Den schnapp ich mir Roman
einfach völlig egoistisch und kindisch und habe nicht eine Minute daran gedacht, wie schlimm das alles für dich war. Und als ich sagte, du seist zu alt, um mit einem Mann auszugehen, das war einfach furchtbar von mir. Das habe ich überhaupt nicht so gemeint…«
Millys Stimme verstummte. Henny riss die Tochter in die Arme. »Schhh. Das reicht. Ich weiß, wie schwer es für dich war. Ich verzeihe dir, weil ich ja weiß, wie lieb du hinter deinem Schutzpanzer bist …«
»Danke, Mum.« Milly rieb sich mit den Fäusten die Augen. »Und du hast natürlich Recht, dass Freddie mir gefällt. Aber das ist hoffnungslos. Der weiß nicht einmal, dass ich existiere.«
Henny zog eine Braue hoch. »Da wäre ich mir nicht so sicher, Liebling. Ich glaube, er ist sich dessen sehr bewusst. Da wir gerade beim Thema sind, ich möchte, dass du weißt, dass ich seit dem Sommerfest mit jemandem ausgehe. Barnaby Wellham-Cooper?«
Milly erinnerte sich vage an den grauhaarigen Mann mit dem gut geschnittenen Blazer.
»Nun, zuerst habe ich abgelehnt, aber Tessa und Will sagten immer wieder, ich verdiene es, glücklich zu sein, und dass ich mehr an mich denken sollte.« Jetzt wurde Henny ganz verlegen. »Daher habe ich zugestimmt. Barnaby ist Witwer, und wir haben viel gemeinsam. Er behandelt mich wie eine Prinzessin. Fast wie dein Vater. Er ist ein sehr lieber Mann, Milly. Ich hoffe, er gefällt dir
auch, denn… Ich gaube, wir haben eine sehr gute Beziehung.«
Unvermittelt spürte Milly Enttäuschung in sich hochwallen. Sie war wohl die Einzige, die noch nicht den Richtigen gefunden hatte. Doch sie verdrängte diesen neidischen Gedanken und nahm die Mutter in den Arm.
»Ich freue mich so für dich!«, sagte sie aufrichtig. »Du verdienst es wirklich, dass dich jemand anbetet. Es tut mir so leid, dass ich so schrecklich zu dir war.«
Tessa stand mit JB vor dessen Frühstückspension. JB rauchte wie besessen eine nach der anderen von seinen stinkenden französischen Zigaretten. Tessa hatte es satt, für ihn Entschuldigungen zu erfinden und sich gleichzeitig Jillys schmeichelnde Bemerkungen über JBs Regieleistung anzuhören. Daher hatte sie beschlossen, ihn wegen seiner ständigen Abwesenheit zur Rede zu stellen. Sie fand seine Haltung sehr merkwürdig. Er schien fast in einer eigenen Welt verloren zu sein und stand eindeutig kurz vor einem Zusammenbruch. Wie wild zuckten seine dunklen Augen auf dem Parkplatz hin und her.
»Seit über zwei Monaten hast du fast alle Termine versäumt«, warf sie ihm vor. »Das Team ist völlig verwirrt, und ich flitze zwischen zwei Jobs hin und her wie eine Verrückte. Wofür ich nicht einmal das kleinste Lob bekomme.«
JBs wettergegerbtes Gesicht verspannte sich flüchtig. Einen Moment lang schien es, als wollte er sich entschuldigen, doch dann schien er es sich anders zu überlegen und hielt den Mund.
Tessa war wütend. »Du warst doch derjenige, der mich gewarnt hat, mich nicht näher mit jemandem einzulassen. Erinnerst du dich? Und du bist es, der mit der Forbes-Henry ins Bett steigt, wenn du eigentlich arbeiten solltest.
« Sie stemmte die Hände in die Hüften und teilte den letzten Hieb aus. Sie wusste, wie sehr JB es hasste, als unprofessionell bezeichnet zu werden, aber in diesem Augenblick verdiente er es nicht anders. Er hatte alle im Stich gelassen, und es war Zeit, dass ihm jemand deutlich die Wahrheit sagte. »Du hast vielleicht Nerven, mir zu raten, Abstand zu halten, JB. Weil du selbst so verknallt bist, dass du nicht mal mehr deine Arbeit erledigen kannst!«
»Verknallt? So würde ich das nicht nennen.« JB verzog den Mund und blies eine blaugraue Wolke in die Luft. Er reagierte nicht auf den Vorwurf der Unprofessionalität. »Caro ist eine leidenschaftliche Frau«, fügte er recht gleichgültig hinzu. »Und … sehr anspruchsvoll.«
»Das ist mir doch scheißegal!«, brüllte Tessa, die nun die Geduld verlor. »Du behandelst weder das Team noch mich fair, JB. Wenn du den Job nicht mehr willst, dann ruf Jilly an und sag es ihr. Oder reiß dich zusammen und erscheine zu unseren Drehterminen. Ich bin es leid, für dich einzuspringen. Verstanden?«
JB schien sie nicht gehört zu haben. Er steckte sich eine neue Zigarette an und schnappte das Zippo scharf zu. Dann murmelte er: »Eine komplexe Familie, n’est pas ? Aber … Familien sind nun mal so.«
»Keine Ahnung.« Tessa sah ihn mit gefurchter Stirn an. Es war das erste Mal, dass er seine eigene Familie oder überhaupt etwas
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