Demonica - Ione, L: Demonica
war ihr bewusst, dass sie von der Tatsache, dass sie sein Blut geschluckt hatte, angewidert sein sollte, aber nachdem sie jetzt seit beinahe einem Jahr drei Nächte im Monat rohes Fleisch fraß, war sie nicht mehr ganz so empfindlich.
»Du hast immer noch keine Verbindungsmarkierungen. Ich hoffe, ein weiterer Versuch lässt sie endlich erscheinen .«
»Vielleicht ist das nicht bei jeder Spezies der Fall .«
Shade wandte den Blick ab. »Vielleicht .«
Sie setzte sich auf und packte seinen Unterarm. »Was verschweigst du mir ?«
»Nichts, worüber du dir Sorgen machen müsstest .« Er stand auf und entzog sich ihrem Griff. »Wir müssen gehen. Erst mal zu dir, um ein paar Sachen zu holen. Danach machen wir im UG ein paar Tests mit dir und sind vor Anbruch der Nacht dann wieder hier .«
Ein Teil ihrer Mission für das R-XR bestand darin, so viel wie möglich über das Dämonenkrankenhaus herauszufinden. Das war also eine gute Gelegenheit für sie, auch wenn es ihr inzwischen falsch vorkam, diesen Befehl zu befolgen. Wie Verrat.
Gott, sie hatte doch wahrhaftig schon genug Sorgen, auch ohne die Frage, ob sie ihrem Kommandanten – der zufälligerweise auch ihr Bruder war – nun gehorchen sollte oder nicht. Sie würde sich das Krankenhaus mal ansehen und dann entscheiden, was sie tun sollte.
»Erzähl mir nicht, dass ich mir keine Sorgen machen soll, Shade. Nicht, wo du offensichtlich ziemlich besorgt über etwas bist .«
Schatten flackerten in seinen Augen auf, ließen sie ausdruckslos und schwarz erscheinen, sodass sie erschauerte. »Du hast recht, Runa. Solange Roag noch irgendwo da draußen ist, haben wir allen Grund zur Sorge .«
Niemand mochte diese öden Tage in der Notaufnahme, wenn nichts los war, aber Kynan brachten sie dazu, die Wände hochzugehen. Er war einfach nicht der Typ für »Komm, ich geb dir ein Küsschen aufs Aua, und dann ist gleich wieder alles gut « . Er wollte Blut und Gedärme, Leben und Tod. Die Art von Fällen, bei denen einem das Adrenalin literweise in die Blutbahn gepumpt wurde. Als Armee-Sanitäter war er genau darin am besten: arbeiten, egal ob unter Beschuss oder im Auge des Sturms. Dabei war es ihm sogar egal gewesen, ob seine Patienten Menschen waren oder nicht. Von Autos angefahrene Hunde und von Kugeln durchsiebte Kamele waren von ihm gleichberechtigt neben den Menschen behandelt worden.
Und der Dämon.
Kynan ließ langsam den Atem ausströmen, während die Erinnerung ihn niederdrückte. Er und Lori, die ebenfalls beim Militär war, waren seit vier Jahren verheiratet gewesen. Sie waren in Fort Lewis stationiert gewesen, aber er war nach Afghanistan abkommandiert worden. An dem Tag, an dem sich sein Leben für immer verändert hatte, war er einem Team von Rangern zu Hilfe geeilt, die in einen Hinterhalt geraten waren. Als sein Team dort ankam, war von den Rangern weit und breit nichts zu sehen, und bei der Menge Blut, die wie Farbe auf die umliegenden Felsen gespritzt war, konnten sie es unmöglich allein geschafft haben, sich aus der Klemme zu befreien.
Kys Team hatte eine Suche durchgeführt, die rein gar nichts gebracht hatte, abgesehen davon, dass sie in ein Feuergefecht gerieten. In einem Hagel aus Kugeln und nicht enden wollenden, die Erde erschütternden Explosionen war Kynan von seinem Team getrennt worden. Vor den verfolgenden Taliban hatte er in einer Höhle Schutz gesucht.
Da er am Bein verletzt war, hatte er per Funk um Hilfe gebeten. Der Empfang war schlecht, also hatte er keine Ahnung, ob die Kavallerie ihm tatsächlich in nicht allzu ferner Zukunft den Arsch retten würde. Auf der Suche nach einer guten Verteidigungsstellung stieß er auf die Überreste der Ranger. Gleich daneben die Leichen feindlicher Kämpfer, und inmitten dieses frischen Gemetzels Hunderte und Aberhunderte menschlicher und tierischer Knochen.
Kys Verstand hatte noch keine Zeit gehabt, dieses Grauen zu verarbeiten, als ein zweiköpfiges Monster – ein Dämon, wie Kynan inzwischen wusste – aus den Tiefen der Höhle aufgetaucht war. Er hatte darauf geschossen und anschließend alles getan, um sein Leben zu retten – vor allem, weil er wusste, dass irgendwo irgendjemand dieses Ding lebendig haben wollen würde.
Während er davon abgelenkt war, hatte der Feind angegriffen, und er war von einer Kugel in den Hals getroffen worden. Ab diesem Zeitpunkt waren seine Erinnerungen bestenfalls verschwommen, aber später hatte er erfahren, dass seine Kampfgefährten, die ihn schließlich
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