Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben
genaugenommen meine Verheiratung mit Regina Angenend am 9. Oktober 1981 fand statt in Bad Homburg sowohl als in Frankfurt sowie in einer gewissen Behutsamkeit, falls das, mit Wodehouse’ Bertie Wooster zu erwägen, das richtige Wort ist – oder war es doch eher Beklommenheit? Benommenheit? Gar Brenzligkeit? Aber nein, Frohsinn vielmehr war es, mit Karl Valentins Peter Hindelang aufzujubeln, und doch – –
Nein, Betüteltheit war es gewiß nicht. Aber – das sattsam bekannte Gefühl einer allg. Verfänglichkeit, oder auch Vergänglichkeit – ja, das könnte es auch gewesen sein, das könnte hinzukommen, das könnte zumindest in hauchzarten Spuren mitgemischt haben und –
Zutrug sich alles jedenfalls so recht seelenvergnügt zugleich in Bad Homburg/Frankfurt und Amberg. Verständlich, daß mein Kind Elfriede, damals bereits neun, nicht vom ersten Augenblick an zu meiner nagelneuen Frau hingezogen sich fühlte. Später wurde es dann aber besser.
1991–2001
L iteratur ist und hat etwas Unvollkommenes. Schreibt man in ein Buch, speziell eine Selbstbiografie, hinein, daß man den ganzen Tag Weiber bügelt, hat es etwas Renommistisches. Schreibt man zerknirscht und voller Kleinmut, daß man mangels williger Weiber den ganzen oder wenigstens halben Tag masturbiert, dann ex negatione: item. Teilt man aber mit, daß man sich den ganzen lieben langen Tag von beidem sauber hält, dann kommt das Naserümpfen deshalb, weil es gelogen ist. Und zudem langweilig.
Musiker – Komponisten, Dirigenten, Geiger – haben’s da immerhin besser. Weil die Hörer interessiert das alles, diese Alternativen, gar nicht. Die Ignoranten, die Banausen.
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»Frau Babylons Nichte«. Ein kleiner Schweinigelroman wurde mir anläßlich einer Lesung in Diepholz nahe Bremen wahrlich in den Schoß gelegt. Es war eine Art Vertreter-Einöd-Hotel am Stadtrand, in das ich einquartiert worden war; die das Zimmer spätabends noch ausführlichst besorgende »Nichte« war blond und bildhübsch, sie legte es offensichtlich darauf an, mich entweder zu gewinnen oder aber zumindest hereinzulegen, indem sie meine eventuelle Begierde kalt abwimmelte – und ihre alte Tante/Hotelieuse hieß wirklich »Frau Babylon«! Das Erfinden eines attraktiven, ja unwiderstehlichen Buchtitels wäre mir also in fast unglaublicher Weise erspart geblieben. Das Leben schreibt wenn schon nicht die besten Geschichten, so doch zuweilen die besten Buchtitel: »Frau Babylons Nichte«.
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Karl Heinz Bohrer wagte es in einem FAZ -Artikel der achtziger Jahre noch nicht, das Wort »fick« ins immer noch arg betuliche Edelblatt, Martin Walsers »Edelmistblatt«, zu heben, wohlgemerkt ins Deutsche übersetzt, englisch ging es aus irgendwelchen trüben Gründen schon länger an. Das Verdienst, den FAZ -Lesern zum ersten Mal das präzise Wort »wichsen« in die verblüfften Augen vordringen zu lassen, das gebührt ein gutes Jahrzehnt später aus Anlaß einer Heinrich-Heine-Hommage inklusive Jugenderinnerungsskizze Robert Gernhardt. Samt vorbildlichem Schuldeingeständnis: »Ich wichste.«
Was mich angeht, so wurde im Gesamtverbund meines »erdteilartigen« (M. Mosebach) Rundumschaffens viel zu wenig gewürdigt, daß ich als fraglos erster am 1.9.1992 dem schönen und farbigen Wort »Stopferl« in der FAZ zum Einstand verholfen hatte; nämlich in einem längst überfälligen Beleidigungsartikel »Spaß mit Suhrkamp«; in dem es primär um den omnilateralen sprachlichen Unflat des damaligen Verlags-Herbstprogramms ging, zum Ausklang aber nebenher auch noch um die Vermutung, daß es sich bei der (neuen?) Verlagsautorinnenperle Godela Unseld um des Verlegers Tante, Nichte – oder gar um sein »Stopferl« handle.
Zum Einzug und – zum Durchbruch verholfen hatte. Denn schon drei Tage später fand sich im Blatt eine »Entgegnung« Siegfried Unselds aus der unverkennbaren Feder seines Verlagsfaktotums Fellinger, in der nicht nur meine Attacken allesamt als Ungeist zurückgewiesen wurden, sondern auch speziell diese meine ganz und gar unstatthafte Vermutung betr. Godela. So daß sich derart das Wort »Stopferl« schon wieder im Blatt fand.
Meinem Gefühl nach zur Freude aller: meiner, der meisten Leser, des Redakteurs Seibt, des Herausgebers Fest, wahrscheinlich Fellingers und mit Sicherheit Unselds. Dem die Eitelkeit, bei Frauen einen Stein im Bett zu haben, ja in Selbstzeugnissen und Legenden noch immer über alles gegangen war. Und ihn deshalb sogar sehr gern mit einem
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