Demonica - Ione, L: Demonica
der Hölle.
»Rede mit mir. Bitte .«
Sie zitterte am ganzen Körper, blieb aber, wo sie war.
In einiger Entfernung wurden Stimmen laut. Menschen. Zu weit weg, um sich Sorgen machen zu müssen, aber sie sollten ihr Gespräch doch woanders weiterführen. Die meisten Dämonen waren für Menschen unsichtbar, es sei denn, sie wollten gesehen werden. Aber Werwölfe und humanoide Dämonen, zu denen auch seine Spezies gehörte, waren für jedermann in aller Deutlichkeit zu sehen.
»Ich geh jetzt von dir runter. Keine plötzlichen Bewegungen .« Behutsam erhob er sich und bewegte sich zur Seite, wo er sich hinhockte und die Hände auf die Schenkel legte, um möglichst harmlos zu erscheinen. Da er jetzt nackt war – seine zerfetzten Kleidungsstücke lagen irgendwo auf der Erde – , sah er in diesem Moment vermutlich so harmlos aus wie irgend möglich. Als er einen Blick auf seine Extremitäten riskierte, schien sich sein Magen in Blei zu verwandeln, obwohl er gewusst hatte, was ihn erwartete. Schimmernde Transparenz, die sich von seinen Händen bis zu den Handgelenken und von den Füßen bis zu den Fußknöcheln ausgebreitet hatte.
Runa sprang augenblicklich auf, wirbelte zu ihm herum und fletschte die eindrucksvollen Zähne. O Mann, wie groß sie war. Und wie schön. Ihr toffeefarbenes Fell leuchtete im Mondschein, und ihre Augen glühten wie bernsteinfarbene Kohlen.
»Komm zu mir zurück .« Seine Stimme klang flehend und rau, weil für ihn jetzt alles auf dem Spiel stand. Sie konnte ihn töten oder verlassen, tot wäre er so oder so.
Einen Augenblick lang war die Luft ganz still. Dann stieß Runa einen leisen Laut aus, und die Rückverwandlung begann. Hoffnung schimmerte auf. Da er wusste, dass sie die Verwandlung immer verlegen machte, blickte er beiseite, bis die grässlichen Laute der Muskeln und Sehnen, die wieder an ihren eigentlichen Platz zurückkehrten, aufhörten. Als er wieder hinsah, stand sie dort vor ihm in der Nachtluft, so nackt wie er.
»Wir müssen an einen sicheren Ort gehen « , sagte er leise. Er wusste selbst, wie lahm das klang.
»Sicher ?« Sie lachte bitter. »Mit dir? Das soll doch wohl ein Witz sein, oder? Warum hast du dir überhaupt die Mühe gemacht, mich vor Roag zu retten, wenn du ihn doch einfach deinen Job hättest erledigen lassen können ?«
»Ich weiß, was du gehört hast, aber ich schwöre dir, dass ich dich nicht töten werde .«
»Du wirst es deinen Brüdern überlassen ?«
»Sie werden dich nicht anrühren. Ich lasse nicht zu, dass dir jemand wehtut, Runa .« Sie schlang die Arme um sich und erschauerte. »Aber du hattest es vor .«
»Ja « , sagte er unverblümt. Es gab keinen Weg, die Wahrheit zu beschönigen.
Schmerz blitzte in ihren Augen auf. In diesem Moment hätte er alles getan, damit es ihr besser ging, aber über dieses Stadium waren sie längst hinaus. »Du willst die Verbindung unbedingt beenden. Mir war gar nicht klar, wie sehr du mich hasst .«
Bei den Göttern, er wünschte, so wäre es. Es machte ihn rasend, dass er nicht die Disziplin aufzubringen vermochte, das geschehen zu lassen. »Das ist ja gerade das Problem « , murmelte er. »Ich hasse dich nicht genug .«
»Meinst du das ernst ?« Sie starrte ihn mit offenem Mund an, sodass er sich vorkam, als sei er gerade mal fünf Zentimeter groß. »Du meinst es ernst, oder? Du willst mich hassen? Was für ein Arsch will denn jemand anderen hassen ?«
Sie schüttelte den Kopf, als würde sie verzweifelt versuchen, seinen Worten einen Sinn zu verleihen.
»Sieh mal – « Als er Schritte näher kommen hörte, brach er ab. Sofort sprang er auf und schirmte Runa vor den Eindringlingen ab, von denen er hoffte, es möge zumindest einer sein Bruder sein. Vorzugsweise einer, der nicht wahnsinnig war.
»Wer ist das ?« , flüsterte Runa.
»Bleib einfach hinter mir .«
Aus dem Gebüsch traten zwei Dämonen, und Shades Herz erstarrte. Es waren unterschiedliche Spezies: der eine ein Nachtstreich und der andere ein Seminus, der die S’genesis noch vor sich hatte und dessen Dermoire ihm verriet, dass sie einen gemeinsamen Ururgroßvater hatten. Beide trugen die Uniform der Kerkerer – Dämonen, die andere Dämonen festnahmen und gefangen hielten, die beschuldigt wurden, gegen das Dämonengesetz verstoßen zu haben.
Der Nachtstreich trat vor. »Shade, Sohn von Khane, du wirst beschuldigt, einen Warg ermordet zu haben, um ihn an der Ausübung der Ersten Rechte zu hindern. Was sagst du ?«
Runa holte
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