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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Flasche war jetzt zwanzig Meter von mir entfernt. Ich überlegte halbherzig, ihr zu folgen und zu sehen, wo wir beide landen würden, aber so wollte ich dann doch nicht die letzten Stunden in Freiheit verbringen, bevor sie mich irgendwo aufgabelten. Ich wollte mich von meinem Freund verabschieden, also ging ich wieder zurück, den Weg hinauf zu den Geschäften, und dann zu Spinnes Haus. Es war immer noch vor acht und alles ruhig. Ich ging auf die Haustür zu, meine Hand schwebte über der Klingel. Ich war mir unsicher, ob es nicht ein bisschen verzweifelt und erbärmlich wirkte, wenn ich in aller Frühe einfach so aufkreuzte. Ich drückte vorsichtig gegen die Tür, nur für alle Fälle. Sie bewegte sich unter meinen Fingern und eine leichte Rauchwolke drang durch den Spalt.
    Ich drückte die Tür ganz auf, trat ein und sie saß in der Küche: Val, auf dem Hocker, einen Becher Tee in der einen Hand, eine Zigarette in der andern. Scheiße, schlief die Frau denn nie?
    »Alles in Ordnung?«, fragte sie, als hätte sie mich erwartet. »Komm rein.« Ich ging in die Küche. »Du bist eine Frühaufsteherin. Hast du Probleme?« Ich nickte. »Da ist Tee in der Kanne. Nimm dir einen Becher aus der Spüle und dann komm her und setz dich.«
    Und so fand uns Spinne, als er gegen neun aufstand: Val und ich nebeneinander am Frühstückstresen, eine zweite Kanne Tee in der Mache, einen Haufen Zigarettenasche auf der Untertasse zwischen uns. Er kam in Jogginghose und einem alten fleckigen T-Shirt in die Küche geschlurft, als ob er hundert Jahre geschlafen hätte. Selbst in den besten Zeiten wirkte er ungepflegt, aber das hier ließ sich damit nicht vergleichen. Er sah aus, als hätte ihn jemand zusammengeknüllt und weggeworfen.
    »Was is los?«, fragte er, nachdem der Schock, jemand andern als seine Oma zu sehen, verdaut war.
    »Jem ist gekommen, dich zu besuchen. Sie hat ein bisschen Probleme, stimmt’s?«
    Er sah mich an und ich sagte: »Ich steck in der Scheiße, Spinne. Sie wollen mich wieder woanders hinschicken.« Und aus irgendeinem Grund spürte ich ein leichtes Zittern am Kinn, als ich ihn ansah. Ich wandte mich eilig ab, weil ich mir dämlich vorkam. Aber dann sagte er Gott sei Dank genau das Richtige.
    »Scheiß drauf, Jem. Lass uns ’n schönen Tag machen. Ich hab ’n bisschen Schotter.« Vals Blick schoss hoch, um sein Gesicht zu ergründen. »Hier in der Gegend werden sie überall nach dir suchen, lass uns in die Stadt gehen.« Er fing wieder an auf den Zehen zu tanzen, die vertraute Energie kehrte zurück in seine Adern. Er klatschte die Hände zusammen. »Okay, auf geht’s! Schenk mir ’n Becher ein, Oma, und ich zieh mir schnell Schuhe an.«
    »Ich glaube, du hast noch Zeit, dich zu waschen und dir etwas Frisches überzuziehen, Terry. Im Flur liegen jede Menge saubere Sachen.«
    Spinnes Gesicht zeigte Qual und Abscheu. »Mit mir ist alles bestens, Oma, jetzt mecker nicht rum.«
    »Gar nichts ist bestens, man kann die Luft in deinem Dunstkreis mit dem Messer schneiden, du stinkendes Etwas!«, sagte sie und zündete sich eine neue Zigarette an. Dann wandte sie sich zu mir. »Jungs. Was soll man da machen?«
    Trotz seines Protests ging Spinne aus dem Zimmer, und als er zurückkam, hatte er Jeans und ein neues T-Shirt an. Unmöglich allerdings, dass er sich auch noch gewaschen hatte, dazu war die Zeit zu kurz. Er kippte seinen Tee runter und beugte sich hinab, um Val einen Kuss zu geben.
    »Ich glaube, ich müsste euch auffordern, in die Schule zu gehen, ihr bösen Kinder, aber da ich ja weiß, dass ihr beide vom Unterricht suspendiert seid«, sie zwinkerte mit einem stechend haselnussbraunen Auge, »geht ruhig und macht euch einen schönen Tag. Ich werde nichts sagen, falls hier irgendjemand aufkreuzen sollte.«
    Sie sah mich an, nicht lächelnd, aber mit einer spürbaren Wärme, und ich dachte: Du Glückspilz, Spinne, dass du so eine Oma hast. Wenn es in meinem Leben auch so einen Menschen gegeben hätte, wär vielleicht alles ganz anders gelaufen.
    Auf dem Weg zur Haustür schnappte er sich noch sein Kapuzenshirt und rief: »Tschüs, Oma, bis später«, und dann waren wir weg.
    Jetzt war alles auf den Beinen und der Verkehr war in vollem Gange. Vorhin hatte ich das Gefühl gehabt, dass die Stadt mir gehörte, hatte den Frieden und die Stille ganz allein gehabt, nur für mich. Aber nun waren Spinne und ich zwei Ameisen in einer Millionenstadt, nichts weiter. Inzwischen schien die Sonne. Es würde einer dieser

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