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Den Löwen Zum Frass

Den Löwen Zum Frass

Titel: Den Löwen Zum Frass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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eine mögliche Beute in der Savanne. Kein Kratzen am Ohr, kein Schniefen entging ihr.
    Am sichersten war es, sie in voller Sichtweite in Ruhe zu lassen. Die Saepta Julia sind nur zwei Stockwerke hoch. Wie auch immer sie aufs Dach gekommen war, sie konnte genauso leicht wieder runterkommen und abhauen. Alle hätten sich in sichere Entfernung zurückziehen und möglichst still sein sollen, während man einen Experten für wilde Tiere mit der entsprechenden Fangausrüstung holte.
    Stattdessen hatten die Vigiles die Sache in die Hand genommen. Sie hätten die Straßen räumen und die Menge im Zaum halten sollen. Aber sie führten sich auf wie Jungs, die eine zusammengerollte Schlange unter einem Portikus gefunden hatten und überlegten, was sie alles mit ihr anstellen konnten. Zu meinem Entsetzen kamen sie mit ihrer Feuerspritze an und machten sich bereit, die Leopardin mit einer kalte Dusche vom Dach zu jagen. Sie waren von der Siebten Kohorte, alles Idioten, zuständig für den Trans Tiberim, der voll gestopft mit Ausländern und Durchreisenden war. Die Siebte war ausschließlich Meister darin, verängstige Immigranten zusammenzuschlagen, von denen viele nicht mal Latein sprachen und die Beine in die Hand nahmen, statt mit den Vigiles über Leben und Schicksal zu diskutieren. Denken hatte die Siebte nie gelernt.
    Der befehlshabende Zenturio war ein lächerlicher Dummkopf, der nicht kapierte, wie gefährlich es war, die Leopardin nach unten zu zwingen. Gut möglich, dass sie Amok lief. Schlimmer noch, sie konnte sich tagelang zwischen den wuchtigen Tempeln, Theatern und mit Kunst gefüllten Portiken auf dem Marsfeld verstecken. Die Gegend war zu stark bevölkert, um bei der Jagd auf das Tier kein Risiko einzugehen, aber gleichzeitig zu offen, dass man es hätte in die Enge treiben können. Überall wimmelten Menschen herum; manche hatten noch gar nicht gemerkt, was los war.
    Bevor ich meine hilfreichen Gedanken äußern konnte, begann die verlotterte Bande der Siebten mit ihrem Spielzeug herumzualbern.
    »Dämliche Idioten«, bemerkte Famia.
    Die Feuerspritze war ein gewaltiger Wassertank, der auf einem Wagen stand. Er hatte zwei zylindrische Kolben, die mit einem großen Schwenkarm bedient wurden. Während die Vigiles den Schwenkarm auf und ab bewegten - was sie mit Begeisterung taten, wenn eine Menschenmenge zuschaute -, pumpten die Kolben einen Wasserstrahl hoch und durch eine zentrale Düse. Diese war schwenkbar und ließ sich um dreihundertsechzig Grad drehen.
    Mit mehr Geschicklichkeit als bei jedem Hausbrand oder brennenden Kornspeicher richtete die Siebte den Wasserstrahl direkt auf die Leopardin. Sie kippte zur Seite, mehr aus Überraschung als von dem auftreffenden Strahl. Jetzt war sie wütend und unberechenbar, rutschte ab, fing sich wieder und fand mit ausgestreckten Krallen Halt an den Dachziegeln. Die Siebte folgte ihr mit dem im hohen Bogen herausschießenden Wasserstrahl.
    »Ich mach, dass ich hier wegkomme!«, murmelte Famia. Viele aus der Menge verloren die Nerven und drängten nach allen Seiten davon. Über uns versuchte die aufgebrachte Leopardin auf dem Dachfirst zu entkommen. Die Vigiles schwangen die Düse herum, um sie aufzuhalten. Sie beschloss, nach unten zu fliehen, machte zwei vorsichtige Schritte auf die Dachziegel hinaus, hin zur Straßenseite statt zum Inneren der Saepta. Die Dachschräge ließ sie nervös werden. Die Siebte brauchte ein Ideechen länger, sich auf die neue Richtung einzuschießen; sobald sie die Leopardin wieder im Wasserstrahl hatten, beschloss sie runterzuspringen.
    Die Leute rannten davon. Das hätte ich auch tun sollen. Stattdessen griff ich mir einen Hocker, den eine Blumenverkäuferin fluchtartig verlassen hatte. Ich zog meinen Dolch aus dem Stiefel und bewegte mich vorsichtig auf die Stelle zu, wo die Leopardin aufkommen würde. Sie hatte eine schmale Straße seitlich von Agrippas Pantheon ins Auge gefasst.
    »Beweg deinen Arsch da weg!«, brüllte der Zenturio, als er einen Held entdeckte, der ihm die Schau zu stehlen drohte.
    »Halt die Klappe, und tu endlich was Sinnvolles!«, knurrte ich zurück. »Bring deine Jungs auf Trab. Bildet eine Kette. Wenn sie springt, können wir versuchen sie in die Saepta zu treiben. Und wenn wir da alle Türen schließen, ist sie wenigstens so weit eingesperrt, dass wir einen Fachmann zu Hilfe holen können .«
    Sie sprang. Ich war zehn Schritte entfernt. Wer noch näher dran war, brachte sich schreiend in Sicherheit.

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