Denken Mit Dem Bauch
einfach »Lachen«. Und das werden Computer immer nur simulieren, aber nie fühlen
können. Keine Gehirnzelle in uns Menschen sagt uns:
»Achtung, bitte Lachapparat vorbereiten, es könnte lustig werden, Lachen vorhalten, Blutdruck erhöhen, Luft ausstoßen…
jetzt lachen. Bei Verlust der Komik Lachen einstellen.« Wir Menschen lachen und weinen, weil wir ein Lach- oder
Weingefühl haben. Und das kommt aus dem Bauch, nicht aus
»Kognos«, dem Kopf. Zugegeben, ein paar Millionen
Kopfzellen sind mittelbar beteiligt an den starken Gefühlen.
Aber nur als Leitungs geber, als Drahtzieher sozusagen. Der Impuls entspringt der Intuition. Und die kommt aus dem Bauch und dem Mandelkerngehirn.
Die bereits erwähnten amerikanischen Wissenschaftler
Emeran Meyer und Boyd Friedman erinnern uns massiv daran, dass wir Menschen nach wie vor (wie vor Tausenden von
Jahren) ein grundsätzliches Bauchentscheidungsverhalten haben.
Jeden Tag fühlen wir dieses »Kribbeln im Bauch«. Doch auch wenn allein erziehendeMütter, von Call-Center-Agents »gejagt«
und zu Kaufentscheid ungen verführt werden: Bauch-
Entscheidungen sind nicht grundsätzlich vage oder gar
gefährlich. Nicht jede Bauchentscheidung bringt den
Eigentümer des Bauches in Schwierigkeiten. Es ist manchmal
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genau andersherum. Die Entscheidung bewahrt den Eigentümer des Bauches vor Schwierigkeiten. Hier ein ganz praktisches Beispiel, sozusagen aus dem täglichen Leben:
Das Jobangebot klang wie ein Sechser im Lotto: Ein
Traumgehalt, großartige Aufstiegschancen, spannende
Aufgaben, viel Verantwortung, sogar einen Dienstwage n wollte der neue Arbeitgeber bereitstellen. Und auf eine zu
vereinbarende Probezeit wollte der neue Arbeitgeber großzügig verzichten. Sabine (32) war völlig aus dem Häuschen. Sie rief ihre Freundin Cornelia an und berichtete von dem
Bewerbungsgespräch. Cornelia hörte aufmerksam zu und
meinte: »Zugreifen - so eine Chance gibt es nicht alle Tage…«
Sabine tat es und nahm den Job an. Drei Tage später
unterschrieb sie den Arbeitsvertrag. Ziemlich irritiert stellte die Call-Center-Expertin fest, dass sie nach der Unterschrift ein mulmiges Gefühl bei der Sache hatte. Warum, wusste sie selbst nicht recht. Es waren richtige Bauchschmerzen, die kamen und gingen, begleitet mit Unwohlsein und einer merkwürdigen inneren Unruhe. Wieder besprach sie sich mit ihrer Freundin -
und sagte am folgenden Tag schweren Herzens den Job wieder ab. Sie bat den potenziellen Arbeitgeber, die Sache zu stornieren, einfach zu vergessen. Der Chef, der eigentlich noch gar nicht ihr Chef war, wusste nicht, was er sagen sollte. Aber er war kulant, entgegenkommend und zerriss den Dienstvertrag.
Die Bauchschmerzen von Sabine verschwanden, das
Unwohlsein war weg und mit ihm auch dieses diffuse, kaum zu ortende, ungute Gefühl.
Für Sabine war die Sache erledigt. Woraufhin sich nun eine Kollegin sofort den Traumjob angelte. Ein Vierteljahr später saß diese Kollegin heulend bei Sabine im Büro: Der neue Chef hatte sich als übellauniger Besserwisser entpuppt; unter den Kollegen herrschten Neid und Misstrauen, die Arbeit machte keinen Spaß, keine Spur von Selbstständigkeit oder gar Verantwortung. Alles wurde einem bis ins letzte Detail vorgegeigt, und die
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wirtschaftliche Situation der Firma glich einer Gradwanderung -
bereits das erste Gehalt wurde unpünktlich gezahlt. »Du hattest den richtigen Riecher«, sagte die unglückliche Kollegin.
»Woher wusstest du das bloß?«
Das Spannende ist: Sabine wusste überhaupt nichts. Trotzdem hatte sie - aus dem Bauch heraus - eine goldrichtige Entscheidung getroffen. Es gibt wohlkaum jemanden, der nicht schon dieses »ungute Kribbeln« erlebte oder von sich gesagt hat, eine Sache liege ihm schwer im Magen. Vordergründig
betrachtet könnte es sich hier um eine unsinnige Redensart handeln, deren Wahrheitsgehalt so etwa bei null läge.
Hintergründig betrachtet handelt es sich um das Denken und Fühlen mit dem Bauch und der Wahrheitsgehalt ist oft
beachtlich.
Bauchentscheidungen haben ihre eigene Moral
Was lernen wir daraus? Im Bauch sitzt eine zweite
Kommandozentrale, die manchmal sogar kompetenter
entscheidet als der Kopf - und vor allem unabhängiger und sehr viel schneller. Aber Vorsicht… die Schaltzentrale »Bauch« kann auch gemein, wütend, unmoralisch, hinterlistig, unsozial und gar verbrecherisch entscheiden, je nachdem. Um es nochmals zu betonen: Der Bauch und der Mandelkern
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