Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
gemacht hatte, dies Rammen von Sven, dann hatte er vielleicht ein Interesse daran gehabt, seine Skimaske anschli eßend abzunehmen. Dann verschwand er praktisch unter den anderen Skifahrern. Vielleicht hatte er sie loswerden wollen und einfach liegengelassen ? Sie schrieb sich auf: Zwölfer Fundbüro – Skimaske.
Steffi hieß eigentlich Stefanie. Stefanie Breitner. Siebzehn Jahre. Ein hü bsches Gesicht, das glatte braune Haar streng zurückgekämmt, im Nacken zusammengefasst durch eine Spange. Volle Lippen. In den Ohren hatte sie kleine Perlenhänger.
»Hallo Stefanie. Oder soll ich Steffi sagen wie die and eren?«
Ein Nicken. »Ich habe gehört, dass Sie mit Sven befreu ndet sind. Es tut mir so leid, dass das mit ihm passiert ist. Das muss ja wirklich schlimm sein für Sie.«
»Ja, das ist es auch. Ich wäre vorhin so gern mitgefahren ins Kra nkenhaus, aber Herr Kaufmann meinte, das ginge nicht. Wie geht es ihm?«
Lene schilderte den Zustand von Sven so positiv wie möglich. Das Mädchen hatte für heute genug an Schock e rlebt. Dabei fiel ihr auf, dass niemand von den Schülerinnen und Schülern bisher gefragt hatte, warum die Nürnberger Polizei hierher nach Hinterglemm gekommen war. Bei dem Gedanken an Svens Großmutter sah sie sein Zimmer vor sich – und begriff plötzlich, was schon die ganze Zeit ein Signal in ihrem Hinterkopf ausgelöst hatte. In Svens Zimmer gab es kein Foto, auch nicht von Steffi. Sehr ungewöhnlich bei einer so frischen Liebe von zwei Monaten.
»Wie lange sind Sie schon zusammen, Sven und Sie?«, fragte sie zur Einle itung. Ein strahlendes Lächeln ging über das Gesicht ihrer Gesprächspartnerin. Wie jung sie aussieht – so eine glatte Haut und so hübsch. Die großen Augen waren leicht schräg und hellbraun.
»Am 24.11. waren es zwei Monate. Wir sind so lange in einer Klasse gew esen und nie war was - und plötzlich ist da so viel Gefühl – schon komisch. Es war für uns beide eine Überraschung. Auf dem Schulfest …«
Sie brach plötzlich ab und wirkte verlegen.
»Entschuldigen Sie, ich verfalle ins Plappern. Das ist wohl die Erleichterung, dass es ihm besser geht.«
»Und was sagen Ihre Eltern und Svens Großmutter d azu?«
Ein Schatten glitt über Steffis Gesicht. »Bitte sagen Sie nichts zu meinen E ltern oder zu Svens Großmutter. Das ist nicht so einfach. Die wissen nichts von uns. «
»Warum das denn nicht? War sie früher deine Lehrerin? Ihr müsst euch doch sowieso kennen von der Zeit, als sie noch unterrichtet hat.«
Lene konnte sich keinen Grund vorstellen. Ihr Eindruck von Frau Merthens aus den Befragungen war der einer offenen und so gar nicht spießigen Frau, auch soweit sie das aus ihrer Wohnung als unmittelbarer Umgebung ablesen konnte. Ob es an Steffis Eltern lag?
»Darüber möchte ich nicht sprechen«, kam die Antwort leicht g epresst.
»Und Max? Das ist doch Ihr Bruder. Hat er auch nichts zu Hause erzählt?«, versuchte sie es über einen Umweg.
»Max ist doch auch gegen uns. Ach, ich will wirklich nicht darüber sprechen«, wehrte sie noch einmal ab.
Lene ließ es erst einmal dabei und fragte jetzt nach Steffis Beobac htungen bei dem Unfall. Auch sie berichtete empört, dass der Snowboarder Sven extra ganz brutal umgerissen hatte. »Hast du das denn selbst gesehen?« Ein Zögern, dann färbten sich ihre Wangen rot. »Nein, nicht direkt. Aber ich sah ihn aus den Augenwinkeln. Ich habe ja gerade meine Bindung überprüft und mich gebückt. Da raste er vorbei. Und dann lag Sven da. Unter seinem Kopf ein Blutfleck, der immer größer wurde. Es war ein schrecklicher Anblick!«
In ihren Augen hatten sich Tränen gesammelt und nun schlug sie die Hände vors Gesicht. Sie tat Lene leid. Hoffentlich ging es Sven wirklich bald besser. Jetzt fiel sie doch ins du. Alles andere wirkte hier gekünstelt.
»Sonst hast du nichts gesehen? Vielleicht seinen Körperbau? War er dick oder dünn? Groß oder klein? Was hattest du für einen Ei ndruck?«
»Richtig dünn wirkte er nicht, eher mittel als klein. Aber auch nicht richtig groß. Ich weiß nicht. Was sagt denn Ra ffael?«
»In etwa dasselbe«, beruhigte Lene sie. »Sag mal, du kennst doch Sven am besten. Hat er in der letzten Zeit etwas gesagt, dass er bedroht wurde von j emandem? Oder hast du gemerkt, dass er Angst hatte vor etwas, irgendwie anders war als sonst?«
Während sie sprach bemerkte sie eine spontane Veruns icherung an Steffi. Als ob sie sich an etwas erinnerte. Aber dann ging der Vorhang zu,
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