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Demon Lover

Demon Lover

Titel: Demon Lover Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Devyn Quinn
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Berufung im Leben hatte er verfehlt. Er hätte Dressman werden sollen.
    Somerville schlug einen Ordner auf und betrachtete Kendra über den Rand seiner Designerbrille hinweg mit seinen haselnussbraunen Augen. Sein durchdringender Blick machte sie ganz nervös. Sein Schweigen war vorwurfsvoll. Am liebsten wäre sie gleich wieder gegangen.
    Um ihre Unsicherheit zu überspielen, platzte sie heraus: «Hallo, Doktor.»
    «Nehmen Sie doch Platz, Kendra», bat er sie schließlich.
    Kendra kämpfte einen weiteren Panikanfall nieder. Jetzt musste sie die Vorstellung ihres Lebens hinlegen und ihm beweisen, dass sie ihre Hausaufgaben gemacht hatte.
    Wenn ich den Arzt schon nicht mit Schönheit betören kann, dann eben mit irgendwelchem Scheiß.
    «Gern», sagte sie mit gespielter Lässigkeit.
    Voller Unbehagen streckte Kendra sich auf seiner Liege aus. Ihr kam es schon immer seltsam vor, dass Therapeuten von ihren Patienten erwarteten, dass sie sich auf den Rücken legten, sodass sie ihren Gesprächspartner nicht sehen konnten. Andererseits gewährte sie Dr. Somerville so tiefe Einblicke in ihr Innerstes, dass sie ihm dabei nicht auch noch ins Gesicht sehen wollte.
    Eine Therapie war bisweilen ebenso intim wie Sex. Manchmal sogar intimer.
    Papiergeraschel unterbrach ihre Gedanken. «Wie geht es Ihnen, Kendra?», wollte Dr. Somerville wissen.
    Kendra zuckte mit den Schultern. «Ganz gut, würde ich sagen.» O Gott, das Antworten kam ihr vor wie Zähneziehen – eine schmerzvolle Prozedur.
    «Nur ganz gut?»
    Da sie wusste, dass er genauere Auskünfte von ihr erwartete, unternahm sie einen neuen Anlauf. «Ziemlich gut, glaube ich.» Sie versuchte zu lachen, doch es gelang ihr nicht.
    «Und wie ist es Ihnen seit der Entlassung ergangen?»
    Sie atmete stockend aus. «Gut», erwiderte sie. Ihre Stimme schwankte. «Tut gut, wieder zu Hause zu sein.»
    «Irgendwelche Rückfälle?»
    Rückfälle. Er meinte ihr abendliches Glas Wein.
    Dass er ihre Selbsteinschätzung in Zweifel zog, ärgerte sie. «Ich bin trocken», versicherte sie. «Seit über einem Monat habe ich kein Glas Wein mehr getrunken.»
    «Waren Sie schon bei den Anonymen Alkoholikern?»
    Davon hielt sie nichts. Obwohl sie das «Anonym» im Namen trugen, war nichts daran anonym. Es hätte nicht lange gedauert, und alle Welt hätte gewusst, dass die Tochter des Richters Nathaniel Carter eine ehemalige Säuferin war.
    Kendra schüttelte unnachgiebig den Kopf. «Ich denke noch darüber nach», meinte sie ausweichend.
    Dr. Somerville schnalzte mit der Zunge. «Ich dachte, das hätten wir vor Ihrer Entlassung besprochen, Kendra. Sie haben eingewilligt.»
    Sie verschränkte verstimmt die Arme vor der Brust. «Ich weiß, ich habe gesagt, ich würde hingehen. Wenn es mich schneller hier rausgebracht hätte, wäre ich auch vom verdammten Dach gesprungen.»
    «Ich nehme bei Ihnen eine gewisse Feindseligkeit wahr», bemerkte Dr. Somerville. «Ich weiß, es ist schwer, sich zu öffnen, aber Sie sollten wissen, dass Sie mir alles sagen können. Falls es Ihnen hilft, Sie sind nicht der einzige Mensch da draußen, der Probleme hat. Viele Leute brauchen Hilfe. Sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht, ist der erste Schritt zur Besserung.»
    Dank ihres Aufenthalts in der Reha kannte sie die Kniffe, mit denen Psychologen und Psychiater unerwünschte Emotionen hervorkitzelten, Emotionen, die man am besten unangetastet ließ.
    «Natürlich bin ich feindselig», brach es aus Kendra hervor. «Glauben Sie etwa, es hätte mir Spaß gemacht, zweiundsiebzig Stunden lang in der Geschlossenen eingesperrt zu sein und mir etwas vorwerfen lassen zu müssen, was ich nicht getan habe?»
    «Sie wurden mit einer Überdosis Tabletten bewusstlos aufgefunden», rief Somerville ihr in Erinnerung. «Ich nenne das einen Hilferuf.»
    Das hatten sie schon tausendmal durchgehechelt. Und jedes Mal machte es sie wütend. «Ich habe Ihnen bereits mehrfach gesagt, dass ich keinen Selbstmordversuch unternommen habe.»
    Papiergeraschel war zu hören, als er in seinen Unterlagen blätterte. «Und was haben Sie dann getan?»
    Kendra runzelte die Stirn. Das Problem war, dass sie das selbst nicht wusste. Sie hatte nur verschwommene Erinnerungen an jene Nacht. Es war, als hätte man ihr mit einer Sonde das Gedächtnis leergesaugt. Sie massierte sich die Hände, die eiskalt geworden waren. «Ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich mich daran nicht erinnere.»
    Somerville räusperte sich, blätterte in seinen Unterlagen und

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