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Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben

Titel: Denkwuerdigkeiten - Aus Meinem Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eckhard Henscheid
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etwas minderen »Stopferl« vorlieb nehmen ließ. Es ging ja auch 1992 mit seinem tollen Verlag wirklich schon stark bergab.
    Seltsam, ein bißchen tut einem das sogar für den seltsamen und dann rechtzeitig vor dem erahnbaren Ende seines speziellen Verlagswesens verstorbenen Idealisten Unseld leid, das sei eingeräumt.
    Sei getrost, Leser, unnachsichtig abrechnerisch geht es weiter.
    *
    Am 17. Juni 1990 fand auf meine Veranlassung hin am nördlichen Hamburger Elbufer aus gg. Anlaß ein kulturpersonell stark besetztes Festchen statt. Peter Rühmkorf war dazu nicht geladen, erschien aber, gerüstet mit einer Wiener Kulturjournalistin, doch; empfand offenbar, daß er, zumal beträchtlich angetrunken, hier fehl am Platze sei und seine Späße nicht recht ankämen. Und rächte sich dafür, indem er ein paar Jahre später, 1995, in seinem tagebuchartigen »Tabu«-Buch über den gesamten Vorgang berichtete. Dies »berichten« allerdings in Gänsefüßchen, denn er, Rühmkorf, brachte es in 23 Zeilen auf 24 Fehler: Falsche Sachangaben, verkehrte Zuweisungen, danebene Deutungen. Zweifellos ein Rekord. Von mir auf diesen aufmerksam gemacht, entschuldigte Rühmkorf sich per Postkarte mit den Worten, die »Poesie« bitte die »Satire« um Nachsicht.
    Aber das gefiel mir erst recht nicht.
    Rühmkorfs damalige Heimat war Hamburg-Oevelgönne, die, wie man einem alten Heimatbuch entnimmt, einstige Niederlassung der Leimsieder. Ein stark Leimsiederisches, Verdrucktes, Bresthaftes war auch dem obschon immer plakativ jazzig-modern auftretenden und als unverbrüchlichen Künstler sich gewaltsam gerierenden Autor oft, nein stets und ständig eigen. So wie seinem erwähnten Tagebuch mit dem schon gar zu zaunpfahlwinkend leidigleimigen Titel. Ob das »Tabu« wohl heißen sollte, man solle in diese verborgene Kammer besser nicht hineinschauen, es stünden nur lauter noch dazu allzeit und unweigerlich pro domo anpreisende Schludereien und Schwurbel und Irrtümer drin?
    *
    Zu Beginn der neunziger Jahre war es, da galt ich als der die deutsche Justiz am häufigsten beschäftigende Autor bzw. Satiriker; bezogen aufs Jahrzehnt, manchen sogar auf die gesamte Nachkriegsliteratur. Das war stark übertrieben. Abgesehen von einem mehr marginalen Anwaltsvorgang, betrieben 1983 vom beleidigten Gerh. Zwerenz, ging es da genaugenommen lediglich um zwei allerdings beträchtliche Gerichtsprozeduren:
    Nämlich von August 1991 bis März 1993 über immerhin vier Instanzen bzw. Verfahrenswege um den geschmähten bzw. immerhin sich gekränkt fühlenden toten Heinrich Böll bzw. als dessen irdischen Stellvertreter seinen eingeborenen Sohn René Böll; der nämlich an einer Kurzkritik, erschienen schon im Frühjahr 1991 in der Literaturzeitschrift »Der Rabe«, spät, aber doch noch Anstoß genommen hatte. Es ging da um meine Wiederlektüre eines der frühen und besonders gräulich danebengeratenen Böll-Romane, »Und sagte kein einziges Wort« (1953) – die Kurzkritik zielte auf eine Erledigung des schon unglaublich dummen Buchs und fast mehr noch der gläubig-inferioren Leserschaft, auf die Böll sich damals und allzeit stützen durfte. Ich darf den Text hier nicht wiederholen, er darf gerichtsbefehlsmäßig allenfalls in einem wissenschaftlichen Zusammenhang wiederzitiert werden – eine der Pointen der Affaire läuft dahin hinaus, daß aus den ursprünglich wohl nur 2500 »Rabe«-Lesern durch Presseveröffentlichungen allerorten und bis hin nach England zumindest vorübergehend wohl 1 bis 2 Millionen Kenntnisnehmer geworden waren; was René Böll und seine Sippschaft ja gerade verhindern hatten wollen: daß die Unfähigkeit des Vaters postum gar zu publik würde.
    Im übrigen handelte es sich durch die drei bzw. vier richterlichen Instanzen, bis zuletzt noch Karlsruhe, um einen Haufen strittiger Probleme, die allesamt mit der wackligen Logik in der Kohabitation von Justiz und Literatur zusammenhängen; z.B. um die offenbar unlösbare Frage, ob man einen (noch dazu toten) Nobelpreisträger besonders scharf-kritisch angehen dürfe, ja müsse; oder aber das schon gleich gar nicht, der Mann ist oder war damals ja noch sakrosankter als der Nicht-Nobelpreisträger Goethe. Ob beide zwar als Tote »wehrlos« waren, ob aber anders als Böll Goethe ja kaum das (Real-)Symbol fürs gute, hitlergereinigte Nachkriegsdeutschland, gar »Gewissen der Nation« (Volksmund) gewesen war; noch auch nur Stifterfigur von Böll-Instituten in Moskau und Prag, beide von

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