Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
Vom Netzwerk:
seinem Bruder gefasst machen, dessen rachsüchtige Reaktion ihm niemand vorwerfen konnte. Was mich betraf, ich war einst Justinus' bereitwilliger Unterstützer gewesen, aber selbst meine Begeisterung hatte einen Dämpfer bekommen, und das aus gutem Grund. Als Justinus mit der reichen Braut seines Bruders durchbrannte, hatten alle mir die Schuld gegeben.
    »Wie geht's denn dem abtrünnigen Quintus?«, wollte ich von seiner Schwester wissen. »Und wo ist er?«
    Helena betrachtete mich friedfertig. Justinus hatte ihr immer sehr nahe gestanden. Offenbar brachte Helenas abenteuerlustige Ader, die sie veranlasst hatte, mit mir zusammenzuleben, sie auch dazu, auf das schockierende Benehmen ihres Bruders mit weniger Zorn zu reagieren, als angebracht schien. Sie würde ihm verzeihen. Ich wette, das wusste der Junge ganz genau.
    »Quintus hat es anscheinend nach Afrika verschlagen, Liebling. Eine seiner Ideen war, die Suche nach dem Silphion aufzunehmen.«
    Falls er es fand, würde er so viel Geld machen, dass er seinen guten Ruf wieder herstellen konnte. Ja, er würde so reich werden, dass es ihm schnurzegal sein konnte, was man im Kaiserreich von ihm hielt - auch der Kaiser selbst. Andererseits, obwohl er ein gebildeter Senatorensohn und angeblich intelligent war, hatte ich nie die geringsten Anzeichen dafür wahrgenommen, dass Justinus auch nur eine schwache Ahnung von Pflanzen hatte.
    »Mein Bruder hat gefragt«, sagte Helena und sah jetzt mit unterwürfigem Blick in ihre Essschale, was mir verriet, dass sie gleich laut losprusten würde, »ob du - mit deiner Abstammung aus einer Familie von Handelsgärtnern und deinem Expertenwissen über Gartenbau - ihm nicht vielleicht eine Beschreibung der Pflanze schicken könntest, nach der er sucht?«
    »Es ist etwas passiert, und ich kann mich nicht entscheiden, ob ich es dir erzählen soll oder nicht«, sagte Anacrites am nächsten Morgen.
    »Wie du willst.«
    Petronius Longus hatte ebenfalls am liebsten alles für sich behalten, aber zumindest machte er den Mund nicht auf, bis ich die Anzeichen bemerkte und ihn zwang, damit rauszurücken. Warum konnten meine Partner nicht aufrichtige, offene Typen sein wie ich?
    An diesem Tag waren Anacrites und ich fast zur gleichen Zeit bei Calliopus eingetroffen und hatten uns sofort darangemacht, die Schriftrollen des La- nista durchzugehen wie pflichtbewusste Steuereintreiber. Dieses Leben könnte mir schon gefallen. Zu wissen, dass jede Unstimmigkeit mehr Aurei zum Wiederaufbau des Staates bringen würde, rief mir als patriotischem Bürger ein frommes Lächeln ins Gesicht. Zu wissen, dass ich meinen Prozentsatz von jeder dieser Goldmünzen bekam, ließ mich noch breiter grinsen.
    Anacrites entschied sich, spröde zu bleiben. Geheimnisse waren ein schmutziges Erbe aus seiner Zeit als Spion. Ich arbeitete weiter, bis klar war, dass er die scheue Maid zu spielen gedachte, dann erhob ich mich leise von meinem Hocker und verließ das Büro. Sobald unsere Gewinne eine vernünftige Höhe erreichten, würde ich meinen Partner anketten, ihn mit dem Pflaumengelee meiner Mutter einschmieren und ihn auf eine Sonnenterrasse setzen, unter der beißende Ameisen hausten. Aber würde ich ihn bis zum Sommer ertragen können?
    Ich atmete langsam, um meinen Zorn in den Griff zu bekommen, und ging zur Menagerie. Sklaven misteten die Käfige aus, schienen aber anzunehmen, dass ich befugt sei einzutreten. Ich versuchte sie so wenig wie möglich bei ihrer Arbeit zu behindern, schubste mich mit den Ellbogen durch die Gruppe unglaublich neugieriger langhalsiger Strauße und machte mich daran, ein vollständiges Bestandsverzeichnis der Tiere aufzunehmen.
    In einer Box stand ein schlafäugiger Bulle und sabberte trübsinnig vor sich hin. Er war als »Auer- ochs« ausgewiesen und hieß »Ruta«, aber da ich einst gegen einen wilden Auerochsen an einem Flussufer fernab jeglicher Zivilisation gekämpft hatte, wusste ich, dass der hier nur ein gezähmter Wiederkäuer war. Trotzdem war Ruta von beeindruckender Größe. Genau wie der Bär »Borago« mit dem Hinterlauf an einen Pfosten gekettet, durch den er sich heimlich durchnagte. Beide hätten gegen einen Elefanten antreten können, und es wäre ein ausgeglichener Kampf gewesen.
    Ich half einem Mann beim Abladen eines Strohballens. Er breitete das Stroh auf dem Boden des Bärenkäfigs aus, hielt sich außer Reichweite der Vordertatzen und der Schnauze und stach dann mit den Zinken seiner Heugabel in den auf dem Boden

Weitere Kostenlose Bücher