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Den Tod im Blick- Numbers 1

Den Tod im Blick- Numbers 1

Titel: Den Tod im Blick- Numbers 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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fertig«, flüsterte ich. Dann schloss ich die Tür wieder zu, trocknete mich schnell ab und zog mich an. Die Sachen waren super, so was, was ich ohnehin anziehen würde. Ein bisschen groß zwar, aber tragbar. Ich nahm meine alten Klamotten und das Badetuch und tappte über den Flur in Britneys Zimmer.
    Sie hatte sich alle Mühe gegeben, sauber zu machen, aber du konntest trotzdem noch riechen, wo ich mich übergeben hatte.
    »Tut mir leid«, sagte ich wieder.
    »Schon gut. Geht’s dir besser?«
    »Ja.«
    »Ich hab gedacht, das Beste ist, du tankst hier ein bisschen Schlaf und verschwindest, wenn es hell wird.« Ich sah sie an. War sie verrückt? Oder wollte sie mich nur hierbehalten, bis ihr Vater nach Hause kam?
    »Nein, ich sollte jetzt wirklich gehen.«
    »Du siehst doch da draußen nichts. Geh morgen in aller Frühe los – bis die andern auf sind, hast du ein paar Stunden Vorsprung.
    Sie hatte Recht, aber ich konnte mir einfach nicht vorstellen, die Nacht über schlafend im Haus eines Bullen zu verbringen.«
    »Kommt denn hier niemand rein?«, fragte ich.
    Sie lächelte. »Nee, das würden sie nicht wagen. Erstens hab ich es verboten und zweitens haben sie Angst, was sie dann finden würden. Nicht dass es etwas zu finden gibt, keine Drogen, keine Kondome, keine Tabletten, nicht mal Zigaretten. Nur mich. Vielleicht ist es ja das, wovor sie Angst haben. Sie haben keine Ahnung von Teenagern. Du kannst also bleiben, verstehst du, hier bist du absolut sicher.«
    Es war fast, als flehte sie mich an. Sie schien gar nicht zu begreifen, dass sie hier die Macht besaß. Meine Freiheit hing an einem kleinen Silberfaden, einem Spinnennetz. Sie müsste den Faden gar nicht durchschneiden, sondern nur mal kurz pusten, schon würde er sich dehnen und zerreißen. Sie müsste nur ihre Stimme heben und nach ihrer Mutter rufen, schon wär für mich alles vorbei.
    »Was ist mit deinem Bruder?«
    »Oh … nein, der ist letztes Jahr gestorben.«
    Ich und meine große Schnauze.
    »Tut mir leid. Ich hab nur die Fotos gesehen. Entschuldige.«
    »Ist schon okay. Konntest du ja nicht wissen.«
    Na ja , dachte ich, der kahle Kopf hätte mir schon einen Hinweis geben können.
    Sie kramte Decken und Kissen vor.
    »Wie lange ist es her, dass du in einem Bett geschlafen hast?«, fragte sie.
    Ich musste scharf nachdenken. »Drei Nächte.« Die Wärme der Dusche und der Luxus, in einem Haus zu sein, hatten mich weichgekocht. Ich mochte mir nicht vorstellen, hinaus in die kalte Dunkelheit zu gehen. Nicht heute Nacht.
    »Dann schläfst du im Bett, ich komm schon hier drauf klar.« Sie ließ sich auf den Sitzsack nieder und fing an sich ihre Decke umzulegen.
    »Sei nicht so rücksichtsvoll. Das ist dein Zimmer. Ich kann das nicht annehmen.«
    »Klar kannst du. Du brauchst ein bisschen Schlaf. Richtigen Schlaf.«
    »Nein, das geht nicht. Das ist nicht in Ordnung. Eher verschwinde ich, als dass ich dich aus deinem Bett schmeiß. Ich mein es ernst.«
    »Na gut.« Sie kam hoch und stieg in ihr Bett, während ich mich auf dem Sitzsack zusammenrollte und es sofort bereute. Er war verdammt unbequem.
    Britney machte das Licht aus.
    »Nacht, Britney«, sagte ich.
    »Nacht, Jem.«
    Wellen von Müdigkeit und Übelkeit schwappten durch meinen Körper. Ich hatte Angst, dass ich mich wieder übergeben musste. Die Ereignisse dieses Tages machten sich in meinem Kopf breit – heute Morgen war ich noch in Spinnes Armen aufgewacht. Es schien Jahre her und war kaum zu ertragen.
    Die Straßenbeleuchtung schimmerte durch Britneys dünne Vorhänge und ich lag verlegen da, die Augen weit offen, und nahm das Zimmer in mich auf. Wie wär es, dieses Mädchen zu sein? Eine Ma und einen Dad zu haben, ein cooles Zimmer, Freunde, mit denen man abhängen kann? Und einen toten Bruder. Wie angenehm die Dinge auch schienen, die harte Realität war immer präsent. Du kannst dem Tod nicht entrinnen: Er holt uns alle irgendwann. Was mich zu Spinne zurückbrachte. Wo er jetzt wohl war? Als ich so dalag, sehnte ich mich einfach danach, zu wissen, ob es ihm gut ging, sehnte mich danach, bei ihm zu sein.
    Irgendwo tickte ein Wecker stetig vor sich hin – das Geräusch füllte das Zimmer. Jedes Ticken ein Hammerschlag auf meinen Kopf. Noch drei Tage.

KAPITEL 25
    Ich lag wach im Dunkel von Britneys Zimmer. Britney war eingekuschelt in ihrem Bett, die Augen geschlossen. Sie atmete gleichmäßig, aber ich wusste nicht, ob sie schlief. Ich war erschöpft und hellwach. Ich wollte sie

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