Den Löwen Zum Frass
was in der feinen Gesellschaft nicht gut angekommen wäre. Sie begrüßte uns leise, wirkte traurig und in sich gekehrt.
Als wir sie in ihrer Heimatprovinz Baetica kennen gelernt hatten, und auch später in Rom, war sie ein wandelndes Vermögen gewesen, gut gekleidet, manikürt, immer aufwendig frisiert und mit jeder Menge Halsketten und Armreifen behängt. Jetzt war sie mit einer einfachen braunen Tunika und einer Stola bekleidet und hatte ihr Haar lose im Nacken zusammengebunden. Nichts war von dem nervösen, ziemlich humorlosen Geschöpf übrig geblieben, das nach Rom gekommen war, um Aelianus zu heiraten, oder von der Range, die schnell gelernt hatte, mit seinem kontaktfreudigeren jüngeren Bruder zu kichern, auf den Putz zu hauen und sich in ein Abenteuer zu stürzen. All das schien jetzt verblasst zu sein.
Ohne weiteren Kommentar bezahlten wir ihre schmuddelige Vermieterin und gingen mit dem Mädchen zu dem besseren Quartier, in dem wir untergekommen waren. Claudia nahm meinem Neffen Gaius Julia Junilla aus den Armen und beschäftigte sich eingehend mit der Kleinen. Gaius warf mir einen angewiderten Blick zu und verzog sich mit der Hündin.
Ich rief ihm nach, er solle nach Famia suchen, den wir schon wieder verloren hatten.
»Und wo ist Quintus?«, fragte Helena neugierig.
»Er ist nach Ptolomais gereist, um seine Suche fortzusetzen.«
»Kein Glück bisher?«, sagte ich grinsend.
»Nein«, antwortete Claudia ohne das geringste Lächeln.
Helena wechselte einen diskreten Blick mit mir, nahm dann das Mädchen mit in die örtlichen Bäder und schleppte jede Menge parfümierte Öle und Haarwaschmittel mit, in der Hoffnung, dass sich Claudias Laune durch ein wenig Verwöhnen bessern würde. Stunden später kehrten sie zurück, rochen nach Balsam, waren aber nicht weitergekommen. Claudia blieb überaus höflich, weigerte sich jedoch aufzutauen und zu tratschen.
Wir gaben ihr die Briefe, die wir von den Camilli und ihren Großeltern aus Spanien mitgebracht hatten. Sie zog sich mit den Schriftrollen zurück. Als sie wieder erschien, fragte sie mit angespannter Stimme: »Und wie geht es Camillus Aelianus?«
»Was glaubst du wohl?« Respekt vor einer Braut, die eine Woche vor ihrer formellen Eheschließung das Weite gesucht hatte, war nicht mein Stil. »Ist ja nett, dass du fragst, aber er hat seine Verlobte verloren - und das sehr plötzlich. Zuerst dachte er, sie sei von einem Massenmörder entführt worden, was schon ein furchtbarer Schreck war. Aber was noch wichtiger ist, er hat dein nicht gerade unerhebliches Vermögen verloren. Er ist kein glücklicher Junge. Zu mir war er schrecklich gemein, obwohl Helena immer noch denkt, ich sollte freundlich zu ihm sein.«
»Und was denkst du, Marcus Didius?«
»Wie es so meine Art ist, nehme ich jeden Tadel mit einem toleranten Lächeln hin.«
»Ich hab wohl nicht richtig gehört«, murmelte Helena.
»Ich wollte ihn nicht kränken«, sagte Claudia matt.
»Nein? Ihn nur demütigen?« Falls ich wütend klang, lag es vermutlich daran, dass ich Aelianus verteidigen musste, den ich nicht ausstehen konnte. »Da die Eheschließung in die Binsen ging, musste er von der diesjährigen Senatswahl zurücktreten. Jetzt hinkt er seinen Gleichaltrigen zwölf Monate hinterher. Jedes Mal, wenn seine Laufbahn zukünftig unter die Lupe genommen wird, hat er das zu erklären. Er wird genug Grund haben, sich an dich zu erinnern, Claudia.«
Helena sah das Mädchen mitfühlend an. »Ich bezweifle, dass diese Ehe funktioniert hätte. Mach dir keine Vorwürfe, Claudia«, sagte sie. Wie vorauszusehen, reagierte Claudia nicht darauf.
Einen Moment lang überlegte ich, ob wir Claudia zu ihrem hochnäsigen Verlobten in Rom zurückbringen und so tun könnten, als hätte das Abenteuer mit Justinus nie stattgefunden. Nein. So grausam konnte ich zu keinem von beiden sein.
Wenn sie jetzt Aelianus heiratete, würde er nie vergessen, was sie ihm angetan hatte. Der öffentliche Skandal würde sich legen, aber er war genau der Typ, der einen tiefen Groll hegen würde. Jedes Mal, wenn sie Streit bekamen, würde er darauf brennen, die Vergangenheit hervorzuzerren, während es Claudia an der normalen Selbstgerechtigkeit fehlte, mit der eine Frau die Ehe mit einem Widerling überleben kann. Sie hatte sich in Feindesland begeben und alle Brücken hinter sich abgebrochen. Jetzt warteten die Barbaren nur darauf, über sie herzufallen.
Wir wechselten das Thema und machten Pläne für die Reise nach
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