Den lass ich gleich an
Hobbyreportern?«
»Ach die …«
Lulu sah aus dem Fenster. Ein grandioser Sonnenuntergang tauchte die Landschaft in goldenes Licht. Es war ein Bild, an dem sich ihre Phantasie entzündete. Mit Alex durch die Felder wandern, dann im Schatten eines alten Baums picknicken und die Nacht unter den Sternen verbringen … Aber nein. Alex, dieses Thema war durch. Er hatte sich disqualifiziert.
Sabrina ließ nicht locker. »Also? Was hat die Recherche ergeben?«
»Er war den ganzen Tag am Strand, Frauen sind nicht aufgetaucht«, berichtete Lulu. »Doch was heißt das schon? Seine kleine Maus muss vermutlich tagsüber in die Schule. Und am Abend geht’s dann wieder rund. Mal ehrlich: Ich habe genug Problemzonen. Da brauche ich nicht auch noch Alex.«
Sabrina sah nun ebenfalls aus dem Fenster und schwieg. Aber an ihren zusammengezogenen Augenbrauen ließ sich unschwer erkennen, dass Teil eins und zwei ihres Plans noch lange nicht zu den Akten gelegt waren.
Pünktlich zum Abendessen erreichten sie das Hotel. Als sie durch die Lobby gingen, winkte Tommy ihnen zu. Sein sommersprossiges Jungsgesicht strahlte. Lulu winkte zurück. Immerhin verdankte sie ihm eine Traumsuite. Lustiger Typ, dachte sie. So durchschaubar wie ein Glas Wasser, aber nett.
»Der steht auf dich«, flüsterte Sabrina. »Wäre ein guter Pausensnack. Garantiert kalorienfrei und noch dazu bissfest.«
»Nichts da, der hat Welpenschutz«, widersprach Lulu. »Außerdem bin ich altmodisch. Ich mag keine Affären.«
»Trotzdem. Flirte ein bisschen. Dies ist ein ärztlicher Rat von Doktor Sabrina. Ein kräftiger Hormonschub von Zeit zu Zeit ist sehr belebend, macht schöne Haut und gute Laune.«
»Danke. Ich ziehe ein Glas Wein vor.«
Sie lenkten ihre Schritte zum Speisesaal. Schon von weitem hörte man Stimmengewirr, Kindergeschrei und das Klirren von Gläsern und Besteck. Mittlerweile hatte das heillose Durcheinander seinen Schrecken für Lulu verloren. Ja, sie freute sich sogar darauf. Es fühlte sich so lebendig an. Niemals hätte sie mehr mit einem edlen, steifen Hotel tauschen mögen, wo sich verstummte Paare gegenseitig anödeten.
Mit geübten Bewegungen suchte sie sich einen Weg durch das Gedränge. Nach einigem Suchen fand sie Gill mit Lotte und Fusselbart an einem Tisch am Pool. Ganz offensichtlich hatte Fusselbart mal wieder ausgedehnte Beutezüge am Buffet hinter sich. Der Tisch war beladen mit Salaten, Lasagne und Steaks, zwei Karaffen mit Wein standen bereit.
Mit dem wird man jedenfalls nie verhungern, dachte Lulu. Seltsam nur, dass er seine Frau so oft allein lässt. Die muss sich doch zu Tode langweilen in ihrem Zimmer.
Sie ließ sich auf einen freien Stuhl fallen, und auch Sabrina und Philipp setzten sich.
»Lulu!« Gill musterte sie andächtig. »Kind, du siehst ja unglaublich aus in dem Kleid! Zum Verlieben!«
»Äh … Danke, Mutter.«
Plötzlich wurde Lulu klar: Dies war der Schlusspunkt einer Fehde, die mehr als zwanzig Jahre gedauert hatte. Seit Lulu ein Teenager war, hatte ihre Mutter versucht, sie in eine Tanzstundenschönheit zu verwandeln. Doch Lulu hatte schon aus Prinzip – und natürlich um Gill zu ärgern – jeden Kompromiss verweigert. Keine Kleider, keine Absatzschuhe, nichts, was ihrer Mutter gefallen hätte. Genau das, nicht nur ihr Hang zum Praktischen, war der Grund für ihre unweiblichen Klamotten gewesen. Mit diesem Kleid hatte sie ihre alte Rebellion aufgegeben. Sie war erwachsen geworden.
»Ich habe die schönste Mama der Welt«, verkündete Lotte voller Stolz.
»Hattest du immer schon«, wandte Sabrina ein, »aber jetzt sieht man es auch.«
»Und wie ist euer Termin gelaufen?«, erkundigte sich Gill.
»Bestens.« Lulu strich über den zarten Stoff des Kleids. »Wir waren in einer wunderschönen Finca.«
Philipp nahm den Laptop aus seinem Rucksack und klickte die Bilder des Tages durch, während Sabrina sich ein Glas Wein eingoss.
»Cheers!«, sagte sie. »Auf unsere Künstlerin!«
Gill erhob ebenfalls ihr Glas. »Auf Lulu!«
Alle prosteten einander zu, nur Philipp starrte wie gebannt auf das Display. »Das ist das Beste, was Lulu jemals gemacht hat«, murmelte er. »Allererste Sahne. Ich verwette meinen Pferdeschwanz darauf, dass sie mit Preisen zugedonnert wird!«
»Vorsicht! Ich schneide dir das Ding höchstpersönlich ab, wenn du die Wette verlierst«, drohte Lulu.
Sie trank einen Schluck Rotwein. Falls Fusselbart ihn ausgesucht hatte, besaß er jedenfalls einen erlesenen Geschmack. Der Wein
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