Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]
der Ruth (Anm. 441) die Freude der Großmutter und Mutter bespricht und das bene der Tochter, unter solcher Leitung aufzuwachsen, hervor-hebt. Als er am 11. April 1806 Frau von Kempelens wegen Wien verheß (vgl. oben S. 286), da fühlte man im Pichlerschen Kreise seine Unersetzlichkeit und Karoline Pichler widmete ihm, ebenso wie sein Freund Friedrich Treitschke (Der Sammler, II, [Wien 1810], S. 237 = Gedichte, Wien 1817, S. 57), ein Abschieds-
gedieht, und zwar ihr erstes Sonett (Urania, Taschenbuch für Damen auf das Jahr 1815. Leipzig [1814], S. 158: Mein erstes Sonett, Zum Abschied an einen Freund. Im April 1806 = S. W. * XVI, S, 55: An C, S. Zum Abschiede 1806). Die Lücke, die sein Scheiden in ihrem Kreise riß, veränlaßte sie bald darnach zu einem zweiten Gedichte „Erinnerungen. Im May 1806" (S. W. 2 XVI, S. 66ff.), in dem sie wieder schmerzlich seiner und jener Zeit, die sie ein Arkadien nannte, in dem sie drin gewesen (Brief an Streckfuß vom 21. August 1806: K. Glossy, Wiener Communal-Kalender, XXXII, S. 400), gedenkt. Ein wenn nicht reger, so um so herzlicher Brief-wechsel entspann sich zwischen Karoline Pichler und Streckfuß in der Folgezeit; davon sind Pichlers Briefe durch K. Glossy (Wiener Communal-Kalender und Städtisches Jahrbuch, XXXII, [Wien 1894], S. 393 ff.) veröffentlicht worden, während die Briefe von Streckfuß, die im Besitze des Staatsarchivars Dr. Oskar Freiherrn von Mitis in Wien sind (H. Freiherr v. Jaden, Theodor Körner und seine Braut. Dresden 1896, S. VII, Anm.), noch der Veröffent-lichung harren. 1814 kam Streckfuß anläßlich des Kongresses wieder nach Wien und wurde im Pichlerkreise herzlich aufgenom-men (II, S. 55 f. mit Anm. iii). 1811 hatte er ihr A. W. Böttiger empfohlen, wofür sie ihm sehr dankbar war (Brief vom 10. Septem-ber 1811: K. Glossy, a. a. O. XXXII, S. 410; über Böttigers Be-such bei der Pichler s. H. A. Lier, Grillp. Jb. XIII, S. 129, 131, 136 und Hormayrs Brief: K. Glossy, ebd. XII, S. 250).; Seine Danteübersetzung, die sie ebenso besaß (Halle 1825; Nr. 25z ihres Bücherverzeichnisses im Nachlaß) als seine „Gedichte" (Wien 1804; Leipzig 1811: ebd. Nr. 178, 179), sein „Torquato Tassos Leben" (Berlin 1840; ebd. Nr. 254) und die „Ruth" (Wien 1805; ebd. Nr. 284), gefiel ihr sehr (Brief vom 26. Jänner 1828: K. Glossy, a. a. O. XXXII, S. 412). Ein wie lieber Freund er ihr war, zeigte sich auch noch in gelegentlichen Äußerungen späterer Jahre (vgl. II, S. 296, 316). Es mag als nicht uninteressant angemerkt werden, daß sie zur Zeit des wütendsten Sonettenkrieges, in 'dem Heinrich von CoUin 1807 als Verteidiger des Sonettes auftrat (vgl. Heinrich Welti, Geschichte des Sonettes in der deutschen Dichtung. Leipzig 1884, S. I97ff., bes. S. 201 f.), durch Streckfuß beeinflußt, der hier im romantischen Fahrwasser segelte, Sonette schrieb, obwohl sie sonst der Romantik und deren Kunstformen nicht hold war.
*^) 1804 entstanden, erschienen die „Harmonien" 1805 (Streck-fuß-Treitschke, Musenalmanach für das Jahr 1805. Wien. S. 24ff. = Gedichte von Carl Streckfuß. Neueste Auflage. Wien 1817. S. 71 ff.). Nach seinem Weggang von Wien rezitierte man sie im Pich-lerkreis im Mai 1806 im Augarten (Brief an Streckfuß vom 16. Mai 1806: K. Glossy, Wiener Communal-Kalender, XXXII, S. 398).
**°) Joh. Jahn, Biblische Archäologie. 3 Teile in 5 Bänden. Wien 1796—1805; 2. verbesserte und vermehrte Auflage. Wien 1807 bis 1825. — War im Besitze der Pichler (Nr. 137 des Bibliotheks-Terzeichnisses im Nachlaß).
**^) Carl Streckfuß, Ruth. Ein Gedicht in vier Gesängen, Wien bey Schaumburg et Compagnie. 1805. (8". 133 S.). Die Ausgabe ist der Frau Hofrätin von Greiner gewidmet. Streckfuß sagt in der Vorrede (S. 3ff.): »Ich widme Ihnen dieses Gedicht, gnädige Frau, nicht um Ihnen dadurch ein Zeichen meiner Verehrung zu geben — denn dessen bedürfen Sie nicht. Wer so, wie Sie, mit der klarsten Einsicht in die Verhältnisse des Lebens die schöne Wärme des Herzens verbindet und sich diese bis ins Alter zu erhalten gewußt hat; wer so, wie Sie, den Samen des Schönen und Guten aus-streute und ihn nun die herrlichsten Früchte tragen sieht, der muß ohne alle Versicherung derjenigen Ehrfurcht gewiß seyn, die Geist und Tugend auch dem rohesten Gemüth abnöthigeu. Mir selbst wollte ich durch diese Dichtung bey Ihnen und Ihrem Kreise ein Denkmahl errichten. Leider ist es mein Schicksal, einer flüch-tigen Erscheinung gleich, bey denen vorüber zu gleiten,
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