Demor - Einfach bösartig (German Edition)
zur Disziplin ermahnte.
Doch bevor er »Halt!« rufen konnte, huschte der Kopflose im Mantel des Nebels Richtung Festung. Fluchend rannte er hinterher, gefolgt von Dalir und Bult. Ein Surren durchschnitt die Nachtstille, anschließend rollte ein Kopf vor Demors Stiefel.
» Anifulgor «, sprach er beinahe lautlos und ein violetter Strom erhellte den Dunst. Im selben Moment durchschlug ihn Metall. Die Wucht der Harpune schleuderte ihn zu Boden, aber noch im Fallen donnerte er einen zweiten Lichtstrom in die Höhe.
Alle vier Wachen waren tot.
Dalir begann erneut mit dem Erklettern der Mauer. Auf dem Pflaster sitzend befahl Demor dem Ork, den Speer aus seinem Hüftbecken zu ziehen. Wie ein Schlachter vor dem Mittsommerfest zerrte Bult die Harpune, die einen Waak aufgespießt hätte, aus den Gliedern. Zum Glück keine verfluchte Waffe, nur ein Stück Metall.
»Angriff!«, schallte es in Demors Rücken. Er und Bult blickten auf, der Kopflose stürmte an ihnen vorbei.
Eine vierköpfige Gruppe der Stadtmiliz war auf der Hauptstraße aufgetaucht.
»Los! Hilf ihm!«, herrschte Demor Bult an, woraufhin sich der grüne Fleischberg einer Ramme gleich in Bewegung setzte. Demor reckte seine Wirbelsäule gerade, blickte sich um und erschrak.
Ein aschfahler Greis mit dem Gesicht einer Mumie und weißen Haarbüscheln, die so dünn herabhingen wie das Seidengarn der Elfen, stand fünf Schritte von ihm entfernt und stierte aus leeren Augen, als wäre Demor ein längst ausgestorbenes Tier.
Der Nachtwächter.
So schnell es seine altersschwachen Glieder erlaubten, machte der Alte kehrt. Indem er ein Bein nachzog, schleppte er seinen Buckel davon. Dafür zappelte sein Arm umso heftiger an dem Stab, an welchem die Glocke hing, mit der er jede neue Stunde einläutete.
Deshalb sind mir die Toten lieber. Die können schweigen.
» Excratio ulpatro! «, schickte ihm Demor das tödliche Urteil hinterher, wohl wissend, dass der Fluch für das Fleisch dieses Alten nicht lange brauchen würde.
Tumult brandete hinter den Mauern auf. Der Überraschungsangriff war dahin. In aller Eile erweckte Demor die beiden Wachen auf den Zinnen zu neuem Leben und befahl ihnen, das Tor zu öffnen.
Wo war die Eiserne Jungfrau geblieben?
Bult und der Kopflose kehrten zu ihm zurück. Die Rüstung des Orks troff vom Blut. »Groll stehen uns bei! Bult werden Szixpakk vor worgosh schleifen!«
Demor bedachte ihn mit unsicherer Miene. Für den Moment kamen sie mit genialen Überlegungen nicht weit. Rohe Gewalt war die Sprache der Wahl – ein deutlicher Vorteil für den grünen Wilden.
Lichter entlang der Hauptstraße erhellten das tiefgraue Pflaster. Eine Meute aus Fackeln wälzte sich heran. Das Tor ächzte hinter den dreien. Rufe aus der Festungsanlage deuteten darauf hin, dass man die Zombies am Eingang entdeckt hatte. Die Torflügel gingen einen Spalt auf. Nebel quoll hervor. Dalir!
In einer Symphonie klappernder Rüstungen füllten sich die Zinnen mit Soldaten. Bolzen zischten an den drei Eindringlingen vorbei und trommelten auf die Pflastersteine.
Während sich Bult mit einer Rolle das Schild eines toten Wächters schnappte, wuchs an Demors Arm ein Schutzgeflecht aus Knochen. Und der Kopflose überwand den Wall wie eine Mauerechse.
Demor gab ihm Rückendeckung, indem er die Feinde mit Funken sprühenden Lichtblitzen von ihrem kärglichen Dasein erlöste. Das Gezeter der Stadtmiliz rollte wie Donnerschall auf ihn zu. Stöcke wurden aufeinandergeschlagen und erzeugten einen Takt des Hasses.
Demor blickte über seine Schulter. Das waren keine Kämpfer, nicht alle. Stattdessen Stadtbewohner, Tölpel.
»Jetzt zeige ich euch, was es heißt, die müden Knochen zu schwingen!«, brüllte er ihnen mit giftiger Häme entgegen. Er reckte den Stab in den Himmel und das Verderben verließ seine Kehle: » Surrectio ocinius! «
Ein Beben erschütterte die Stadt. Der Friedhof, der innerhalb der Stadtmauern lag, war die größte Schwachstelle dieser Festung. Dort erwachte seine Armee und schritt zur Tat. Ein Chor aus tausend Mäulern, die nach Erlösung japsten, dröhnte wie ein Nebelhorn durch die Straßen.
Bald würden die Stadtbewohner den Lich erreichen. Die Torflügel zur Burg standen still. Einen Spalt, keine zwei Finger breit, klaffte es offen.
Ungehemmt entfuhren dem Stab Blitze. Das Knistern betäubte Demors Gehör. Jeder einzelne Spruch fand sein Ziel. Wie Puppen kippten die Feinde vom Wehrgang. Auf der anderen Mauerseite glitt die Klinge des
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