Denn bittersüß ist der Schnee - Lene Beckers dritter Fall (Lene Becker ermittelt) (German Edition)
des Holzschlags, zum anderen das heimlich an das E-Mail-Fach-Gehen, das heimlich Hinterherfliegen nach Deutschland, vielleicht das heimliche Aufsuchen von Melanie Merthens. Aber dann? Weiter weiß ich im Moment nicht.«
Lene dachte nach, sah auf Mikes Profil und fühlte plötzlich in sich eine Welle des Vertrauens und des Zusamme ngehörens. Vielleicht war es dies Gefühl, das –
»Der springende Punkt ist doch die Liebe ihres Mannes zu dieser anderen Frau. Hatte die Ehefrau immer gespürt, dass es da eine Liebe gab, die er ihr nicht geben konnte? Von Anfang an und gerade am Anfang? Das macht bitter, weil man sich nicht dagegen wehren kann. Denk an Lady Di, das berühmteste Beispiel für so eine Situation. Aber das wichtigste Mordmotiv wäre der E nkelsohn, überhaupt, dass es da einen Sohn gegeben hat. Nur wie sollte sie das erfahren haben, wenn nicht einmal er es wusste? Bis zu diesem Treffen zumindest, das um achtzehn Uhr beendet war, als er ging. Mit seiner Frau hat er danach offensichtlich nicht geredet. Also woher soll sie es gewusst haben? Oder Robert, der Neffe? «
Lene machte sich in Gedanken eine Notiz. Sie mussten morgen unbedingt mit Mrs Shiller und Robert sprechen. Denn – wieso war der überhaupt mitgekommen? Dafür gab es doch überhaupt keinen Grund, soweit sie es beu rteilen konnte.
»Du musst bei der nächsten Abfahrt raus. Aber du hast recht, wie man es dreht und wendet, wir landen immer wieder bei der Frage. Woher kann sie oder er es gewusst haben? Und falls Robert der Sk ifahrer in Schwarz war, der Rambo, woher wusste er, wie Sven aussieht, und wo er sich aufhält? Das klingt doch etwas unwahrscheinlich. Mist, Mist, Mist oder wie unser französischer Kollege Luc sagt, sut. «
Mike schluckte laut und vernehmlich. Er mochte es gar nicht, wenn sie von Luc Renaud sprach. Er war schlicht und ergreifend e ifersüchtig gewesen, als er ihn im Sommer in Frankreich kennengelernt hatte. Fand ihn viel zu nett und charmant , wie er immer wieder spöttisch auf Französisch betonte. Aber immerhin hatten Lene und Luc Renaud den Fall vor seiner, Mikes, Ankunft gelöst. Das musste man ihm wohl anrechnen.
Kurz vor dem Frauenhaus hielten sie vor einem Café, das sie bei ihrem letzten Besuch entdeckt hatten. Hier bat sie Mike zu warten, da er ja wieder nicht mit ins Frauenhaus hineinkonnte. Sie hoffte, dass es nicht zu lange dauern wü rde.
»Warte«, sagte er und zog sie an sich.
Mit dem Geschmack seiner Lippen auf ihren betrat sie kurze Zeit später die ihr jetzt schon vertraute Wohnung. Rike kam gleich, nachdem sie gerufen worden war und brachte diesmal ihre beiden Töchter mit. Lene empfand das als Vertrauensbeweis. Andrea wirkte für ihr Alter noch sehr zart und mehr Kind als Teenager, Inga hingegen war kräftig und von direkter Offenheit. Neugierig sah sie die Kommissarin an. Lene lächelte ihnen beiden entgegen.
»Ihr wisst sicher, dass ich den Tod von eurer Großmutter unters uche. Darf ich euch etwas fragen?«
Beide nickten, wobei Andrea scheu auf den Laminatboden sah, der im Lichtkegel der Stehlampe glän zte.
»Mich interessiert alles, was am letzten Sonntag passiert ist. Wie war es da bei euch? Erzählt mal, was ihr nach dem Aufstehen den ganzen Tag gemacht habt.«
Sie nahm ihr Notizbuch heraus und tat so, als wolle sie sich Notizen machen. Damit die Mädchen ein Gefühl für die Wichtigkeit ihrer Aussage bekamen.
»Wir sind nach dem Frühstück in die Kirche gegangen und danach zu u nserer Freundin Verena. Da haben wir auch zu Mittag gegessen - es gab Rouladen und Klöße und Crème brulée zum Nachtisch, extra für uns, weil wir das so gern mögen. Dann haben wir in Verenas Zimmer gespielt, und um vier hat Mama angerufen, dass wir nach draußen kommen sollen zum Auto. Sie hat uns abgeholt.«
Plötzlich wurde Inga ganz still, was durch den vorher sehr schnell geplapperten Wortschwall besonders auffiel. Andrea sah ihre Schwe ster ernst an, strich sich das braune Haar aus dem Gesicht und wandte sich dann Lene zu.
»Wir haben erst da gesehen, was mit Mamas Gesicht passiert war. Es war schrecklich.«
Andreas Augen füllten sich plötzlich mit Tränen, während Inga starr dastand.
»Ihr habt euch sicher erschrocken. Hat sie euch gesagt, wie es pa ssiert ist?«
Andrea nahm das Taschentuch ihrer Mutter entgegen, putzte sich die Nase und rieb damit kurz über die Augen.
»Erst nicht. Als wir sie fragten und sie unser Entsetzen sah, fing sie auch an zu weinen. Sie hat nur versucht erst einmal
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