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Den letzten Abschied selbst gestalten

Den letzten Abschied selbst gestalten

Titel: Den letzten Abschied selbst gestalten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalena Koester
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Friedhofsgärtnerin in Hamburg abgelegt. »Ich hatte einen sehr guten Lehrer, der mir die richtige Flamme für den Beruf mitgegeben hat. Aber der hektische Umgang mit den Toten und Trauernden auf dem Friedhof hat mir missfallen. Alles muss schnell gehen und wehe, bei der Beratung kommt kein Auftrag heraus.« So hat sie sich 2006 selbständig gemacht und bietet ihren Kunden diverse Dienstleistungen von der reinen Beratung über die gemeinsame Bepflanzung bis hin zur Betreuung des Grabes auf Jahre hin an. »Meine Firma heißt ›Der letzte Garten‹, weil das Grab ja wirklich der letzte Wohnort des Menschen ist. Und dort sollte es nicht irgendeine lieblose Bepflanzung geben, sondern etwas, was mit der Person zu tun hat. Deshalb spreche ich ganz in Ruhe mit den Angehörigen und versuche herauszufinden, was die Lieblingspflanze, Farbe oder Jahreszeit ihrer Verstorbenen war. Welche Hobbys sie hatten, wohin sie gern gereist sind.«
    So fand Ebgen im Gespräch mit einer älteren Witwe heraus, dass deren Mann einen Bauerngarten mit Kräutern pflegte, dass er gern gekocht hat. Sie pflanzte ihm Schnittlauch aufs Grab. »Die immerhin 80 -Jährige war ganz selig darüber und meinte: ›Mein Mann hat bestimmt viel Spaß daran, dass Schnittlauch auf seinem Kopf wächst‹.« Ein Geiger mit Haus in Irland hatte dort Hortensien gezüchtet. Die Gärtnerin stellte mit Gräsern und einem schroffen Stein das Land nach und probierte es mit einer Kletterhortensie, trotz nichtsauren Bodens und praller Sonne. »Vielleicht sagt sie, ich bleibe hier«, habe sie sich überlegt, »und sie hat sich wirklich fest verwurzelt.« Eine Frau aus Süddeutschland bekam einen Rosenbogen mit zwei Strauchrosen der Sorte Burghausen (»Bögen sind hier aber verboten«, hieß es zunächst), einem Mann aus den Vier- und Marschlanden pflanzte sie ein kleines Apfelbäumchen aus dieser Region aufs Grab. »Das alles muss gar nicht pompös und teuer sein, es sollte nur zu dem Menschen passen. Ich habe auch schon Rhabarber und Mangold gepflanzt, richtig schöne Pflanzen.«
    Die Gärtnerin bietet an, das Grab gemeinsam mit den Angehörigen zu bepflanzen. »Ich mache die groben Arbeiten und sie können beim Einpflanzen helfen.« Manche zierten sich, hätten Angst, auf dem Kopf ihres Toten herumzulaufen. »Aber dann arbeiten und reden wir miteinander, ruckzuck vergehen die Stunden und hinterher sind sie glücklich.« Christine Ebgen nimmt sich viel Zeit für das erste Gespräch, fragt so lange nach, bis ihr die ersten Ideen kommen. »Ich gehe dann damit schwanger, schlage auch viel in Fachbüchern nach und lege am Ende ein paar handkolorierte Zeichnungen vor.« Der Aufwand scheint sich zu lohnen. »Bis jetzt ist noch aus jeder Beratung ein Auftrag geworden!«
    Eine engagierte Fachfrau wie sie seufzt über all die »einfallslosen und ängstlichen« Kollegen. Selbst die jungen führen auf der konventionellen Schiene, statt etwas Neues zu probieren und sich wie sie in England oder einer Baumschule weiter- zubilden. »Viele nehmen nach der Prüfung kein einziges Buch mehr in die Hand und fürchten sich gleichzeitig vor der Zukunft.«
    »Den Friedhöfen ein neues Gesicht geben« Hermann Rudolph, Steinmetz, Obergünzburg
    Hermann Rudolph aus Obergünzburg in Schwaben ist Gründungsmitglied des »Arbeitskreises für Friedhofskultur«, einem Zusammenschluss verschiedener Dienstleister, die vom Friedhof leben. »Ich habe früh die Zeichen der Zeit erkannt und mich nicht auf meinen Lorbeeren ausgeruht«, erklärt der Steinmetz. Spätestens seit zehn Jahren sei zu erkennen gewesen, dass die Menschen nach anderen Möglichkeiten der Bestattung suchten. Aber die Friedhofsbranche wollte »keine schlafenden Hunde wecken«, meint er. »Ich habe in der Hand- werkerinnung gesagt, wenn wir nichts machen, wer dann?« Rudolph beobachtete die Leute auf dem Friedhof, achtete auf die Abläufe, machte eigene Umfragen, besorgte sich die Zah-len der Bestattungen. »In Orten wie Günzburg und Memmingen sind die Verbrennungen auf 50 bis 60 Prozent gestiegen. Die Menschen wollen kleinere Grabflächen, weniger Kosten und weniger Pflege. Zum Teil werden Gräber schon aufgelassen, obwohl noch Jahre für sie bezahlt werden muss. Was also anbieten? Eine anonyme Bestattung ist für mich nicht mehr als eine ›Entsorgung Mensch‹. Die Bestattung in Urnenwänden wird oft nachgefragt, scheint aber auch Probleme mit sich zu bringen. Die Angehörigen haben in der genormten Anlage keine Möglichkeiten, Blumen

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