Den letzten Abschied selbst gestalten
Gedenken an den Verstorbenen eine Trauerkerze an, die sie nach der Zeremonie als Erinnerung mit nach Hause nehmen können. Oder es sind Schwimmkerzen, die alle Gäste vor Beginn der Trauerfeier anzünden und in eine große Glasschale mit Wasser hineinsetzen. »Das Licht symbolisiert die Hoffnung, dass der Verstorbene an ›einen lichtvollen Ort‹ gehen möge.«
Oft möchten auch die Angehörigen selbst ein Ritual gestalten oder etwas vortragen, sind jedoch unsicher. Dann schlägt Gisa Zeiß Arbeitsteilung vor: »Einer schreibt etwas auf, der andere trägt es vor und ich springe notfalls ein.«
Mit den Kirchen hat Gisa Zeiß in ihrer Arbeit oft weniger gute Erfahrungen gemacht, da diese den Menschen in ihrer Trauer häufig zu wenig zugewandt seien und »das Bodenpersonal der Kirchen« in der Regel zu starr nach Vorschrift handele. »Als ausgebildete Theologin vermute ich hier Defizite, da die Themen Sterben, Tod und Trauer kaum in der Ausbildung vorkommen.« Gisa Zeiß hat sich selbst in einem zweijährigen Kurs zur Trauerbegleitung weitergebildet, der von der Nord-elbischen Kirche eigens für Pastoren konzipiert wurde. An dem Kurs hätten die verschiedensten Menschen teilgenommen, aber nur ein Pastor.
Gläubigen Menschen, die nach einer anderen Spiritualität und anderen Formen des Abschieds vom Leben suchen, sich dabei aber nicht von den oft verstaubten Vorstellungen einzelner Pfarrer abhängig machen möchten, bietet Zeiß »bei einer Trauerfeier an, christliche Gedanken und Zeremonien zu verwenden, ohne dass es eine kirchliche Feier wird«.
Wenn die Friedhofskapelle der Kirche und nicht der Gemeinde gehört, führt das nach der Erfahrung von Zeiß bei einer Trauerfeier für Nichtkirchenmitglieder oft zu unglaublichen Verboten. »Angehörige haben mir berichtet, dass der Probst untersagt habe, ein Vaterunser zu beten oder den Sarg mit dem Kreuz zu segnen. Andere Trauernde haben erlebt, dass in der Kapelle keine Altarkerzen angezündet werden durften und die Glocke schweigen musste. All das gibt es nur für Mitglieder der Kirche.«
»Das ist für mich ein Ehrenberuf« Mart Meeuse, holländischer Trauerredner
Schon seine Selbstdarstellung auf der Internetseite der Bundes-arbeitsgemeinschaft der Trauerredner (www.batf.de) ist sehr fürsorglich formuliert. »Ich stehe Ihnen mit Herz und Seele zur Verfügung … akzeptiere die Wahrheiten der Hinterbliebenen.« Ja, und dann heißt es noch: »Ich stehe Ihnen auch an Sonn-abenden, Sonntagen und Feiertagen gern zur Verfügung.« Wenn man mit Mart Meeuse spricht, gewinnt man den Eindruck, dass Worte und Person zusammenpassen. Er wirkt freundlich, bescheiden und zugewandt, wenn er über seine Arbeit als Trauerredner berichtet, die er als »Ehrenberuf« bezeichnet.
Mart Meeuse ist Niederländer und lebt ein paar Kilometer hinter der Aachener Grenze. Der 64 -Jährige hat früher als Kaufmann und Vertreter für Bekleidungsfirmen gearbeitet, ehe er für längere Zeit krank wurde. Danach arbeitete er eine Weile als Sargträger für ein Bestattungsunternehmen und erlebte dort, dass die Trauernden beim letzten Abschied oft ohne Beistand waren, häufig sehr verloren wirkten und gern mit ihm redeten. Er entdeckte seine kommunikative Seite, sein »laten-tes Talent«, wie er es nennt, und machte sich 2004 als freier Trauerredner selbständig. In der Zeit als Sargträger hatte er all die Schwächen konventioneller Bestattungen kennengelernt und sich vorgenommen, so viel wie möglich besser zu machen. Er ist bei der Trauerfeier in der Kirche, im Krematorium oder auf dem Friedhof dabei, begleitet seine Auftraggeber während der Beerdigung auf Schritt und Tritt und sorgt dafür, dass alles möglichst ruhig und glatt abläuft. Von deutschen Bestattern wird er überwiegend angerufen, wenn die Feier im holländischen Krematorium stattfinden soll. Dabei geht es vielen darum, die Asche des Verstorbenen nach der Kremierung wieder in die eigenen Hände zu bekommen (siehe Kapitel »Umweg Niederlande«).
So bekommt Meeuse seine Aufträge sowohl auf der deutschen als auch auf der holländischen Seite und nimmt zum Teil weite Anfahrtswege auf sich, um nach einem Todesfall mit den Angehörigen zu sprechen. »Meist kommen wir ins Erzählen. Das kann dann schon mal zwei, drei Stunden dauern«, meint der Trauerredner. Er fragt – wie in solchen Fällen üblich – wie der Tote gelebt und was er gemocht hat, wie er gestorben ist und was ihn nach Meinung seiner Angehörigen oder Freunde besonders
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