Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
geblieben.
Und ich wäre, damals noch ein kraftvoller Roth-Händle-Raucher bei der Arbeit, schon seit ca. 1991 tot.
Und das wäre doch für uns alle, die wir hier herumsitzen, auch für die »Denkwürdigkeiten«, sehr ärgerlich.
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»Nur noch ein biologisches Problem« sei der Reich-Ranicki, sagte mir, wahrscheinlich einem damals berühmten Zitat Kohls (über Strauß) folgend, der FAZ -Nachfolger Frank Schirrmacher im Januar 1988 im FAZ -Pressestübchen auf meine Nachfrage, wie er sich meine von ihm erwünschte Arbeit für die FAZ vorstelle, wenn und solange der Vorgänger, eben Reich-Ranicki, ja noch immer im Haus herumkugle und -qualle.
Sodann diente er, der Huie, ihm, Reich-Ranicki, mit Beflissenheit, ja sogar mit wachsender Inbrunst noch weit über sieben Jahre hinaus volle biologische zwei Jahrzehnte lang.
So geht’s zu in der Geistes- und Geisterwelt.
Postscript: Gustav Seibt (damals: FAZ ) erinnert sich zwar an dieses Gespräch und an seine Thematiken, nicht aber an das betreffende Zitat. Womit die Wahrheit offen bleiben muß. Bzw. meine Erinnerung erinnert sich halt notfalls falsch.
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Ich muß es mir aus Zeitnotgründen versagen, der Sache noch genauer nachzugehen. Jetzt aber entnehme ich einer Magisterarbeit, die von mir in meinem Schrifttum häufiger – ernstlich zitiert oder auch mehr spielerisch-spottend intendiert – übernommene Äußerung Max Horkheimers über das »Ganz Andere« gründe in dem Horkheimer-Buchtitel »Die Sehnsucht nach dem Ganz-Anderen« (Ges. Schriften 7, 1985, S. 392); nämlich der zentralen Mitteilung, eben diese Sehnsucht gehe dahin, »dieses irdische Dasein möge nicht absolut, möge nicht das Letzte sein«.
Da schau an, da kann ja sogar der Papst damit zufrieden sein. Und jener »Ganzandere«, den ich in meiner Anekdotensammlung von 1983 dahinter vermutete, kann den Schwanz einziehend kaum dagegen anschwefeln.
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Der Prophet gelte nichts in seiner Heimat, seiner Vaterstadt. Das traf für mich bis ins 48. Lebensjahr, bis 1988/89, zu, ehe ich mich dann sogar vor dem Status eines städtischen Ober-Honoratioren vorzusehen hatte –: Viel interessanter, auch verwirrender aber, daß er u.U. in der Fremde nicht zählt: Der Leipziger Richard Wagner wurde 1833/34 Chorleiter am kleinen Opernhaus von Würzburg; davon findet sich aber in den Stadt- und Theaterannalen – Wagner war inzwischen nationale, gar schon Weltmacht – von 1854 zum fünfzigsten Theaterjubiläum keine Silbe, auch 1904 zum hundertsten keine, sogar nach 1945 keine Spur von Wagners Würzburger Erdentagen, mit denen diese Unterfranken doch vermeintlich prunken sollten.
Verdrängung? Eine Art revancheartiger Inferioritätskomplex? Ach was. In jener Stadt, die 2011 per Selbstanpreisung »Weltkultur« sein wollte, hat ein Kulturwichtl nach dem anderen vor Herumwursteln unter lauter nachfolgenden Wichtln einfach 177 Jahre lang drauf vergessen.
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31.12.1999. Weil es so schön ist, hier nochmals das säkulare Wort einer nach 1983 sehr beliebten Eisreklame-Comicfigur: »Schlecken, schieben, äcktschen – das bringt sätisfäcktschen.«
Wahrscheinlich war dies Wort Ed von Schlecks halt doch der Höhepunkt des Jahres 1984, ja das Wahrwort des Jahrhunderts.
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Während W. Neuss 1987 mich in einer seiner sehr späten und verdämmernden Kolumnen mit einem deutlich gegen mich gerichteten »Hinschied« abtat (auf die Idee war ich nachweislich vorher auch schon gekommen, kann ja jeder kommen); derweil brachte es G. Zwerenz bereits 1983, nachdem ich ihn zuvor als Gauner, Halunke und Lügner von großer Verwerflichkeit gescholten hatte, uneinsichtig und widerborstig auf den Konter »Herr Hirnscheiß« (Schöne Niederlagen, Assenheim, S. 25).
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Wie ich über meine Leser denke, wurde ich, keineswegs als erster und als einziger Autor, im Laufe der Jahrzehnte und »Lustren« (H. Wollschläger) immer wieder mal von Journalisten oder eben Lesern befragt.
Eine nicht untückische Frage, in meinem Fall führt sie aber nicht partout ins Abseits von Heuchelei und Halblüge. Im Prinzip kann ich a) ein Wort von Witold Gombrowicz adaptieren und unterschreiben: »Manchmal denke ich darüber nach, wie das zugeht, daß die unausgemauserte Studentenschaft sich gar nicht übel Rat schafft über den Inhalt meiner Werke. Während die Fachliteraten lauter Unsinn reden.«
Es gibt aber b) auch unter den Nichtfachleuten dumme Leser. Und wie dumm. Von Beginn an auch innerhalb des hingegebenen, des mir ergebenen Lesepublikums, es
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