Demor - Einfach bösartig (German Edition)
Lichs. Sie zitterte erneut. Diesmal ähnelte es einem Beben. Ihre dunklen Pupillen rollten nach oben und das Weiß der Augäpfel strahlte in ihrem grauen Gesicht.
»Kommt das Wort auf Todes Schwingen,
Nagt der Zwang an blutiger Hand.
Wenn Schwäche kommt, verliert er alles.
Zieht er auf, der Fluch der Stille
Und es quält der Fluch des Zerfalls.«
Sie löste ihre Fesseln und grinste mit leblosen Lippen.
Demor betrachtete seine Hände. Die Knochen sahen normal aus. »Das war’s?«
»Sollen wir weitermachen?«, fragte die Hexe keck.
Hastig vergrub der Lich seine Finger im Leder. »Wer weiß, was ich mir dabei alles einfange. Bringt uns lieber zu den Stufen.«
Dalir legte ihre Hand auf seinen Unterarm. Kein grober Griff, eine zarte Berührung. »Ich halte das für keine gute Idee. Wer weiß, was sie mit Euch gemacht hat. Ich traue ihr nicht. Wir wissen nicht, was uns erwartet.«
»Nur das, was euch das Leben gezeigt hat«, schaltete sich Cybele ein.
»Dennoch, ein paar von uns sollten hierbleiben. Oder, Lord Demor?«
Der Lich schwelgte in Zukunft und Vergangenheit. Das Jetzt war nicht wichtig. Die nahende Begegnung mit Syxpak ließ ihn erschaudern. Unbemerkt für die anderen, kochte in seinem Inneren Unsicherheit auf – ein Gefühl, das er besiegt geglaubt hatte. Zweimal hatte der Paladin ihn bezwungen. Wie würde ein drittes Zusammentreffen enden?
»Lord Demor?«, erkundigte sich Dalir, weiterhin auf eine Entscheidung drängend.
»Nein, Syxpak ist kein dahergelaufener Lehensmann, der die Ehre seines Herrn eintreibt. Gabriel Syxpak lebt, um zu siegen. Sein Name schwebt über uns allen wie die Axt des Lord Scharfrichters. Und mag die Alte noch so verkommen sein, wir stehen alle auf der gleichen Seite.«
Cybele gackerte und nickte, was Demor als Zustimmung genügte.
»Nur zu viert haben wir eine Chance, den Paladin zu bezwingen und ihm das Geheimnis zu entlocken. Deswegen habe ich Euch ausgesucht. Ihr seid die Ersten in meinem neuen Reich.«
Der dunkle Reiter zog sein Schwert und deutete mit dem Oberkörper eine Verbeugung an, was ihm den missbilligenden Blick der Halbdämonin einbrachte.
Verloren stand der Ork da, eingerahmt vom morschen Türrahmen. Er kratzte sich unter seinem Helm und es hatte den Anschein, als läge ihm etwas auf der Seele, aber Demor besaß nicht die Nerven, weiteren Unfug des Kobolds zu hören. Denn darauf würde es hinauslaufen.
»Beginnt mit dem Ritual, altes Weib, oder was auch immer Ihr dafür tun müsst. Nur bringt uns zu diesen Stufen. Ich kann es kaum erwarten, diesem aufgeblasenen Angeber in den goldenen Panzer zu treten!«
Die Ewigen Stufen
In der Tonschüssel loderte sie. Eine Flamme, so rot wie der Soeluntergang. Das Rückenmark einer Burgsenfledermaus brutzelte inmitten von Rattengebeinen, dem Auge eines Primaten und dem Blut einer Jungziege. Eine hässliche Art von Magie ließ das Feuer ungewöhnlich lebendig wirken. Es war eine schwarze Kunst, genährt von den vielfältigen Pulvern, welche die Finger der Hexe aus den umstehenden Gefäßen klaubten.
Mit Beschwörungen, so zwiespältig wie ein Dankeswort aus ihrem Munde, warf die Alte beigefarbenes Puder in die Flamme. Das Rot wurde zu sandfarbenem Licht.
Wie durch Geisterhand richtete sich die Wirbelsäule der Fledermaus zu einer Schräge auf. Das Gesicht der Hexenkönigin verfinsterte sich und ihre weißen Haarsträhnen loderten auf wie Nebelschleier. Eine Treppe entstand, die Knorpel bildeten die Stufen. Eine Illusion, aber so wirklich, dass Demor glaubte, eine Miniatur der Ewigen Stufen zu sehen. Die Schatten sprangen von der Decke in das gelbe Feuer. Selbst die Wände und das Inventar schienen sich der Hexerei hinzubeugen.
Der Lich war fasziniert. Er wollte in die Flammenwoge eintauchen, die letzte Hürde auf seinem Weg nehmen.
»Streckt die Hände hinein!«, befahl Cybele und ihre eigenen Klauen malten wirre Kreise und formten aus dem aufsteigenden Qualm wundersame Symbole.
»Wie kommen wir zurück?« Im Ton eines Teufelsaustreibers pochte Dalir auf die Antwort.
Aus verschlagenen Augen blickte die Hexe zu ihr auf. »Euer Meister wird rufen und ich werde antworten. Das Feuer wird erlöschen, dann kehrt ihr ins Jetzt zurück.«
»Ich glaube Euch kein Wort!«
»Genug!«, entschied Demor. »Ich habe meinen Schwur gegeben und ich stehe dazu. – Cybele, bedenkt Euer Versprechen. Sollte Eure Sprache weniger wert sein als meine?«
»Bei Efgasa, der Hüterin der Eintracht und des Mutes!«,
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