Den letzten Abschied selbst gestalten
bestimmten Steinmetzen oder verlangten gleich fünf oder zehn Prozent Provision pro Auftrag von mir. Da fließt viel Geld hin und her. Darauf habe ich mich nicht eingelassen.
In meine Werkstatt kommen Menschen, die einen Angehörigen oder eine Freundin verloren haben und sich einen besonderen Grabstein für ihn oder sie wünschen. Wir führen lange Gespräche über den Verstorbenen, wie er gelebt und was er geliebt hat, wobei ich auch sehr assoziativ nachfrage. Wenn derjenige ein Fluss gewesen wäre, welcher hätte es sein können, welche geometrische Form hätte zu ihm gepasst und so weiter. Sehr viel Zeit verwenden wir auf das Material. Die meisten von uns sind sehr haptisch orientiert und so nehmen die Besucher diverse Holz- oder Steinproben in die Hand und lassen sich über deren Charakter erzählen. Wenn ich ihnen sage, dass der Sandstein vielleicht mal eine Bergspitze war, die abbrach, auf dem Weg den Fluss hinunter fein zermahlen und am Ende neu verbacken wurde, so entdecken manche Berührungspunkte mit dem Toten oder sie entscheiden sich für den höchst sensiblen Marmor oder einen Granit mit seinem Hang zur Ewigkeit. Das Ganze kann mit einem Fundstück verbunden werden, das an den Toten erinnert, ebenso können Blei, Kupfer und Holz mit Stein kombiniert werden. Als Restaurator habe ich gelernt, welche Verbindungen dauerhaft sind und eine Patina ansetzen, statt irgendwann kaputtzugehen.
In meinem Atelier fließen viele Tränen, aber es gibt auch humorvolle Momente. Ich lerne Menschen in einem Moment kennen, in dem sie sehr offen sind und viele Eitelkeiten abfallen. Natürlich ist das subjektiv, was sie mir über die Verstorbe-nen erzählen. Aber ich nehme das als Anregung auf und versuche, dem gelebten Leben über das Material auf die Schliche zu kommen. Nach dem Besuch lasse ich das Ganze erst mal sacken, zeichne dann ein Modell und recherchiere die Kosten. Beim nächsten Besuch entscheidet sich dann erst, ob ein Auftrag daraus wird. Ich habe also einen sehr aufwendigen Vorlauf. Meine Preise bewegen sich bei aller Individualität mei-ner Denkwerke im Rahmen ganz konventioneller Grabsteine. Die meisten kosten 2000 bis 3000 Euro, manche auch nur 800 Euro, andere 15 000 Euro. Insgesamt liegt mir nichts da-ran, etwas Elitäres zu entwickeln, sondern eine einzigartige Form für einen einzigartigen Menschen zu schaffen. Wir müssen uns dabei natürlich auch an die Vorgaben der Friedhöfe halten, was Größe und Umfang betrifft. Gerade versuche ich, einen Stein durchzusetzen, der von der Friedhofsleitung als zu klein (!) abgelehnt wurde. Meistens aber kann ich mit denen reden.«
Einen guten Überblick über kleine Grabsteine und ihre Gestaltung bietet die Webseite des Anbieters Hubert Többen aus Syke in Norddeutschland (siehe Anhang). Hilfreich sind die dort ausführlich beschriebenen Maße und Gewichte, Schriftarten, Motive (wie etwa ein Porträt des Verstorbenen) und die Möglichkeiten der Hintergrundgestaltung. Die meisten Grabkissen und Platten sind so konzipiert, dass sie nach Hause geschickt werden und selbst auf dem Grab angebracht werden können.
Kreuze aus Glas
Sein erstes Kreuz aus Glas hat Willi Poiger für seinen Vater angefertigt, der wie er selbst Glashandwerker war. Mitten unter schwarzen Grabsteinen leuchtet es in leichten durchsichtigen Farben auf dem Windberger Friedhof bei Straubing und brachte Poiger den Ruf eines Glaskünstlers ein. Seither bekommt er immer wieder Aufträge für gläserne Grabkreuze, eine akribische und langwierige Arbeit mit dem Diamantbohrer, die nur wenige beherrschen. Wenn die Form steht, wird das noch unbemalte Stück durch einen hundert Meter langen Tunnel geschickt und auf 630 Grad erhitzt, um es anschließend schlagartig zu kühlen und zu härten. Auf diese Weise entsteht Sicherheitsglas, das »bis in alle Ewigkeiten« halten soll und damit jedem Stein überlegen wäre. Eine spezielle Gravurtechnik ermöglicht es, Inschrif-ten, Texte oder Symbole in die Glasfläche einzubringen. Die Kreuze werden mit Edelstahlhalterungen im Boden befestigt. Im Umgang mit renitenten Friedhofsverwaltungen kennt Poiger sich aus und bietet Interessenten Hilfe für die Genehmigung seiner Kreuze an.
Leuchten aus Stahl
Wer sich schon jemals auf die Suche nach einer schlichten und schönen Grablampe bei Steinmetzen, Gärtnereien oder dem Bestattungshandel gemacht hat oder die Gräber eines Friedhofs auf der Suche nach einem guten Beispiel durchkämmt hat, kann die Tiefe des Grauens
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