Demolition
Woche zurück zur Venus geflogen.«
»Dann muß ich eben hin. Vielleicht kann ich den Zehn-Uhr-Raumer noch erwischen. Ruf bitte Idlewild an.«
ESPer Dr. psi med. 1 Sam @kins nahm je Stunde einer Analyse 1000,Kr. ein. Die Allgemeinheit wußte, daß Sam im Jahr 2 Mio. Kr. verdiente, ahnte jedoch nicht, daß er tüchtig drauf und dran war, sich mit Wohltätigkeitsanstrengungen umzubringen. @kins war ein Pionier des langfristigen Bildungsprogramms des ESPer-Verbandes und Wortführer der sogenannten Umwelt-Gruppe, die die Ansicht vertrat, daß die Fähigkeit der Telepathie keine kongeniale Eigenschaft sei, sondern vielmehr eine latente Begabung jedes lebenden Organismus, die man durch eine sachgerechte Ausbildung entwickeln und entfalten könne. Infolgedessen war Sams Wüstenwohnsitz im grellen, dürren Tafelland außerhalb Venusbergs ständig mit Wohltätigkeitsfällen überlaufen. Jeden Fall aus den unteren Einkommensschichten, dem er begegnete, lud er zu sich ein und ließ sich vom Betroffenen seine Probleme ausbreiten, und während er sie löste, versuchte er unter seinen Patienten behutsam die Telepathie zu fördern. Sams Überlegung, worauf sich seine Arbeit stützte, war ganz einfach. Wenn die ESP, um dies Beispiel zu nehmen, sozusagen eine Frage der Ausbildung unbeanspruchter Muskeln war, bestand die Möglichkeit, daß die Mehrheit der Menschen sie nur aus Trägheit oder Mangel an Gelegenheit nicht zur Entfaltung brachte. Aber unterm Druck einer persönlichen Krise kann ein Mensch sich keine Bequemlichkeit erlauben; und Sam stellte sich zur Verfügung, um Gelegenheit und Beanspruchung zu gewährleisten. Bisher konnte er als Resultat einen Anteil von 2% entdeckter Latenter vorweisen; damit lag er unterm Durchschnitt, den das Verbandsinstitut mit seinen Maßnahmen erzielte, aber Sam verlor nicht den Mut, sondern blieb unentwegt tätig.
Powell traf ihn an, während er durch den Steingarten seiner Wüstenbehausung streifte und unbarmherzig, in der Einbildung, er pflege den Garten, jede noch so kümmerliche Wüstenpflanze ausmerzte; dabei führte er gleichzeitig seine Gespräche mit dem Dutzend depressiv gestimmter Leute, das ihm wie eine Schar Welpen durch den Garten folgte. Die endlose Wolkendecke der Venus verbreitete verwaschene Helligkeit. Sams Glatze leuchtete rosafarben. Er schnaufte unablässig und schalt mit Pflanzen gleichermaßen wie mit Patienten. »Verdammt noch mal! Versuchen Sie mir nicht weiszumachen, das sei eine Glühwarze. Das ist Unkraut. Glauben Sie, ich erkenne kein Unkraut? Geben Sie mir die Harke, Bernard.«
Ein kleinwüchsiger Mann in schwarzer Kleidung reichte ihm die Harke. »Mein Name ist Walter, Dr. @kins«, sagte er.
»Und daraus besteht Ihr ganzes Problem«, brummte @kins, während er ein sukkulentes rotes Gewächs ausriß. Es wechselte in prismatischer Hysterie seine Farben und äußerte ein klägliches Jaulen, das bewies, daß es sich weder um Unkraut noch die beliebte Glühwarze handelte, sondern um den Unruhestifter Venusisches Weidenkätzchen. @kins betrachtete es mit sichtbarer Abneigung, während die in den Blasen der Pflanze gespeicherte Luft herauswinselte. Dann richtete er seinen Blick auf den Kleinwüchsigen. »Semantische Flucht, Bernard. Sie leben in den Begriffen des Nominellen, nicht in der Wirklichkeit. Sie fliehen vor der Realität. Wovor laufen Sie davon, Bernard?«
»Ich hatte gehofft, Dr. @kins«, antwortete Walter, »das könnten Sie mir sagen.«
Stumm gesellte sich Powell zu der Gruppe und hatte an ihrem Anblick sein stilles Vergnügen. Er ähnelte einer Illustration in einer primitiven Bibel. Sam, ein schlechtgelaunter Messias, maulte mit seinen ehrfürchtigen Jüngern herum. Ringsum glitzerten die Silikatgesteine des Steingartens, kunterbunt durchsetzt mit dürren venusischen Pflanzen. In der Höhe die blendende, perlmuttartige Helle; im Hintergrund, so weit das Auge reichte, in Rot, Purpur und Violett das Brachland des Planeten. »Sie erinnern mich an unseren Rotschopf«, quengelte @kins, an Walter/Bernard gewandt. »Wo steckt diese Pseudo-Kurtisane überhaupt?«
Ein hübsches rothaariges Mädchen schob sich durch die Umstehenden und setzte ein gekünsteltes Lächeln auf. »Hier bin ich, Dr. @kins.«
»Na-na, bilden Sie sich bloß nichts ein, weil ich Ihnen ein Schildchen angehängt habe.« @kins musterte die Rothaarige mit finsterer Miene. »Sie sind saumäßig selbstzufrieden, weil Sie eine Frau sind, was?« fügte er im TW-Bereich hinzu. »Ihre
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