Denk doch, was du willst
lässt. Nehmen wir an, es schickt Ihnen jemand einen kalten Witz per SMS. Der Absender denkt sich möglicherweise: «Hm, vielleicht ist der Empfänger nicht in der Lage, von sich aus zu erkennen, dass ich hier einen Witz machen will – da schreibe ich doch noch schnell einen Doppelpunkt, einen Gedankenstrich und eine abschließende Klammer mit dazu.» Inzwischen sind fast sämtliche Mobiltelefone so programmiert, dass sie diese Zeichenfolge erkennen und von sich aus ein Smiley einfügen, sobald man den Doppelpunkt und den Gedankenstrich tippt. Wem die grässlichen Emoticons nicht ausreichen, der geht noch einen Schritt weiter. Er setzt ans Ende seiner Nachrichten einfach nur ein paar Buchstaben, die in der Cyber-Gesellschaft für bestimmte Redewendungen stehen: beispielsweise LOL oder – der Gipfel der Verblödung – ROFL. Das ist Englisch. Damit muss es ja gut sein. Dass die Hälfte der Deutschen nicht weiß, was das wirklich bedeutet, macht also überhaupt nichts. Das ist auch nicht wirklich schade, es ist sowieso ziemlicher Unsinn. LOL bedeutet «laughing out loud», das heißt so viel wie «ich lache laut los», und ROFL bedeutet «rolling on the floor laughing» oder «ich kugele mich vor Lachen». Was passiert hier denn bitte mit unserer Sprache? Nicht nur dass wir nicht unsere, sondern eine andere benutzen, nein, wir verhunzen zusätzlich eine andere Sprache, die die meisten von uns zudem nur halbwegs verstehen. Halten Sie mich diesbezüglichruhig für altmodisch – das bin ich auch. Ich bin ein analoger Typ in einer digitalen Welt. Dieser Satz stammt übrigens nicht von mir. Er ist von Hank Moody, einem meiner Lieblingsautoren.
Ich werde immer wieder gefragt, ob ich nicht irgendwelche Ticks habe – hier kommt einer: Ich verabscheue englische Begriffe in der deutschen Sprache: Es gibt keinen Kaffee zum Mitnehmen mehr – der ist leider aus, es gibt nur noch Coffee to go, Meetings, Wedding Planner, Approaches, Manager, Awards, Background, Back-ups, Backstage, Basics, Benchmarks, Bikes, Blackouts, Bodyguards, Bodylotions, Boots, Brainstormings, Breaks, Business-to-Business, Business-to-Consumer, Callcenter, gecancelte Shows, Catering-Services, Charts, City-Center, Check-ins, Xmas, Coaches, Comedy und so weiter und so fort. Und das sind nur die meines Erachtens überflüssigen Begriffe bis zum Buchstaben C. Allein mit solchen Wörtern könnte man ganze Bände füllen.
Am beklopptesten wird es aber ab dem Moment, in dem wir scheinbar englische Begriffe im Deutschen benutzen, obwohl es die im Englischen überhaupt nicht gibt. Ein Handy kennt weder der Amerikaner noch der Engländer, und ein Callboy ist im Englischen nicht dasselbe wie im Deutschen – in den USA ist das ein Page, nichts anderes. (Falls Sie nicht wissen, was im Deutschen ein Callboy ist, beneide ich Sie um Ihre Unverdorbenheit.) Das Problem bei diesen hirnlosen Sprachpanschereien liegt nicht nur darin, dass unsere Sprache damit versaut wird – nein, es geht sogar so weit, dass bei englischen Werbesprüchen (Verzeihung, «Slogans») wie «Come in and find out» oder «Have a break, have a kitkat» die meisten Deutschen nur Railway Stationverstehen. Laut eines Artikels bei
Spiegel online
sind Anglizismen in der Werbung keine gute Wahl.
Um zu testen, wie sie bei den Verbrauchern ankommen, wurden 24 Probanden an einen Lügendetektor angeschlossen. Dann wurde ihr Hautwiderstand beim Abspielen der deutschen und englischen Werbebotschaften gemessen. Fazit: «Wohnst du noch, oder lebst du schon?» und «Ich liebe es» wirkt besser als «Come in and find out» oder «There’s no better way to fly». Die englischen Werbebotschaften perlten an den deutschen Teilnehmern ab wie ein Ei an der Teflonpfanne. Weder wurden die Inhalte richtig verstanden, noch erregten sie die gewünschte Aufmerksamkeit. «Come in and find out» wurde unsinnig mit «Kommen Sie rein und finden Sie wieder raus» übersetzt.
Und noch zwei wunderbare Beispiele zum Thema «Denglisch-Unsinn» möchte ich Ihnen, geneigter Leser, an dieser Stelle nicht vorenthalten.
Zunächst die Wortschöpfung «Public Viewing». Wir glauben, wenn wir die Tatsache beschreiben wollen, wie wir ein Fußballspiel mit vielen anderen Menschen auf einem öffentlichen Platz anschauen, dann wäre ein guter englischer Begriff dafür «Public Viewing». Am englischen und amerikanischen Sprachgebrauch ist Public Viewing ungefähr so nah dran wie Michael Schumacher am nächsten W M-Titel . In den USA
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