Demon Lover
Nach den Hiobsbotschaften des Bankangestellten fühlte sie sich wie gelähmt. Geralds infamer Verrat hatte sie völlig unvorbereitet getroffen.
Sie nahm sich einen Moment Zeit, um sich zu sammeln und ihre Gedanken zu ordnen. Um die Katastrophe zu bewältigen, musste sie erst einmal das Rauschen des Bluts in ihren Ohren dämpfen. Außerdem musste sie einen kühlen Kopf bewahren und durfte ihr Handeln nicht von Gefühlen bestimmen lassen. «Tja», bemerkte sie trocken. «Wie es aussieht, hat mein Bruder bekommen, was er wollte.»
«Und das wäre?», hakte der Banker höflich nach.
Kendra lachte trocken auf. Sie hätte sich dafür, dass sie eine solche Idiotin gewesen war, in den Hintern treten können. «Ich hab mich gebückt, und er hat mich gefickt.»
Und zwar nach Strich und Faden.
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25
Das Taxi hielt am Straßenrand, und Kendra sprang hinaus.
Sie warf dem Fahrer einen Fünfzig-Dollar-Schein zu und schlug die Beifahrertür zu. «Der Rest ist für Sie!», rief sie und rannte die Einfahrt hoch.
Geralds Maserati GranTurismo S stand vor der Garage. Gut. Das Arschloch war zu Hause.
Kendra biss die Zähne zusammen.
Es war an der Zeit, es ihm heimzuzahlen.
Sie nahm den Hausschlüssel aus der Tasche und zog ihn mit aller Kraft über die Seite des Wagens. Der Farbton nannte sich Grigio Nuvolari und war nur auf Anfrage erhältlich. Der Wagen hatte mehr gekostet als ein normales Haus.
Mit einem zufriedenen Grinsen näherte sie sich der Tür. Sie wusste noch nicht, was sie zu Gerald sagen würde, doch sie war entschlossen, mit harten Bandagen zu kämpfen. Die Vorstellung, ihren Stiefbruder zu vermöbeln, war mehr als reizvoll.
Kendra trat ins Wohnzimmer. Niemand da. Im angrenzenden Arbeitszimmer vernahm sie eine gedämpfte Stimme. Ah – das Heiligtum ihres Vaters, jetzt Geralds Zuflucht, wenn er nicht gestört werden wollte. Der Schlaufuchs war in Deckung gegangen und wartete in seinem Bau, bis die Gefahr sich verzogen hatte. Dieses Unwetter aber würde nicht so schnell vorbeiziehen. O nein. Es hatte gerade erst zu stürmen begonnen, und der Hurrikan Kendra war im Begriff, mit zerstörerischer Gewalt über das Festland hereinzubrechen.
Sie stürmte in sein Refugium. Tatsächlich, Gerald saß hinter dem antiken Schreibtisch ihres Vaters und telefonierte. Als er sie sah, unterbrach er das Gespräch. Er klappte das Handy zu und steckte es in die Tasche seines Sportsakkos.
Er setzte ein breites Grinsen auf. Offenbar ahnte er, was sie vorhatte, und es war ihm egal. «Da scheint mir jemand reif für die Zwangsjacke zu sein.»
Kendra biss die Zähne zusammen. Sie war entschlossen, mit Gerald reinen Tisch zu machen. Jetzt hatte sie nichts mehr zu verlieren. Überhaupt nichts. Er hatte ihr alles genommen, hatte ihr das Fell über die Ohren gezogen und ihr den Lebensunterhalt geraubt. Aber sie hatte keine Angst vor ihm; dafür war sie viel zu aufgebracht.
Sie schluckte mühsam und beherrschte sich. «Ich war eben auf der Bank. Und wie es aussieht, wurden die Zahlungen auf mein Konto bereits vor Monaten eingestellt.»
Gerald schaukelte auf dem Stuhl vor und zurück. Ein Lächeln umspielte seine Mundwinkel. «Ach ja?» Er wirkte entspannt. Völlig ruhig. Beinahe zu ruhig.
Entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen, ballte Kendra die Fäuste. «Als ich mich erkundigt habe, hat man mir gesagt, die Zahlungen würden jetzt auf dein Konto überwiesen.»
«Das habe ich veranlasst», erklärte er ohne schlechtes Gewissen.
Kendra grub die Fingernägel in ihre Handflächen. Sie durfte sich jetzt nicht hinreißen lassen. «Zu meiner Verwunderung hat man mir des Weiteren mitgeteilt, ich hätte dir dauerhaft Vollmacht für das Treuhandvermögen unseres Daddys erteilt.»
Gerald tat so, als überlege er. «Ja», bestätigte er. «So habe ich das in Erinnerung. Und Dane Montgomery wohl auch, denn er hat den Vorgang beglaubigt.»
Kendra ließ sich nicht ins Bockshorn jagen. Sie erwiderte trotzig seinen spöttischen Blick. «Du hast mich reingelegt, du Arschloch. Ich habe darauf vertraut, dass du nur mein Bestes im Auge hast, und du hast mir das Vermögen geraubt, das Daddy mir hinterlassen hat.»
Gerald langte nach der Packung Zigaretten, die auf dem Schreibtisch lag, klopfte eine heraus und steckte sie an. «Was soll ich sagen», meinte er und stieß Rauch durch die Nase aus. «Ich hab halt die Gelegenheit beim Schopf gepackt.» Er meinte es todernst.
Kendra fiel die Kinnlade herunter. Ihre
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