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Demudis

Demudis

Titel: Demudis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Blankertz
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entschieden, unverzüglich nach Riehl zu gehen, denn sie schätzte es als vordringlicher ein, Hechards Wink zu folgen, als mit Bruder Wilhelm zu sprechen, der ja nur der Genosse von Bruder Hermann war und von dem man nicht wissen konnte, ob der überhaupt Einblick in die Dinge hatte, nach denen sie forschte. Hechards Hinweis passte ja auch gut dazu, dass sich Schwester Guta wohl auf dem Weg nach Riehl oder von Riehl zurück befunden haben musste, als sie entseelt wurde.
    Die Mägde wollten Demudis nicht zu Frau Engelradis vorlassen, der Witwe Adolf von Riehls, der, wie man ihr sagte, am Tage vor Maria Lichtmess verstorben war. Demudis klopfte wieder und harrte im tiefen Nass stehend aus. Auf dem Vorhof befand sich ein, wie Demudis vermutete, prächtiger großer Brunnen, der fast ganz unter den Schneemassen verschwand. Das Haus war bis Mannshöhe gemauert aus hartem, unregelmäßigem Stein, und darüber erhob sich ein hervorspringendes Fachwerk mit gründlich geweißten Flächen und feuerrot gefassten Streben. Rechts und links von der Eingangspforte gingen zwei große Flügel ab, während sich in der Mitte fast so etwas wie ein Turm erhob. Viele Giebel und Erker schmückten das Haus und kündeten von seinem Reichtum.
    Demudis klopfte wieder und wieder und wurde stets aufs Neue abgewiesen, bis eine Frau den Kopf aus einem Fenster steckte und unfreundlich rief:
    »Ei, Weib, was machst du für ein Getön?«
    »Seid Ihr die Herrin von Riehl?«, fragte Demudis artig.
    »Wer will das wissen?«
    »Schwester Demudis heiße ich«, erklärte Demudis, »und lebe im Konvent der Bela Crieg bei den Predigern von der Stolkgasse. Darf ich mit Euch sprechen? Ich bitte Euch ums Inständigste. Eine unserer Schwestern ist … verstorben …«
    »Was kommst du zu uns?«
    »Ich habe Kunde über hiesige Familienbande«, antwortete Demudis möglichst unbestimmt.
    »Wenn wir die gleiche Eselin meinen, dann kann sie uns gestohlen bleiben«, keifte die Frau.
    Demudis Herz sank. »Aber ihre Familie sollte Bescheid wissen.«
    »Verdammt in alle Ewigkeit«, fluchte die Frau ganz unhöfisch wie ein altes Fischweib. »Nun gut, tritt ein.«
    Kurz darauf wurde die Pforte geöffnet.
    Wundervolle Wärme schlug Demudis entgegen, als sie eintrat. Der Boden der Halle war mit einem Mosaik aus weißen und schwarzen Platten ausgestattet. Die Decke wölbte sich fast wie eine Kapelle und war mit Jagdbildern bemalt. Die Magd führte Demudis eine breite, mit einem roten Teppich belegte Treppe hinauf in das Gemach der Herrin. Schwere Vorhänge zierten die Seiten der Fenster, und die hölzerne Decke wie auch die sie tragenden Stempel waren gülden verziert. Das Feuer im Kamin verbreitete eine wohlige Wärme. Die Herrin, deren Trauer Demudis nicht wirklich tief empfunden dünkte, saß ganz in eine feine grüne Wolldecke eingewickelt an einem großen Tisch, der mit Wein und Gebäck gedeckt war.
    Demudis fiel der Herrin zu Füßen und sprach: »Hohe Herrin, entschuldigt, dass ich Nichtswürdige Eure geheiligte Trauer um Euren ach so teuren Gemahl zu stören gewagt habe.«
    Frau Engelradis machte sich nicht viel Umstände mit Drumherumreden. »Eine sehr ärgerliche Geschichte.«
    Demudis erhob sich. Frau Engelradis wies ihr mit der Hand nachlässig winkend einen Stuhl an.
    »Bitte, berichtet«, sagte Demudis, um ebenfalls keine Zeit mit weiteren Höflichkeiten zu verschwenden, da sie augenscheinlich nicht willkommen waren.
    Frau Engelradis schöpfte tief Luft. »Es war am Fest der heiligen Martina, dem vorletzten Tage im garstigen Januar, da war mein Gatte Adolf bereits dabei, auszuatmen. Als sich besagter Tag dem Ende neigte, kam Graf Walram zusammen mit einem Müßiggänger, den er als Adolfs Sohn vorzustellen sich erdreistete.«
    Demudis erfasste sofort ihre missliche Lage. »Adolfs Sohn? Nicht der Eurige?« Gleichzeitig war ihr nicht entgangen, dass von dem Grafen die Rede war, von dem nach Abt Norberts Aussage der Abgesandte stammte, der mit Schwester Guta an Maria Lichtmess gesprochen hatte.
    »Gott hat mir keine Kinder geschenkt.« Für einen kurzen Augenblick machte Frau Engelradis auf Demudis einen wahrhaft traurigen Eindruck.
    »Ein Sohn, der ihm nicht bekannt war, so wenig wie Euch?«, vergewisserte sich Demudis.
    »Ich sehe, dass ich etwas weiter ausholen muss«, sagte Frau Engelradis und begann überraschend bereitwillig zu erzählen. »Im Jahre des Herrn 1282 ehelichte Adolf eine gewisse Mathilde von Berg, eine Base von mir und meiner Schwester. Nachdem

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