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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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konnte. Ich will hier nur an den Richter Schlendrian (eine ebenso witzige als oberflächliche Satire auf das Gesetzbuch Kaiser Jo-sefs ^^'') und die Monachologie^^^) erinnern, worin Hof rat Born 11^), einer der glänzendsten Köpfe jener Zeit, ein großer Naturkundiger und Mineralog, die verschiedenen Mönchsorden mit Linneschen Bezeich-nungen als Käfer und anderes Ungeziefer sehr witzig, aber sehr unanständig darstellte.
    Aus Frankreich kamen uns (wie denn aus Frankreich von jeher viel Schädliches über die Welt gekommen ist: stehende Heere, die wir Louis XI. verdanken;
    das Papiergeld, die Revolution, die Modesucht usw.) um diese Zeit auch eine Menge Bücher," welche den Geist des Spottes, des Unglaubens, der Opposition in jeder Rücksicht, der sich so mächtig in Österreich zu regen anfing, nährten; wie le Systeme de la nature von Mirabeau^^"), les Ruines von Volney^^^) und viele andere. Unter dem Deckmantel der Philosophie, der Wahrheitsliebe, der unparteiischen Forschung wurde der Maßstab, die Sonde, das anatomische Messer an alles Schöne, Edle, Heilige gelegt. Durch die fünf Sinne allein sollten und konnten, nach den Ansichten jener Weisen und Aufklärer, dem Menschen seine Vor-stellungen von der äußern Welt kommen; was sich also nicht in den Bereich derselben ziehen, wessen Evidenz oder Dasein sich.nicht dem nüchternen Verstände mit beinahe geometrischer Genauigkeit erweisen ließ, wurde bezweifelt oder bespöttelt oder ins Reich der Träume verwiesen. Mit religiösen Zeremonien hatte man angefangen, zur Religion selbst schritt man fort, ihre Dogmen wurden untersucht, der Glaube als etwas des denkenden Menschen Unwürdiges verworfen. So kam es endlich dahin, daß man nicht bloß alle positiven,' sondern alle natürlichen Religionen im allgemeinen wegphilosophiert hatte. Da erschienen Bücher wie der Horus^22^^ Bahrdts Bibel im Volkston ^2^), worin der Autor versucht, die Wunder des neuen'Testaments auf natürliche Art zu erklären, nur geht es damit, lei-der! wie mit der strengen. Beobachtung der „trois uni-tes" in der altern französischen Tragödie, worin man denn auch, um diesen Forderungen nachzukommen, die größten Unwahrscheinlichkeiten gelten, und z. B. ein verliebtes Rendezvous in einem Vorhof, eine Ver-schwörung auf der Gasse vorgehen lassen muß. Ebenso
    setzt der Verfasser der Bibel im Volkston Verab-redungen, Zusammentreffen von Umständen, Mißver-.- Ständnisse, unbegreifliche Verblendungen oder Selbst-täuschungen voraus, damit das wegraisonnierte Wun-der auf die wunderbarste Weise natürlich hat geschehen können. Er nimmt seine Zuflucht zu einem jungen Ägyptier (Haram genannt, wenn mich mein Ge-dächtnis nicht täuscht), der mit Christus und dessen Verwandten Johannes dem Täufer im Bunde, vermit-telst seiner aus Ägypten gebrachten Wissenschaften (die ein bißchen an Freimaurerei erinnern) alle diese sogenannten Wunder möglich oder sie den Leuten glaubbar macht. Noch unzählige andere, teils philo-sophische, teils poetische Erzeugnisse des jungen auf-sprudelnden Geistes, in deutscher, französischer und englischer Sprache, erschienen jetzt. Den weggespot-teten Religionsgefühlen warf man bald alles nach, was in der bürgerlichen Welt bisher geehrt und geachtet worden war, wenn man sich dessen zureichenden Grund nicht philosophisch vordemonstrieren konnte: Vaterlandsliebe, Anhänglichkeit an seinen Fürsten, Ehrfurcht vor dem Alter usw., dies alles wurde mit dem Worte Vorurteil gebrandmarkt. Es wurde gezeigt, daß die Scholle, auf der uns der Zufall das Licht der Welt hatte erblicken lassen, durchaus kein Recht auf unsere größere Liebe und Achtung habe als eine andere. Patriotismus wurde als eine Engherzigkeit; Anhäng-lichkeit an das angestammte Fürstenhaus als Schwäche und Aberglauben; Achtung und Liebe für das Alte, weil es eben alt und wohlbekannt ist, als lächerliches Vor-urteil behandelt. Das ganze Mittelalter versank auf diese Art hinter uns in einen Abgrund von Nacht und Unscheinbarkeit, und wenn man sich erinnert, auf
    welche Art Friedrich IL, der sogenannte Große, den Fund des Liedes - der Nibelungen aufnahm, so darf man sich nicht wundern, wenn in Österreich bei den Aufhebungen der Klöster der Archive wenig oder gar nicht geachtet, Altertümer an Manuskripten, Gerät-schaften, Arbeiten, Malereien als Produkte bar-barischer Zeit geringgeschätzt, um Spottpreise ver-auktioniert oder wohl gar vertilgt wurden, nachdem man höchstens von alten, vielleicht

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