Demor - Einfach bösartig (German Edition)
als wollte er mehr erfahren.
Der Berg erzitterte. Ein Tonkrug klirrte zu Boden und eine Schnitzerei, die aussah wie ein Pfau, wackelte nahe des Regalrands. Sogar das Gestein der Wände gab einen bebenden Ton von sich.
»Wir müssen raus hier!«, appellierte Dalir, womit sie wahrscheinlich recht hatte.
»Ihr könnt nicht flüchten«, sprach der Erzähler ruhig. »Macht mit mir, was ihr wollt, aber ihr könnt nicht entkommen.«
»Seien Bult Einzige mit Vernunft? Ich sagen, Bult ihm brechen Genick, dann wir sehen, was passiert.« Der Ork machte einen Schritt nach vorn.
Keinen Moment später riss die nördliche Wand fort, als fiele sie nach hinten in ein Loch. Es lärmte wie bei einem Steinschlag. Wind drosch in das Zimmer und erfasste Kerzenständer, Regale, Stühle und Papier. Die Balken der Dachkonstruktion ächzten.
Bult machte einen Satz nach vorn. Der Kopflose sprang zu Dalir, um sie an sich zu ziehen.
»Los! Raus hier!« Mit bebender Stimme kämpfte die Halbdämonin gegen den Sturm an.
Demor blickte reglos in die offene Stelle. Die Berge im Hintergrund schienen zu taumeln. Wolken, Schnee und Gestein verschmolzen zu einem grausamen Bild des Horrors.
Der Erzähler saß friedlich in seinem Stuhl und nahm einen tiefen Zug aus der Pfeife. Der Qualm bedeckte sein Gesicht. Als er sich verteilte, erkannte Demor die zufriedenen Falten eines alten Mannes, der mit seinem Leben abgeschlossen hatte.
Der Ruf eines Monsters erklang von irgendwoher. Die Hütte ruckte. Bult stand bereits, als ihn das Zittern erneut auf die Knie zwang. Demor strauchelte zur Seite, fand aber Halt. »Was ist mit der Waffe, die Ihr Syxpak gegeben habt?«
Der Erzähler legte den Kopf leicht schräg. »Die Waffe? Vergesst es. Ich habe getan, was ich konnte. Fragt den Paladin.«
»Wie kann man es aufhalten?«, schrie Demor dem lärmenden Loch entgegen.
»Aufhalten?«, lachte der Erzähler. »Ihr? Vielleicht fangt Ihr damit an, Eure Freunde zu erkennen. Dann sprecht, Getreuer!«
Demor blieb keine Zeit über die Bedeutung der Sätze nachzusinnen. Die Ränder der Wände begannen sich in Luft aufzulösen. Erst die Seiten, dann die Holzbalken darüber, schließlich das holzvertäfelte Dach.
Jemand riss Demor mit sich zur Tür. Der Lich wehrte sich nur geringfügig. Sein Blick verharrte unablässig bei dem Alten, zu dessen Stuhl sich die Leere vortastete. Wie unsichtbare Zähne nagte sie am Holz und bald an der Kleidung des Erzählers.
»Wie …?« Demor wollte etwas fragen, aber er sah nur zu, wie der Mann mitsamt dem Schaukelstuhl verschwand. Lediglich ein Kichern entkam der Substanzlosigkeit.
Der Gebirgseinsturz
Die Kälte schwang erneut das Zepter. Um sie herum bebte das Gebirge und es war keine Frage, dass in Kürze der Himmel über ihnen einstürzen würde. Der Wind trommelte mittlerweile deutlich kräftiger gegen ihre Rüstungen und Felle. Es schien, als wollte er sie mit seinen Eiskörnern erschlagen.
»Was machen wir jetzt?«, schrie Dalir, während sich erneut ein Posaunenklang zwischen den Bergspitzen brach.
Demor schaute sich um, doch der Schneesturm raubte ihm die Sicht.
»Nehmen Weg, den Pferd laufen von Szixpakk«, befand Bult und Demor wunderte sich über so viel Einfallsreichtum.
Ohne zu zögern, suchten sie den Pfad im Schnee. Inzwischen war er kaum noch zu erkennen. Sie stapften durch das Weiß wie durch knöchelhohes Gestrüpp. Jeder Schritt wurde zur Prüfung. Bald versanken ihre Knie. Der Berg wackelte und nahm ihnen den festen Stand. Hinter ihren Rücken verblasste die Hütte, als risse der Wind sie mit sich und pulverisierte sie in der Luft.
Der Abstieg führte gefährlich nahe am Abgrund entlang. Der Kopflose stach sein Schwert in den Schnee, um Halt zu finden. Dalir klammerte sich an seinen Mantel fest. Bult blieb dicht bei seinem Herrn und hielt die Dornenkugel wurfbereit.
Die Sicht war von wirbelnden Eiskörnern getrübt. Frost und Kälte ließen Demors Augen fast erblinden. Er atmete schwer, löste den Mundschutz, um besser Luft holen zu können. Dampf stieß zwischen seinen Zähnen und den Nasenhöhlen heraus. Sein Stab schabte nutzlos über das Eis. Getöse erschallte, als bräche ein Berg auseinander, gefolgt von einem ohrenbetäubenden Dröhnen. Er blickte durch das Unwetter. Ein Schatten von monströser Größe verdunkelte den Himmel. Der Weltenverschlinger, dachte Demor. Die Furcht presste ihm den Atem zurück in den Hals.
»Weiter!«, kommandierte Dalir.
Der Weg senkte sich steiler als erwartet.
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