutachtete den Fortgang und die Qualität der Arbeit. Nach dem Abendessen erstattete sie Blackraven Bericht. In all den Tagen war ihr bewusst geworden, dass dies ihr Zuhause sein würde, in dem sie mit Roger und den Kindern leben würde. Plötzlich wurde alles wichtig, jedes noch so kleine Detail. Sie sprach mit Blackraven über dieses neue Gefühl, und selten hatte sie ihn so glücklich gesehen.
»Das ist nicht das einzige Haus, in dem du die Hausherrin bist«, sagte er. Schließlich gab es ja noch die Haziendas in Antigua und in Ceylon, die Herrenhäuser in Cornwall und London, die Wohnung in Paris und ein weiteres Haus auf Sardinien.
Guadalupe Moreno war ihr eine enge Freundin geworden. Oft begleitete sie Melody: in das Stoffgeschäft, zum Polsterer, zum Kunsttischler oder Maler, bei dem sie neben ein paar Aquarellen und Ölbildern ein Miniaturporträt von sich in Auftrag gab. Lupes Juwelier würde daraus ein in Gold gefasstes Medaillon für Blackraven machen.
Die beiden Frauen sprachen oft über das Hospiz und wo es stehen sollte. Sie besichtigten ein Haus von Marica Thompson in der Nähe der Plaza de Toros mit Namen Los Olivos, das seit einiger Zeit zum Verkauf stand. Die möglichen Käufer waren jedoch bisher wegen des ruinösen Zustandes zurückgeschreckt. Guadalupe überzeugte der niedrige Preis, und Melody hatte schon zahlreiche Ideen für den Umbau. Jetzt müssten sie nur noch das nötige Geld aufbringen, um es zu kaufen und zu sanieren.
Elisea erholte sich mehr und mehr. Erst war ihr noch schwindelig geworden, sobald sie das Bett verließ, doch Tage später ging es ihr schon so gut, dass sie lieber im Schaukelstuhl vor dem Fenster saß. Als Doktor O'Gorman ihr sagte, man müsse nicht mehr länger um ihr Leben bangen, konnte Melody es kaum erwarten, Servando die guten Neuigkeiten mitzuteilen.
»Es wäre gut, wenn Elisea täglich auf die Alameda käme, aber nur in der Mittagssonne und ohne sich zu überanstrengen«, hatte Doktor O'Gorman empfohlen.
Melody ging mit ihr an den Tagen, an denen sie in der Stadt war, dorthin. Servando breitete eine Decke auf dem Rasen aus, und sie setzten sich. Sie blieben eine Stunde, manchmal auch länger, tranken Honigwasser und lauschten Servando, der in der letzten Zeit eine Vorliebe für Shakespeare entwickelt hatte. Es waren sehr angenehme Stunden für alle drei. Vor ihnen lag der Fluss, und über ihnen rauschten die Blätter in den Bäumen. Es gab Momente, in denen Elisea vollkommen reglos verharrte, sie blinzelte nicht einmal. Melody dachte, irgendetwas hatte die Seele
des Mädchens gebrochen; die Liebe und die Gesellschaft von Servando hatten sie äußerlich geheilt, aber tief in ihr drin war noch eine offene Wunde. Des trüben Gedankens überdrüssig, schaute Melody zum Fluss und dachte an Roger.
Sie brauchte ihn. Sie konnte zwar den Tag ohne ihn verbringen, aber nachts wollte sie ihn an ihrer Seite haben. Er war besitzergreifend, eifersüchtig, unnachgiebig, das schon, aber er hatte auch diese sanfte Seite. Manchmal kam er ihr so verletzlich vor, nachdem sie sich geliebt hatten. Es war nur ein flüchtiger Eindruck, und sie hätte ihn gern danach gefragt, aber sie schwieg. Blackraven hatte gelitten, daran hatte sie keinen Zweifel. Der Schmerz hatte ihn zynisch und kalt gemacht, ein Schutzpanzer, hinter dem er sich versteckte.
An den Tagen, an denen sie nicht in die Stadt ging, kümmerte Melody sich um die Kinder, deren Ausbildung zu dem Zeitpunkt schon vollkommen in den Händen von Monsieur Désoite lag. Sie gab dem Hauspersonal Anweisungen, setzte sich mit Miora zusammen und sprach über Kleiderentwürfe oder die Vorhänge für das Stadthaus. Sie ritt auf Fuoco aus, kümmerte sich um die Sklaven und beantwortete die täglich eintreffenden Einladungen. Gelegentlich leistete sie Béatrice bei der Gartenarbeit Gesellschaft. Zu gern hätte sie etwas von deren natürlichen Noblesse gehabt, und manchmal beobachtete sie verstohlen, mit welcher Eleganz und Feinheit sie sich sogar zwischen den Blumenbeeten
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