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Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform]

Titel: Denkwürdigkeiten aus meinem Leben [microform] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: 1769-1843 Caroline Pichler , 1881-1925 Emil Karl Blümml
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unschätzbaren Dokumenten die goldenen Kapseln der Siegel abge-schnitten, die Schriften verbrannt oder in die Papier-stampfe gegeben, die Kapseln aber als Pagamentsilber behandelt hattei^^). Ich erinnere mich auch sehr wohl eines Aufsatzes von Herrn von Kotzebue in einer Samm-lung kleiner Schriften (wenn ich nicht irre, so hieß sie: die jüngsten Kinder meiner Laune), worin die Ehr-furcht für das Alter, die Unterordnung unter die Er-fahrung desselben usw. als Begriffe dargestellt wurden, welche für unsere Welt nicht mehr paßten und sich nur traditionell aus einer Zeit herschrieben, in der noch keine Schrift, viel weniger der Druck existiert hatte und folglich die Alten, die einzige Quelle der Erfahrung, gleichsam die lebendige Tradition, Geschichte und Nachschlagebücher waren ^^^).
    Doch so viele Schattenseiten man auch an jener Zeit nachweisen kann, in welcher die ersten Erschütterun-gen an dem Gebäude der bürgerlichen Ordnung und Stetigkeit gemacht wurden, das uns nun bald überall, infolge jener fortgesetzten Bemühungen, über den Köpfen einzufallen droht, so war sie doch auch eine Zeit frischen, schönen, regen Geisteslebens und viel-leicht das goldene — nie wiederkehrende Zeitalter der deutschen Literatur, zumal im ästhetischen Fache.
    überall zuckten die Funken lebhafter Geistestätigkeit auf, leuchteten hier mit mildem Lichte, das sich segens-reich weiter und weiter verbreitete, blendeten dort wie gewaltige Blitze, fuhren auch manchmal wie täuschende Jrrwische hin und lockten den Nachfolgenden in Sümpfe. Wird es wohl nötig sein, hier auf Klopstock, Lessing, Goethe, Wieland, Schiller, Herder hinzuwei-sen ? Wir in Österreich hatten unsern Denis, Sonnen-fels ^^®), Jünger ^^''), Alxinger und viele andere, deren Leistungen leider jetzt vom Zeitenstrom weggespült sind, so wie man kaum mehr eines Geliert, Rabener, Hagedorn gedenkt und nur jene größern Namen ste-hen geblieben sind, die ich oben genannt. In allen Zweigen des Wissens regte sich eine lobenswerte Tä-tigkeit, man durfte frei denken und so dachte man wohl, wie Haller singt ^^^). Auch in die geselligen Kreise drang eine muntere Freudigkeit statt früherer Steifheit und veralteter Formen. Das Theater, wel-ches Kaiser Josef seines unmittelbaren Schutzes wür-digte, trug sehr viel zu diesen geselligen Freuden bei. Unsere Bühne ward unter der Leitung des Monarchen im deutschen Schauspiel bald eine der ersten Deutsch-lands, in der italienischen Oper vielleicht die erste damals existierende, Jtalien nicht ausgenommen; denn der Kaiser hatte auf seinen Reisen die Theater dieses Landes kennen gelernt, die besten Sänger und Sän-gerinnen selbst engagiert und von unserer Oper gingen die seconde und terze donne nach Italien zurück, um als erste überall aufzutreten ^^^). Schröder ^^°) kam nach Wien, spielte zuerst Gastrollen und wurde sodann samt seiner Frau engagiert. Brockm-ann^^^) kam" nach Wien, Lange^^^^ war in der Blüte seiner Kraft, die beiden Jacquets, Katharina ^^^) und Anna
    (nachmals Adamberger und Mutter der liebenswürdigen Schauspielerin unserer Zeit^^^)), Madame Sacco^^s^ und viele andere machten die Leistungen unserer Bühne höchst glänzend, und das Publikum nahm auf eine Weise an dem Theater Teil, die von der jetzigen ganz verschieden ist. Es suchte geistigen Ge-nuß, nicht bloßen Zeitvertreib, es wollte sein Gefühl anregen lassen, nicht bloß den Verstand im Tadeln üben. Es kam mit frischer Empfänglichkeit ins Thea-ter, faßte jede Schönheit des Dramas sowohl als der Darstellung auf, verlangte nicht mit Übersättigung nur nach schnellem Dahineilen der Handlung und wurde durch eine tiefere psychologische Entfaltung der Motive nicht gelangweilt. So gab es sich dem Ein-druck hin, den Dichter und Schauspieler hervorzu-bringen strebten und dies geistig bewegliche, für jede Schönheit empfängliche Publikum (nicht bloß hier, sondern in ganz Deutschland) erweckte in schöner, aber sehr natürlicher Wechselwirkung die dramatischen Ge-nies, die sich gern einer so lohnenden Arbeit unter-zogen, sowohl als Dichter wie als Schauspieler. Aus jener Periode stammen, nebst den obengenannten, Ifflandi36), Fleck 137), Koch^^s)^ die Unzelmanni^^) und viele andere, deren Namen mir nicht eben beifallen. In jener Periode traten Iffland und Schröder als Schau-spieler und Schauspieldichter, Kotzebue^*") und Jün-ger als Schauspieldichter auf, deren Stücke noch jetzt den Kern unserer Repertoire bilden und trotz des ganz veränderten

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