Den Tod im Griffl - Numbers 3
der flachen Hand vor die Stirn.
Mia fährt herum und sieht mich an. Ihre Augen sind weit aufgerissen und verängstigt. Sie windet sich aus meinen Armen und setzt sich auf die andere Seite neben Sarah.
»Was muss ich sonst noch wissen?« Ich sehe Sarah an und eine weitere Erinnerung rückt plötzlich an ihren Platz zurück – zwei Jungen, die am Feuer sitzen und lachen. »Die Jungs. Deine Brüder.«
Tränen steigen ihr in die Augen. »Ich denke, es geht ihnen gut – sie sind im Lager bei Daniels Freunden. Aber ich weiß es nicht. Wir müssen zu ihnen zurück.«
Mir ist, als ob ich durchdrehe. Ich schlage mir wieder vor den Kopf.
»Was ist das hier für ein Ort? Wieso sind wir hier?«
Klatsch, klatsch, klatsch.
»Adam. Adam, hör auf!«
Ich schüttle den Kopf, versuche meine Gedanken zurück an die richtige Stelle zu befördern. Ich höre die Angst in Sarahs Stimme, doch ich kann nicht aufhören.
»Adam! Schau mal!«
Sarah hält etwas vor mich hin, durchdringt meinen kranken, überdrehten Zustand.
»Schau dir das an.«
»Was ist das?«
Mia lugt um Sarah herum und lächelt jetzt. »Mia Bild«, sagt sie. »Mia malt.«
Auch Sarah lächelt. »Ich wette, wenn du genau hinguckst, weißt du, was es zeigt.«
Ich sehe drei runde Gebilde in unterschiedlichen Farben. Zwei große Formen – die eine rot, die andere blau und rosa – und drei kleinere, eine grün, eine orangefarben und eine ganz kleine gelbe. Und dann plötzlich begreife ich, gerade so, als ob ein Blitz einschlägt oder ein Feuerwerk losgeht. Das Bild zeigt unsere Familie. Mich, Sarah, Mia und die Jungs.
»Das sind wir«, sage ich. »Hast du das wirklich gemalt?«
Mia nickt und strahlt und bringt vor lauter Stolz kein Wort heraus.
»Das ist ja toll.« Ich lege meinen Arm um sie und drücke sie an mich.
»Adam«, sagt Sarah langsam. »Erinnerst du dich, wie deine Oma gesagt hat, sie könne meine Aura sehen?«
»Daddy«, sagt Mia und deutet auf das rote Gebilde, danach auf das in Blau und Rosa. »Mummy.«
Ich sehe Mia an und dann wieder das Bild. Die Farben bedeuten etwas. Ich pfeife durch die Vorderzähne.
»Sie sieht die Farben, stimmt’s?«, sage ich. »Das hat sie von Val.«
Das ist der Hammer. Ich sehe an Sarahs Blick, dass sie das Gleiche denkt.
»Sie hat ihre Zahl, Sarah, und sie kann genau wie sie Auren sehen.«
Ich schaue zu Mia hinab und ihre Zahl betrügt meinen Kopf. Sie ist ein kleines zerbrechliches Wesen mit der Zahl einer andern. Ein Tod, der zu Oma passte, aber auf unerklärliche Weise zu ihr gekommen ist. Mia ist der lebende Beweis, dass in dem Feuer vor zwei Jahren etwas Unglaubliches und Erschreckendes passiert ist. Ich habe plötzlich überall Gänsehaut, und die Frage, die schon vorher an mir genagt hat, drängt sich in meinem Kopf wieder nach vorn.
Hat Oma ihr das alles vermacht – ihr Leben und auch ihre Fähigkeit?
Oder hat Mia es sich genommen?
Kann sie die Hände ausstrecken und sich andere Leben nehmen?
SARAH
»Wir müssen sie hier wegbringen«, sage ich.
»Wissen sie es? Wissen sie irgendwas über Mia?«
»Nein, das wissen nur du und ich. Aber sie sind neugierig. Es gibt eine Frau, Marion, die hat sie heute Morgen befragt. Sie hat sie ständig bedrängt und rumgeschnüffelt. Sie war es auch, die Mia zum Malen gebracht hat.«
»Glaubst du, sie wusste, was es bedeutet?«
»Nein, wahrscheinlich nicht. Adam, wir müssen Mia beschützen. Sie ist etwas Besonderes – noch viel mehr, als wir geglaubt haben. Sie ist anders.«
»Ihre Zahl ist auch anders.«
»Wie meinst du das?«
»Sie flimmert in meinem Kopf. Ich habe nur eine Zahl gesehen, wo das genauso ist.«
»Wessen Zahl? Ist es jemand von hier?«
Er schweigt, als könnte er sich nicht entscheiden, ob er es sagen soll oder nicht.
»Du musst es nicht sagen. Ich will die Zahlen von andern nicht wissen.«
Er schweigt noch einen Moment und schaut von mir weg, zur Tür. Er kämpft mit irgendwas in seinem Innern und ich weiß, ich darf ihn nicht drängen, deshalb lenke ich das Gespräch wieder zurück auf Mia.
»Wir wissen nicht, was in dem Feuer wirklich passiert ist, stimmt’s?«, frage ich.
»Ja.«
»Du warst dort. Was glaubst du, was passiert ist? Kannst du dich erinnern?«
Er reibt sich mit einer Hand über die Stirn.
»Ich habe Oma durch die Flammen nach draußen geschickt. Ich dachte, sie würde es schaffen. Ihre Zahl war gut. Und wir beide blieben, um Mia zu suchen.«
In meinem Kopf bin ich jetzt mit ihm dort. Ich höre das Knistern
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