Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Denn das Glueck ist eine Reise

Denn das Glueck ist eine Reise

Titel: Denn das Glueck ist eine Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Vermalle
Vom Netzwerk:
belegte die Pizza nicht, sondern er stapelte den größten Teil der in dem Pizzawagen vorhandenen Beläge geradezu auf der armen Pizza, die unter dem Gewicht zusammenbrach. Sie musste in einen zusätzlichen Karton gepackt werden, da alles überquoll. Der Pizzabäcker würde die beiden Großväter so schnell nicht wieder vergessen. Georges und Charles hingegen schlemmten ungeniert.
    Ehe Georges sich ins Bett legte, schickte er Adèle noch eine letzte SMS.
    Snd in Plumelec, Hochbrg der Chuaneri, Pizza zum Abendessn. LG von Charl u von mir. Gute N8, AdL.
    (Wir sind in Plumelec, Hochburg der Chouannerie. Pizza zum Abendessen. Liebe Grüße von Charles und von mir. Gute Nacht, Adèle.)
    Charles hatte sich das sonnenblumengelbe Kissen in den Rücken gestopft und es sich bequem gemacht. Er war mit einem Bleistift bewaffnet, den er mit dem Opinel angespitzt hatte, und konzentrierte sich auf sein Sudoku-Urlaubs-Spezial . Georges beeindruckte das stark, denn er war so müde, dass er nicht mehr die Kraft hatte, ein paar Seiten zu lesen. Sie sprachen über Gott und die Welt, und als das Licht gelöscht war, quatschten sie im Dunkeln weiter, wie die kleinen Jungen, die sie in den Schlafsälen der Internate einst gewesen waren, und sanken dann in einen tiefen Schlaf.
    Weder Charles noch Georges wachten auf, als das Telefon wenige Minuten vor 23.00 Uhr eine kurze Melodie spielte, die ankündigte, dass er eine SMS erhalten hatte. Diese SMS war nicht von Adèle.

    Es war 21.00 Uhr, als Adèles anstrengender Arbeitstag, der um 6.00 Uhr morgens begonnen hatte, zu Ende ging. Sie war nicht dazu gekommen, auf die letzten SMS ihres Großvaters zu antworten, denn sie hatte eine furchtbar schlechte Nachricht erhalten. Diese drückte die Stimmung des Filmteams nieder und stellte die gesamte Organisation der Dreharbeiten auf den Kopf. Der Agent von Irving Ferns hatte heute am Spätnachmittag den Produzenten angerufen: Irving Ferns war tot. Der Schauspieler, der Aristide Leonides, den ermordeten Großvater, gespielt hatte, war in der vergangenen Nacht im Alter von einundachtzig Jahren gestorben. Die für die Produktion Verantwortlichen rauften sich die Haare. Die Anfangsszene war zwar bereits mit ihm abgedreht worden, aber er tauchte noch einmal in einer Rückblende auf, die in der nächsten Woche gedreht werden sollte. Jetzt mussten sie nicht nur einen Ersatz für die noch fehlenden Szenen finden, sondern auch die bereits gefilmten Szenen neu drehen. Für die Produktionsleiterin war das eine Katastrophe: Es war kein Geld mehr da, die Bühnendekoration musste überprüft, Kostüme neu maßgeschneidert, der Schnurrbart aufgearbeitet werden und so weiter und so weiter ... Für Adèle und auch einen Großteil des Teams bedeutete dies ein paar zusätzliche Drehtage. Und dabei hatte sie sich vorgenommen, es an ihrem Geburtstag einmal entspannt angehen zu lassen ... Das konnte sie jetzt vergessen! Aber allen Dingen voran stimmte sie der Tod des Schauspielers unendlich traurig.
    Sie war die Letzte, die ihre Sachen in dem krummen Haus einsammelte. Wenn sich hier niemand mehr aufhielt, war es ein wenig unheimlich in dem Haus voller dunklem Holz und mit seinen knarrenden Holzfußböden. Sie musste die Eingangstür abschließen und den Schlüssel ein paar Häuser weiter beim Wachmann abgeben. Die ganze Zeit musste sie an Irving Ferns denken. Sollte sie Blumen zur Beerdigung schicken? Trotz seines nur zweitätigen Auftritts bei den Dreharbeiten schockierte sie sein Tod. Adèle hatte seine Einsamkeit gespürt und auch seinen Wunsch, mit ihr zu reden, sich mitzuteilen. Aber darauf hatte sie keine Lust gehabt. Letztendlich war er aber der Grund für diesen ersten Anruf bei ihrem Großvater seit vielen Jahren gewesen. Im Gegensatz zu dem, was ihr Großvater vielleicht glauben mochte, hatte ihre Mutter sie um nichts gebeten. Aber Irving Ferns – er schon.
    Adèle schaute auf ihr Handy. Sie hatte so viele SMS von ihrem Großvater erhalten! Mindestens fünf pro Tag. Er erzählte ihr von seiner Reise, den Dörfern, die sie durchquerten, und von der Landschaft, die sie sahen. Er schickte ihr viel mehr Nachrichten, als sie verlangt hatte: Es war ein richtiger Reisebericht. Sie las seine SMS wie die Aufzeichnungen eines Forschers in einem fernen Land. Dank ihres Großvaters brach sie ein wenig aus ihrem Alltag aus.
    Doch der Tod von Irving Ferns zeigte ihr, was diese kurzen täglichen Nachrichten wirklich waren. Sie waren kein Reisebericht, den der Autor nur zum

Weitere Kostenlose Bücher