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Den Toten dienen

Den Toten dienen

Titel: Den Toten dienen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Delrio
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nach Terra führte. Und dass sie gefährlich viel Zeit verloren hatte.
    »Verdammt.« Sie setzte sich auf. »Aaaargh. Verdammt.«
    Jemand fing sie auf, half ihr, gerade zu sitzen. Zuerst sah sie nur die Hand und die Leibeigenenkordel an deren Gelenk. Es war der MedTech, Ian Murchison.
    Sie starrte ihn an. »Was tust du hier?«
    »Wie es aussieht, hindere ich Sie daran, sich umzubringen.« Auf den zweiten Blick wirkte Ian übernächtigt. Seine Augen waren gerötet und hatten dunkle Schatten. Er war unrasiert. »Seit der freundliche Herr mit dem Messer sein Möglichstes getan hat, Ihre Eingeweide auf dem Deck zu arrangieren.«
    »Oh.« Sie klang selbst in den eigenen Ohren krank. In der Öffentlichkeit konnte sie sich keine Schwäche erlauben. Aber hier war niemand außer ihr selbst und ihrem Leibeigenen, und der zählte nicht. Gnadenlos unterdrückte sie den Wunsch, sich noch ein wenig länger auszuruhen. »Wie lange ist es her...?«
    »Zwölf Tage, in denen Sie außer Gefecht waren und die Schiffe Energie und Brennstoff geladen haben.«
    »Zwölf Tage!« Der Ausbruch schmerzte. Sie blieb eine Minute, nach Atem ringend, sitzen, bevor sie weitersprach. »Sind wir noch auf Saffel-Station?«
    »Ja.«
    »Dann muss ich sofort aufstehen.«
    »Ich werde Sie wohl nicht daran hindern können.« Er stockte und schien seine nächsten Worte abzuwägen. »Nur der Ordnung halber, Galaxiscommander: Momentan werden Sie von Klammern und medizini-schem Leim zusammengehalten. Das ist kein guter Zeitpunkt, um Streit anzufangen.«
    »Ich fange keinen Streit an.«
    Ian sagte nichts, doch sein Gesicht sprach Bände.
    »Ja, gut«, knurrte sie. »Ich weiß.« Es tat gut, für einen Augenblick die lockere Sprechweise ihres Alter Ego wieder zu benutzen, das sie auf ihrer Reise als Glücksritterin durch die Republik der Sphäre angenommen hatte. Tassa Kay war einigen Menschen wie Ian Murchison begegnet - zuverlässigen Menschen, die ihre Pflicht taten und sich nicht allzu viel um das große Ganze scherten. Und die meisten hatten ihr gefallen.
    Wahrscheinlich hätte ihr auch Ian Murchison gefallen. »Ich fange Streits an. Aber im Allgemeinen habe ich einen guten Grund dafür, wenn ich es tue.«
    »Ich sage nur... «
    »>Vorerst nicht.< Ich hab's kapiert.«
    Vorsichtig schwang sie die Beine aus dem Bett. Ian half ihr auf.
    Sie blieb einen Moment stehen und sammelte sich. Ihre Beine hielten das Gewicht aus. Gut. Ihr Kopf wurde zunehmend klarer. Auch gut. Sie versuchte ein paar vorsichtige Schritte, dann verkündete sie: »Solange ich keine plötzlichen Bewegungen mache, geht es. Zeit, von hier zu verschwinden und wieder Furcht zu säen.«
    »Deswegen brauchen Sie sich noch keine Sorgen zu machen.« Sie war sich nicht sicher, wie sie den Unterton in Ians Stimme deuten sollte, aber es klang amüsiert. »Die haben alle nur ihre Karriere im Kopf und werden keinen Ärger machen.«
    Einen Moment verstand sie nicht, wovon er sprach. Dann erinnerte sie sich, dass er nicht Clan war, oder zumindest noch nicht.
    »Positionstest«, sagte sie. Sie lachte leise, aber nur, bis die Schmerzen in der Schnittwunde aufloderten. »Ja, ich schätze, ich habe ein paar Stellen freigemacht.«
    Einen Augenblick sann sie amüsiert über die chaotische Situation nach. Die unter Marks und Dorn rangierenden Sterncolonels würden Hahnenkämpfe um die besten Ränge ausfechten. Dadurch wurden Positionen frei, die dann von den ehrgeizigeren Sterncap-tains eingenommen wurden. Die Wirkung solcher Aktionen pflanzten sich logischerweise durch alle weiteren Ränge fort. Sie schüttelte bedauernd den Kopf und drängte Tassa Kay mit ihrer Vorliebe für Schlägereien und schlechte Gesellschaft zurück in die dunklen Tiefen von Anastasia Kerenskys Geist.
    »Ich muss dort hinaus«, stellte sie fest. »Bevor jemand anders auf die Idee kommt, er oder sie könnte diese Arbeit besser machen als ich.«
    »Setzen Sie sich. Ich suche Ihnen ein paar Kleider.«
    »Was glaubst du, wer du bist, mir Befehle zu erteilen?« Sie setzte sich trotzdem wieder aufs Bett und schaute zu, wie er ihren Seesack durchwühlte.
    »Ihr Leibeigener.« Er tauchte mit einer tief sitzenden Hose und einer losen Bluse wieder auf. »Die hier sollten Sie tragen können, ohne dass es die Verbände allzu sehr stört.«
    Ian half ihr beim Anziehen. Seine Berührungen waren bar jeden Gefühls und seltsam unpersönlich, aber irgendwie war sie froh darüber. Der letzte Mann, der sie an diesen Stellen berührt hatte, war Nicholas

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