Den letzten Abschied selbst gestalten
dass nur gut qualifizierte Trauerredner diesen Beruf ausüben. Dafür seien Redegewandtheit, Lebenserfahrung, psychologisches Geschick, ein kulturwissenschaftliches Hintergrundwissen und die Fähigkeit zu selbstbewusstem Auftreten notwendig.
2001 entstand die Arbeitsgemeinschaft Freier Theologen ( AGFT ) als ein Zusammenschluss unabhängiger Theologen aus dem gesamten Bundesgebiet. Ziel war und ist es, »Quali tätsstandards für die Dienstleistungen im Bereich kirchenunabhän giger Zeremonien und Rituale zu entwickeln«.
Bereits seit 1990 haben sich nichtreligiöse Frauen und Männer im Deutschen Freidenker-Verband e. V. zusammengetan, um bei »konfessionsfreien, würdevollen, individuell gestalteten Bestattungen und Trauerfeiern zu sprechen«. Der Verband wirbt für seine weltlichen Redner mit dem Lob einer alten Dame: »Also Herr Pfarrer, det hamse sehr scheen jemacht. Aber det Scheenste von Sie war, det Se den janzen Kram von Himmel und lieber Jott wegjelassen ham.«
Darüber hinaus gibt es noch die Interessengemeinschaft der freien Bestattungs- und Feierredner ( IFBF ) mit Büro in Erlangen und einen Fachverband für weltliche Bestattungs- und Trauerkultur mit Sitz in Cottbus.
Die freien und weltlichen Trauerredner haben sich in den letzten Jahren erkennbar professionalisiert und gut organisiert, so dass man überall in Deutschland auf ihre Angebote zurückgreifen kann. Dazu zwei Beispiele:
»Rituale übersetzen Sprachlosigkeit in Sprache« Gisa Zeiß, Trauerrednerin, Fehmarn
Gisa Zeiß fährt oft von ihrem Heimatort auf der Insel Fehmarn über die Sundbrücke aufs Festland. Die freie Theologin ist ausgebildete Trauerbegleiterin, psychologische Beraterin, Hospiz-Dozentin und Palliativ-Care-Trainerin. Sie tritt als Rednerin bei Geburten, Hochzeiten und Bestattungen auf. Eben in allen »Lebenszyklen«, wie sie lachend sagt. Besonders erforscht hat sie den Umgang mit Sterben, Tod und Trauer in nichtchristlichen Religionen und beschreibt dies in dem Buch »Sterben und Trauer im Wandel«. Als Trauerrednerin ist Gisa Zeiß in ganz Ostholstein und Lübeck gefragt. Da die Menschen an der Küste oft den Wunsch nach einer Seebestattung haben, ist sie auch häufig auf dem Wasser dabei und gestaltet die jährlichen Gedenkfahrten als kollektives Trauerritual.
Von privaten Verbindungen und Empfehlungen abgesehen, arbeitet Zeiß mit einem festen Stamm von Bestattern zusammen. Die melden sich immer dann, wenn eine Familie oder ein Freundeskreis eine sogenannte weltliche Verabschiedung möchte oder auch explizit nach einer Trauerrednerin fragt.
»Ich binde die Bestatter bei der Trauerfeier gern ein, aber ansonsten müssen sie mich machen lassen, sonst übernehme ich den Auftrag nicht«, betont die Fehmaranerin. Ihre Fahrtkosten und ihr Honorar rechnet sie über die Bestatter ab.
Der Aufwand ist wegen der größeren Entfernungen beträchtlich. Gisa Zeiß vereinbart ein Treffen mit den Angehörigen, fährt zu ihnen und spricht mit ihnen so lange über den Verstorbenen, »bis der Funke überspringt«. Und wenn die Menschen das möchten, fährt sie auch noch ein zweites Mal zu ihnen. Im Augenblick des Todes falle es den Angehörigen doch sehr schwer, klare Entscheidungen zu treffen. Ihre Erfahrung: »Selbst wenn eine Krankheit vorausging, sind die Angehörigen so geschockt, dass sie eine Menge mit sich machen lassen.«
Zu Hause feilt Gisa Zeiß dann an ihrer Rede und überlegt sich, wie sie den verstorbenen Menschen am besten würdigen kann. »Ich denke und arbeite interkulturell und versuche, die passenden Worte zu finden. Das kann ein Gedicht von Hermann Hesse, ein philosophischer Text, aber auch ein Zitat aus der Bibel oder den anderen schriftlichen Glaubenszeugnissen der Weltreligionen sein. Ich frage die Angehörigen bei dem Trauergespräch auch immer, »was aus der Natur war dem Verstorbenen wichtig, welche Blume gefiel ihm am besten? Gibt es einen Gegenstand, der besonders zu ihm passt? Dies sind Dinge, die in die Gestaltung der Trauerfeier mit aufgenommen werden können. Ich verwende gern Symbole und Rituale bei meiner Ansprache, besonders, wenn Kinder unter den Trauergästen sind. Denn mit dem Thema Tod stoßen wir an eine Grenze, die unsere Vorstellungen übersteigt.« Begräbnis- und Trauerfeierrituale können zusammen mit Symbolen, so Zeiß, diese Situation besser ins Bewusstsein rücken und verstehbarer machen. Als Beispiel führt sie das von ihr gern durchgeführte »Kerzenritual« an: Alle zünden im
Weitere Kostenlose Bücher