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Den Jakobsweg erfahren

Den Jakobsweg erfahren

Titel: Den Jakobsweg erfahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Frömmert
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kommt oder geht.
    Als Timo noch einmal nach seinem
Fahrrad sieht, stellt er fest, dass es nun an einem anderen Platz steht. Er
hatte es vor einer Tür abgestellt. Das hat offensichtlich jemanden nicht
gepasst. Weil das Rad verschlossen war, und das Verrücken des Rades wohl nicht
so ganz behutsam durchgeführt wurde, waren drei Speichen beschädigt. Mit diesem
Schaden kann er nicht weiterfahren. Timo ist sauer. Das allein bringt uns aber
nicht weiter. Reparieren können wir es leider nicht, obwohl wir Ersatzspeichen
haben. Es fehlt uns ein Spezialwerkzeug.
    Ich frage die Herbergsmutter, ob
es im Ort eine Werkstatt gibt. Die gibt es, sagt sie, aber die hat um 18:00 Uhr
geschlossen. Jetzt ist es 17:50 Uhr und morgen ist Sonntag. Also ist das
Hinterrad in Windeseile ausgebaut und wir rennen durch die Gassen, mit einem
Ortsplan der Herbergsmutter bewaffnet zu der Werkstatt.
    Als wir dort ankommen, ist der
Inhaber damit beschäftigt aufzuräumen. Als wir ihm das Hinterrad zeigen,
unterbricht er seine Aktivitäten und sucht sogleich in seinem Speichensortiment
drei passende heraus. Die werden eingebaut und dann wird die Felge erneut zentriert,
der Mantel aufgezogen und der Schlauch befüllt. Für die Arbeit möchte er 10€
und wir geben ihm 20€, denn ohne ihn hätten wir für einen Tag zwangsweise hier
bleiben müssen.
    So gehen wir total erleichtert und
entspannt zurück durch die mit Menschenmassen gefüllten Gassen. Jetzt sind wir
hier auch in unseren Köpfen angekommen. Unsere Stimmung wäre geeignet für ein
Wein oder Bier in einem der vielen Lokale, aber das Abendessen wartet auf uns.
Darum kaufen wir noch schnell Wein und gehen dann auf direktem Weg zur Herberge
zurück.
    Beim Abendessen finden sich alle
Gäste im Speisesaal ein. Es ist eine schöne Gemeinschaft. Einige deutsche und
französische Gruppen tauschen sich aus. Englisch sprechen zu können ist sehr
vorteilhaft, aber Timo und Siggi können ja außer mir noch mit den anderen
Deutschen (vier Lehrerinnen) reden.
    Anschließend fragen wir die
Herbergsmutter, ob wir sitzenbleiben und ein Glas Wein trinken dürfen.
Natürlich dürfen wir. Sie gibt uns sogar Gläser und wir laden alle ein. Drei
Pilger gesellen sich zu uns. So haben wir etwas Gesellschaft. Es ist
interessant und lustig zugleich.
    Die Füße der Lehrerinnen sind
schon ziemlich lädiert. Sie haben sich für vier Monate vom Dienst befreien
lassen und schon etwa 200 Kilometer gelaufen. Eine von ihnen ist neidisch auf
uns und möchte sofort tauschen. Wir trösten sie mit unseren Erfahrungen, denn
Radfahren ist ja auch nicht pures Zuckerschlecken.
    Die im Ort besorgten zwei Flaschen
Wein sind schnell geleert und dann geht es husch ab ins Körbchen.
    99,1 gefahrene km, gesamt 1840,5
km
    6:08 gefahrene Zeit, gesamt 105:58
Std.
    16,4 km/h
Durchschnittsgeschwindigkeit

     

06.05.2012 Sonntag
    Tag 16
    Saint-Jean-Pied-de-Port
(F) – Pamplona (E)
    In der letzten Nacht war es total
ruhig, nicht, dass es vorher unruhig gewesen wäre, aber es war, wenn es eine
Steigerung von Ruhe gibt, eben noch ruhiger.
    Wir lassen uns um 06:45 Uhr von
unserem elektronischen Helfer wecken. Alle Handys sind über Nacht geladen
worden und der Zusatzakku, den ich für die Navigation brauche, auch.
    Das Handy soll ab sofort nicht
mehr für die Navigation, sondern nur noch der Aufzeichnung unseres gefahrenen
Weges dienen. Schon bevor wir Saint-Jean-Pied-de-Port erreichten, hat das
Gemenge aus Pilgern und Jakobsmuschel-Wegweiser die Handy-Navigation überflüssig
gemacht. Wir sind schon total auf diese Symbole konditioniert.
    Nach dem Frühstücken in der
Herberge verschnüren wir routiniert unsere Packtaschen auf dem Gepäckträger.
Wir verabschieden uns von der Herbergsmutter und ihrer Gehilfin, sowie von den
anderen Pilgern (…einer aus Bayern, ca. 35 Jahre alt, hat von seiner Mutter
eine komplette Wanderausrüstung geschenkt bekommen und ist nun, so scheint es,
auf dem Selbstfindungstrip) und dann schieben wir unsere Räder wieder in
umgekehrter Richtung aus der Fußgängerzone heraus. Am Stadttor angekommen,
fragen wir uns zunächst, wie wir fahren müssen, aber der vorbeiziehende
Pilgerstrom zeigt uns den richtigen Weg. Wir sind nach der Ortschaft jedoch
gezwungen, auf der Straße zu fahren, da die Pilger über riesige Treppen die
Schluchten und Bergkämme rauf und runter gehen müssen. Das geht mit dem Rad
nicht und ist auch zu gefährlich.
    Für uns geht es auch hoch. Nach
einigen Kilometern erreichen wir die spanische

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