Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
Vom Netzwerk:
mit ihr alles in Ordnung ist.«
    »Wegen ihrer Zahl?«
    »Ja.«
    »Aber was ist, wenn du nicht die Einzige bist, die die Zahlen sehen kann? Was ist, wenn irgendwer völlig andere Zahlen sieht? Oder wenn sich ihre Zahlen geändert haben?«
    »Das tun sie nicht.« Ich zögerte und überprüfte noch einmal Spinnes Zahl – ja, sie war immer noch da, immer noch mit den identischen Ziffern. »Sie ändern sich nicht.«
    »Dann steht also der Tag, an dem wir sterben, vom Moment unserer Geburt an fest? Ist es das, was du mir sagen willst?«
    Er nervte jetzt langsam. Ich wollte, dass es ihm besser ging, und er dankte es mir bloß mit diesen ganzen Fragen. Fragen, auf die ich selbst keine Antwort wusste.
    »Ich will gar nichts sagen.« Ich konnte den Ärger in meiner Stimme nicht unterdrücken. »Du sagst das alles.«
    »Aber ich will, dass du es mir erklärst, denn für mich ergibt es keinen Sinn.«
    »Was?«
    »Dass alles schon feststeht. Das ist doch, als ob es überhaupt keine Rolle spielt, was ich tu, weil das Ende sowieso immer gleich ist.«
    »Vielleicht ist es ja so. Es kommt, wie es kommt.« Ich wollte, dass er aufhörte, aber er war wie ein Hund, der sich verbeißt.
    »Dann ist also alles vorherbestimmt?«
    »Keine Ahnung.«
    »Die Bombe wäre so oder so explodiert? Das Arschloch hätte so oder so meine Oma verprügelt? Das ist doch nicht richtig, Jem, oder? Das kann nicht richtig sein.« Er sprach jetzt lauter. Er hatte seinen Arm von mir genommen und fuchtelte damit rum. Er wirkte größer als je zuvor in diesem engen Raum.
    »’türlich ist es nicht richtig.«
    »Das ergibt doch gar keinen Sinn.« Ein bisschen Spucke traf mein Gesicht. Er war jetzt richtig in Rage.
    »Genau das mein ich auch.«
    »Was sagst du?«
    »Nichts ergibt einen Sinn. Nichts bedeutet was. Du wirst geboren, du lebst und du stirbst. Das ist alles.« Meine Philosophie, kurz zusammengefasst.
    Das brachte ihn eine Weile zum Schweigen. Wir saßen nebeneinander, mit dem Rücken zur Mauer und beide die Arme verschränkt. Doch während ich ruhig dasaß, schüttelte Spinne den Kopf hin und her – sein ganzer Körper fing an sich mitzubewegen und seine Schulter stieß gegen meine. Da ich inzwischen wusste, wie ruhig er sein konnte, wenn er glücklich und entspannt war, war es bestürzend, ihn derart aufgewühlt zu sehen. Er war total verrückt vor Angst. Und ich hatte das Gefühl, dass es meine Schuld war. Ich wollte ihn beruhigen; ich wollte ihn von seinem Elend befreien.
    »Spinne, hör mir zu. Vielleicht hab ich ja Unrecht.« Ich hatte Angst vor dem, was ich sagen wollte. Die Worte krochen aus mir raus wie stille kleine Mäuse.
    Es schüttelte ihn noch immer hin und her, er war gefangen in seiner eigenen dunklen, verrückten Welt. Ich hockte mich auf die Knie, sah ihn an und legte ihm meine Hände auf beide Schultern. »Spinne.« Er hörte mich nicht. Ich führte die Hände nach oben an sein Gesicht, hielt ihn fest und verlangsamte so die Bewegung, aber stoppen konnte ich sie nicht.
    »Was ich gesagt habe. Das stimmt so nicht.« Zumindest hörte er jetzt zu. Sein Gesicht hielt still und er sah zu mir auf mit einem ruhelosen, traurigen Blick.
    »Wieso nicht?«
    »Es ist nicht alles Zufall, das kann nicht sein.« Ich holte tief Luft. »Denn ich war dazu bestimmt, dich zu treffen, und du warst dazu bestimmt, mich zu treffen.«
    In seinen Augen standen jetzt Tränen. Ohne ein Wort zu sagen, nahm er die Arme von seinem Brustkorb, legte sie mir um die Taille und verbarg sein Gesicht an meiner Schulter. Kniend drückte ich ihn an mich und streichelte ihn, seinen Rücken und seine Haare, und wir weinten gemeinsam. Es gab keine Worte, die ausdrückten, was wir empfanden; die Tränen erzählten es für uns – Schrecken, Erleichterung, Liebe und Trauer.
    Später, viel später lösten wir uns voneinander und setzten uns auf. Es wurde dunkel und in unserer Blätterhöhle sah ich Spinne jetzt nur noch als vagen Schemen.
    »Wir müssen hier weg, Jem«, sagte Spinne. »Wir hätten gar nicht mehr Aufmerksamkeit auf uns ziehen können, wenn wir es, verdammt noch mal, gleich versucht hätten.«
    »Ja, ich weiß.« Ich hatte keine Kraft mehr. Meine Hand tat weh, mein Knie schmerzte. Ich wollte nicht entdeckt werden, aber es wär so einfach gewesen, sich hier zusammenzurollen, in Spinnes Armen, und auf das Unvermeidliche zu warten.
    »Wir kommen hier am schnellsten weg, wenn ich uns wieder ein Auto besorge.«
    »Und dann?«
    »Fahrn wir nach Weston. Wir müssen

Weitere Kostenlose Bücher