Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
Stuhls, so dass sie knackte. »Ich weiß den Nachnamen von Wasti nicht. Und die Kneipe hatte so einen absurden Namen, wenn er mir doch einfiele. Ach ja, Absinth glaube ich. Oder so ähnlich. In der Ludwigstraße.«
»Gut, und wo finden wir den Wasti? Wenn er ein Kumpel von dir ist, müsst ihr euch ja irgendwie erreichen kö nnen.«
»Ich hab seine Handynummer – aber nur auf meinem Handy g espeichert. Und das hab ich ihm an dem Abend verkauft. Ausgerechnet.«
Ein höhnisches Grinsen machte sein Gesicht plötzlich richtig fies. Lene dachte wieder an seine Mutter und ihre sympathische Art. Verdammt, warum liefen manche Ki nder so aus der Spur?
»Vielleicht kannst du uns Wasti noch beschreiben? Denk immer daran, es geht hier um dein Alibi, nicht um unsere Interessen. Wär nicht verkehrt sich das ins Gedäc htnis zu rufen. Also?«
Das Grinsen verschwand. »Also gut, er ist etwas kleiner als ich, trägt immer eine dunkelgrüne, schon ziemlich sch äbige Armeejacke und hat meist fettiges, rotblondes Haar. Nicht lang und nicht kurz. Er ist dünn – kein Wunder bei dem Heroinkonsum! Ha –ha.«
Keiner hatte Lust mit ihm zu lachen. In die Stille hinein sagte Kilian wi eder sachlich werdend: »Er ist oft in in der Ludwigstraße. Die ist so multikulti, da kann er schnell untertauchen. Wenn’s mal eng wird. Is’n cooler Typ.«
»Wir werden ihn finden – hoffe ich für dich. Wir ko mmen wieder.«
Kilian wollte noch aufbegehren: »Und wer ist jetzt …? « Aber Lene und Kalle verließen einfach den Besucherraum.
»Was meinst du?« Kalles Augen zeigten noch nicht die bei ihm übliche Entschlossenheit. Fröstelnd zog er seine Jacke übereinander, die er natürlich wieder einmal nicht geschlossen hatte. Ich sollte ihm mal erklären, wofür Reißverschlüsse in Jacken genäht werden, dachte Lene.
»Ich weiß nicht – irgendetwas fehlt bei ihm.«
»Vielleicht das Motiv? «, schlug Kalle vor.
»So ähnlich. Ach verdammt, ich käme jetzt gern weiter. Was m achen wir nun? Das Wichtigste ist eigentlich, erst einmal Sven zu befragen. Aber das bedeutet auch, ihm eventuell sagen zu müssen, dass seine Großmutter – ganz schön schwer. Der arme Junge.«
Trotzdem wusste sie, dass sie mit ihm reden musste. Wenn nicht heute, dann morgen.
Sie sah auf die Uhr. »Schaffen wir es noch zur Schule während der Unterrichtszeit, wenn wir erst zu Sven gehen? Oder magst du zur Schule gehen und nach Zeugen suchen, die Max zur Zeit des Unfalls oberhalb von Sven gesehen haben? Und bestell doch bitte Steffi und Max aufs Präsidium zur Befragung. Vielleicht morgen früh um zehn? Dann freuen sie sich wenigstens, dass sie aus dem Unterricht wegmüssen.«
Sie reichte ihm die Skizze, die sie vom Aufenthalt der Gruppen während des Unfalls gemacht hatte, so dass Kalle sich an den Namen orientieren kon nte.
»Viel Glück! Und komm mit mindestens einem Zeugen zurück.«
Sie holte Mike ab und fuhr nach Erlangen. Unterwegs erzählte sie ihm von dem Gespräch mit Kilian.
»Wir müssen nachher unbedingt nach der Kneipe und diesem Wasti s uchen. Ich möchte schon wissen, ob Kilian wirklich ein Alibi hat.«
In der Neurochirurgie trafen sie auf den Arzt, der Sven behandelte.
»Wir sind mit den weiteren Fortschritten von Sven sehr zufrieden. Er ist endgültig über den Berg und muss sich nur noch ein paar Tage hier ausruhen. Er hat Glück gehabt.«
Lene sah ihn nachdenklich an. »Glück in Bezug auf den Unfall, ja, aber j emand muss ihm den Tod der Großmutter mitteilen. Ich kann ihn nicht ewig anlügen, das macht alles nur schlimmer für ihn. Und ich brauche Auskünfte von ihm. Die Zeit läuft uns weg.«
Der Arzt nickte. »Dann ist es am besten, Sie machen das. Hat er keine and eren Verwandten, außer dem Herrn aus Kanada? Der ist übrigens auch gerade bei ihm.«
Das war gut, Lene atmete auf. Sie erzählte ihm von der Tante, die ihn im Moment nicht besuchen konnte. »Aber sicher kommt sie in den nächsten T agen.«
Die trockene, nach Krankenhaus riechende Luft bedrückte sie, trotz der freundlichen Farben und der Bilder an den Wänden – es war doch immer ein Haus, in dem Krankheit, Leiden, Angst und Tod energetisch zu fühlen waren. Aber doch auch Hilfe und Gesundwerden, ermah nte sie sich. Sie straffte ihren Rücken, bevor sie klopfte. Mike schloss hinter ihr leise die Tür, lächelte Sven an und schlich sich, spielerisch übertreibend, ans Fenster. Der Junge lächelte. Neben seinem Bett saß Matthew, der sich jetzt erhob um Lene zu
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