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Den Tod im Griffl - Numbers 3

Den Tod im Griffl - Numbers 3

Titel: Den Tod im Griffl - Numbers 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rachel Ward
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Ich würde lieber die Zeit zurückdrehen – bis dorthin, wo sie einfach nur eine Mum war, so wie jeder eine hat: Sie war immer viel lustiger, verrückter und besser.
    »Lass uns an den Strand gehen, Mum.«
    Der Strand von Weston liegt von unserer Wohnung aus nur ein paar Hundert Meter die Straße runter. Aber er könnte genauso gut am anderen Ende der Welt sein – Mum schafft es im Moment nicht aufzustehen, ganz zu schweigen davon, über die Promenade zu bummeln.
    »Ist es sonnig, Adam?«
    »Ja, aber nicht zu heiß.«
    »Magst du ein Eis?«
    »Später, lass uns erst an den Strand gehen. Es ist Flut.«
    »Also nur eine lächerliche halbe Meile gehen …«
    »Wir gehen nicht, Mum, wir rennen.«
    »Genau. Ich werde als Erste da sein.«
    »Niemals! Ich bin dir schon meilenweit voraus.«
    »Dann warte auf mich. Halt meine Hand.«
    »Nein, du musst mich fangen.«
    Wir rennen über den flachen Sand auf einen Saum aus flimmerndem Silber zu, einem Silber, das sich fast stumm über den Strand ergießt. Ich werde absichtlich langsamer, bis sie nach meiner Schulter greift – »Hab dich!« –, und dann rennen wir Hand in Hand, immer weiter und weiter hinaus ins Meer …
    Ich öffne die Augen. Ich bin in einer nackten Zelle, allein.
    Wieso ist sie fort? Wieso hat sie mich verlassen? Es gibt nichts mehr von ihr.
    Ich schließe die Augen wieder und ich höre ihre Stimme und meine durcheinander – und wir sagen dieselben Worte, die, die ich in dem Brief gelesen habe, den sie mir schrieb, als sie wusste, sie würde sterben: Wenn du anfängst zu vergessen, wie ich aussehe, wie meine Stimme klingt oder sonst was, mach dir nichts draus. Erinnere dich einfach an meine Liebe. Das ist es, was zählt.
    Erinnere dich einfach an meine Liebe. Das ist es, was zählt.
    Ich spüre noch immer ihre Liebe. Nichts und niemand kann sie mir nehmen. Nicht mal der Tod.
    Und ich habe Menschen, die ich jetzt liebe, Menschen, die mich lieben.
    Das ist es, was Saul nicht versteht. Er begreift es einfach nicht. Egal wie viele Leben er schon gelebt hat, er hat nicht gelernt, was wirklich zählt.
    Vielleicht macht ihn das umso gefährlicher.
    Vielleicht macht es ihn auch verwundbar.
    Ich weiß es nicht, aber ich weiß, dass es sie für mich gibt. Es gibt Liebe in meinem Leben und das ist etwas, wofür es sich lohnt zu kämpfen.
    Wofür es sich lohnt zu sterben.

SARAH
    Die Klinge ist matt – kalt, grau metallen. Er hält die Spitze an meine Haut. Aber ich kann nicht sprechen. In meinem Mund steckt ein Knebel, ich muss würgen. Ich schaue in seine Augen, flehe ihn mit meinen an. Doch seine Augen sind merkwürdig leer. Er sieht meine Panik nicht, reagiert nicht auf meine Angst. Sie bedeuten ihm nichts.
    Bitte stich nicht zu.
    Bitte töte mich nicht.
    »Ich hab es schon öfter getan …«, sagt er und ich glaube ihm.
    Gott, hilf mir.
    Und dann gibt es einen Knall. Der Lärm dröhnt in meinen Ohren.
    Ich öffne die Augen rechtzeitig, um die nächste Explosion zu hören. Der Lärm donnert den Flur entlang. Als Erstes denke ich an die große Katastrophe. Es ist wieder so weit. Ich drehe mich zu Mia um. Sie ist wach. Eine Alarmglocke schrillt.
    »Mummy«, sagt Mia.
    »Ich weiß nicht, was los ist«, sage ich. Ich bin auf einen weiteren Schock gefasst, darauf, dass der Raum auseinanderbricht. Draußen ist Lärm zu hören, aber es sind Menschen, die an unserer Zelle vorbeipoltern, und die Alarmglocke schrillt weiter. Dann sind die Leute fort.
    Wieder gibt es Explosionen, diesmal deutlich mehr. Sie haben einen Rhythmus, zwei- oder dreimal hintereinander, dann eine Pause und wieder zwei oder drei. Erneut füllt sich der Flur: hektische Schritte, Rufe, Menschen, die die Wände streifen.
    Der Lärm ist so groß, dass ich den Schlüssel im Schloss gar nicht höre, aber plötzlich steht Adrian in der Zelle. Seine Uniform ist nicht richtig zugeknöpft und die Haare stehen vom Kopf ab.
    »Jetzt, Sarah«, sagt er. »Jetzt oder nie. Ich nehme Mia. Wickel sie ein und nimm was Warmes mit.«
    »Was ist los? Was bedeutet der ganze Lärm?«
    »Das kann ich dir jetzt nicht erklären. Wir müssen los.«
    Ich wickle Mia in die gestreifte Decke.
    »Wohin?«, murmelt sie vor sich hin.
    »Zu Daddy«, flüstere ich.
    Adrian nimmt sie hoch und ich ziehe meinen alten Mantel unter dem Bett vor. Er zögert in der Tür. Hetzende Soldaten bilden einen endlosen Kaki-Strom.
    Doch der Soldat vor unserer Zelle steht noch da.
    »Ich habe Befehl, diese beiden hier zu evakuieren und sicher

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