Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
mehr ich mich beeilte und anstrengte, desto langsamer schien es vorwärts zu gehen. Wie in einem Albtraum. Inzwischen rief ich über mein Handy meinen Kollegen an. Gottseidank war er oberhalb der Unglücksstelle und konnte so schneller hinunterfahren. Als ich endlich oben ankam, hörte ich ihn schon mit der Bergwacht telefonieren. Er sagte, dass es schlimm aussähe und wir sofort einen Arzt brauchen. Und einen Hubschraubertransport ins Krankenhaus. Endlich sah ich den Jungen. Er lag dort, bewusstlos und mit einer stark blutenden Kopfwunde. Einige unserer Schüler standen um ihn herum. Ich fragte, was geschehen sei. Sven wäre doch ein guter Fahrer. Einer der Schüler sagte, dass es ein Snowboardfahrer gewesen sei, der Sven geschnitten hatte. Er sagte, es hätte wie Absicht ausgesehen.Er war erst hinter Sven, dann hat er ihn im Überholen bewusst angerempelt und dann geschnitten, so knapp, dass Sven sich nach hinten den Hang hinab überschlagen musste. «
»Welcher Ihrer Schüler war das, ich meine der Auge nzeuge?«
»Raffael Springer. Ein ziemlicher Draufgänger im Skifahren - wenn der g eschockt war, und das war er, musste da schon etwas Heftiges gewesen sein. «
»Konnte er den Snowboarder beschreiben? «
»Nein, nur, dass er ganz schwarz angezogen war und eine schwarze Sturmhaube trug. Es ging ja alles so schnell. Raffael ist dann gleich zu Sven und hat mir Daniela runtergeschickt. Dabei hat doch die Sonne geschienen, so kalt war es heute nicht, dass man das Gesicht vermummen musste«, fügte sie hinzu, als sei es ihr erst in diesem Augenblick bewusst geworden.
Aber war Sven wirklich absichtlich umgefahren worden? Das klang zie mlich unwahrscheinlich – außer man bezog das Gesamtbild, also den Mord an der Großmutter mit ein. Dann könnte es ein Anschlag gewesen sein. Nur, warum? Wer hatte Sven etwas tun wollen?
In dem Moment sagte Frau Gellner nachdenklich:
»Es sah irgendwie nach Absicht aus, hat er gesagt. Könnte das sein, was meinen Sie? Wer würde denn so etwas tun?«
»Wirklich merkwürdig, aber wir müssen diesen Aspekt im Kopf behalten. Noch ist es zu früh für Vermutungen. Mal sehen, was die anderen Klasse nkameraden noch gesehen haben. Wo war denn der Skilehrer der Gruppe? Ich gehe davon aus, dass die Schüler einen hatten.«
»Ja, natürlich, den Hansi. Ich weiß auch nicht wieso, aber der war schon unterhalb der Unglücksstelle, sogar noch unterhalb von mir. Er hat die Sch ülerinnen und Schüler unten zusammengehalten und in die Mittelstation gebracht. Und kam dann mit der Gondel herauf zu uns.«
»Wie ging es dann weiter?«
»Die Bergrettung kam mit dem Transportschlitten, und sie haben ihn bis zur Mittelstation gefahren. Dort wartete bereits der Rettungshubschrauber. Als ich unten ankam, hatten sie Sven schon darin verstaut und hoben eben ab. Ich konnte nur noch seinen Namen sagen, und dass ich so bald wie möglich nachkommen würde, sie flogen sofort ab. Dann haben wir die noch fehlenden Schüler abgefangen und zusammen mit den anderen vom Berg gelenkt. Das dauert alles seine Zeit. Wir sind erst vor einer guten halben Stunde im Lindlinghaus angekommen. Ich habe inzwischen in der Klinik angerufen und erfahren, dass Sven im Koma liegt. O Gott, wenn er nur wieder gesund wird! «
Plötzlich drehte die Lehrerin den Kopf zu ihr.
»Was wollten Sie eigentlich von Sven? Er ist doch nicht der Typ, dem die Kriminalpolizei hinterherfährt oder den sie sucht. Wissen Sie etwas, warum das passiert ist? «
»Nein, Sven hat nichts angestellt. Aber - « Lene zögerte kurz, sah aber ein, dass sie die Lehrerin informieren musste. »Seine Großmutter ist gestern g estorben – um genau zu sein, eines gewaltsamen Todes.«
»Um Himmels Willen, was sagen Sie da? Er hat doch nur seine Großmutter. Und wieso gewaltsamen Tod? Hat sie Selbstmord b egangen? Das kann ich mir nicht – oder war es ein Unfall?«
»Sie ist ermordet worden.«
Schreckliche Worte, selbst Lene hörte sie in dem engen Raum wie nachhallen.
»Ich wollte es Sven selbst sagen und ihn mit nach Nürnberg ne hmen. Ich brauche Informationen von ihm. Ich hoffte, dass er uns weiterhelfen könnte. Wann sind Sie am Sonntag aus Nürnberg abgefahren? «
»Wie grausam. Armer Sven. Und jetzt das noch! Wir wollten e igentlich um vierzehn Uhr abfahren. Aber unser Bus hatte einen Motorschaden auf dem Weg zu uns. Es war ziemlich nervenaufreibend, wir sind dann erst um neunzehn Uhr mit einem Ersatzbus abgefahren. Viel zu spät sind wir dadurch
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