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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Kommode. Meine Haarbürste, die Ohrringe und ein paar Bücher flogen durchs Zimmer. Das reichte nicht. Ich zerriss mein T-Shirt. Das war schon besser. Ich schredderte, was mir in die Finger kam, und warf den Rest wie wild durch die Gegend. Aus meinem CD-Player dröhnten die Chili Peppers. Ich schnappte ihn mir und riss ihn vom Regal. Der Stecker flog raus und ich schleuderte die Anlage mit voller Wucht gegen den Spiegel. Der Spiegel splitterte, doch der CD-Player war immer noch heil. Ich nahm ihn erneut hoch und warf ihn gegen die Wand. Ein paar Plastikteile flogen ab, aber die eigentliche Anlage war noch intakt. Aber nur so lange, bis ich das Fenster öffnete und sie hinauswarf, so weit ich nur konnte. Beim Aufprall zersprang sie wie eine Milchflasche.
    Karen schoss zur Tür rein. Statt eines wilden Wutausbruchs wurde sie ganz kalt, als sie den Zustand meines Zimmers sah.
    »Du dumme Göre«, sagte sie. »Was bleibt dir jetzt noch?« Und damit verschwand sie. Ich horchte auf ihre Schritte, die schwer die Treppe hinabstiegen, während ich an der Wand nach unten rutschte und meine Knie umklammerte. Ich besaß am Anfang nicht viel und jetzt, nachdem ich das auch noch zerstört hatte, blieben mir nur die Klamotten, die ich anhatte – mehr nicht.
    Ich war es leid, ich zu sein. All die Scheiße, die ich die ganzen Jahre ertragen hatte, Distanz halten, allein sein. Und gerade als es anfing besser zu werden, war wieder alles schiefgegangen. Ich kauerte da, ein dunkler Haufen Elend. Und dann sickerte ein seltsam tröstlicher Gedanke in mich ein – ich hatte nichts, also konnte ich jetzt alles tun. Alles, was ich wollte. Ich hatte nichts mehr zu verlieren.

KAPITEL 08
    Ich wachte auf dem Fußboden auf, umgeben von lauter zerstörten Sachen, meinen Sachen. Der letzte Gedanke, den ich hatte, bevor ich einschlief, war noch in meinem Kopf. Ich hatte nichts mehr zu verlieren. Was konnten sie mir noch Schlimmeres antun als das, was sie vorhatten?
    Ich sah auf meine Armbanduhr, die trotz des gesprungenen Glases noch funktionierte: zwanzig vor sieben. Ich streckte meine steifen Beine, stand auf und suchte mir einen Weg über den Boden. Dann hinaus auf den Flur und die Treppe nach unten. Ich trank Orangensaft aus dem Karton und steckte Brot in den Toaster. Als die Scheiben hochsprangen, schmierte ich Erdnussbutter drauf und verließ, im Gehen essend, das Haus.
    Kaum Leute unterwegs, obwohl das geschäftige Brummen im Hintergrund da war. Es ist immer da in London. Ich flitzte den Weg zu einem Hauseingang entlang und schnappte mir eine Flasche Milch, um den Toast runterzuspülen.
    Ich fühlte mich besser, als ich mich seit langem gefühlt hatte. Ich wusste, dass sie mich irgendwann einholen – belehren, einsperren, wegbringen – würden, aber jetzt, in diesem Moment, war ich frei.
    Ich nahm die Flasche Milch mit an den Kanal und trank sie, während ich auf den Eisenbahnschwellen saß, dort, wo ich mich zum ersten Mal mit Spinne unterhalten hatte. Allmählich sickerte Licht in den Himmelsrand. Als es sich langsam ausbreitete, war alles grau: die Gebäude, die Mauern, das Wasser, der Himmel. Wenn du ein Farbfoto gemacht hättest, würde es genauso aussehen wie in Schwarz-Weiß. Passte zu meiner Stimmung – ich war ruhig, stumm, lebte den Moment, hing bloß rum.
    Als ich ausgetrunken hatte oder jedenfalls fast, stellte ich die Flasche auf den Rand des Kanalufers und sammelte eine Handvoll Steine. Einen nach dem andern warf ich auf die Flasche. Die ersten gingen vorbei; du konntest hören, wenn sie ins Wasser fielen – plip! Als sie ihr Ziel trafen, wackelte es und drohte über den Rand zu kippen, schaffte es dann aber doch nicht ganz. Ich stieß mit dem Schuh gegen den Boden und suchte nach größeren Steinen. Schließlich hatte ich ein paar und konzentrierte mich. Der erste ging vorbei und ploppte in den Kanal. Der zweite traf genau den Hals, nahm die Flasche mit über den Rand, einfach so, dass sie mit einem Klatsch im Wasser war. Ich stand auf und schaute nach. Sie schaukelte waagrecht an der Oberfläche und der Rest Milch schwappte noch hin und her, während sie selbst langsam nach links schwamm, unterwegs Richtung Themse. Ich dachte: Ich hätte einen Zettel reinstecken sollen. Aus irgendeinem Grund gefiel mir der Gedanke, dass ein Kind in Frankreich oder Holland ins Meer waten würde, sich meine Flasche holte und ein Stück Papier rauszog, auf dem meine Nachricht stand: Leck mich am Arsch! Grüße aus England.
    Die

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