Denn das Glueck ist eine Reise
Buch morgen zu kaufen. Er war voller Vorfreude, so wie damals in seiner Jugend.
Freitag, 3. Oktober
Mûr-de-Bretagne – Saint-Brieuc
(Côtes-d’Armor)
....................
Als Georges aufwachte, war Charles schon aufgestanden und fast vollständig angezogen. Es war noch keine acht Uhr. Georges fragte ihn, was er vorhatte.
»Ich würde gerne auf den Markt gehen. Gestern habe ich mit der Besitzerin des Hotels gesprochen. Hier in dem Dorf gibt es einen kleinen Markt mit regionalen Spezialitäten. Cidre aus eigener Produktion, Gänseleberpastete, Ziegenkäse, alles, was das Herz begehrt. Offenbar kann man den Markt nicht verfehlen. Möchtest du lieber noch im Bett liegen bleiben, oder kommst du mit ...?«
»Nein, nein, geh du nur auf den Markt. Ich habe wahnsinnige Rückenschmerzen. Die Matratze ist zu weich.«
In Wahrheit war das Bett gut, und Georges quälten zum Glück keine Schmerzen. Aber er wollte noch ein wenig dösen. Diese Tour war furchtbar anstrengend. Heute Vormittag würde er einmal richtig faulenzen.
Doch er hatte die Rechnung ohne Charles’ offenbar unerschöpfliche Energie gemacht. Kaum war dieser vom Markt zurückgekehrt, wollte er sich schon wieder in den Sattel schwingen, um den Staudamm bei Guerlédan zu besichtigen, der ganz in der Nähe war. Georges, der sein Frühstück soeben erst beendet hatte, spazierte lustlos mit ihm dorthin, doch die schöne Landschaft, die im Licht der Herbstsonne golden schimmerte, verlieh ihm neue Energie. Diese Täler und die steilen, bewaldeten Hänge, die von Wanderwegen durchzogen waren, erinnerten an die Schweiz. Durch den Staudamm war mitten im Wald ein malerischer See entstanden. Charles und Georges picknickten wie die Könige im Schatten der Ruinen der Abtei Bon-Repos. Und Georges, den die wunderschöne Umgebung wieder einmal inspirierte, schickte Adèle eine lange SMS.
Am Nachmittag folgten sie der Route der Tour de France – Corlay mit den hübschen, alten Häusern; Chatelaudren am Ufer des Leff; Plérin mit seinen Stränden und kleinen Sandbuchten zu Füßen der Felsklippen. Vor Anbruch des Abends erreichten sie das Hôtel Regina in Saint-Brieuc.
Als sie an der Bucht entlangspazierten, schrieb Georges an Adèle:
Bucht von Saint-Brieu: wundrschönr Strand, Naturschutzgebit, herrliche Gegnd, atmberaubnde Felsklippn. Kl Häfen zwischn dn Felsn. Saint-Brieu, vile kl Gassen vollr Charm, alte Häusr, schöne Geschäfte. Mismuschln zum Abendessn. Vergiss nicht hirherzukommn, wenn du in di Brtgn fährst. Mo kauf ich mir das Buch von AC, um Ende des Films zu erfahrn. Kuss.
(Bucht von Saint-Brieuc: wunderschöner Strand, Naturschutzgebiet, herrliche Gegend, atemberaubende Felsklippen. Kleine Häfen zwischen den Felsen. Saint-Brieuc, viele kleine Gassen voller Charme, alte Häuser, schöne Geschäfte. Miesmuscheln zum Abendessen. Vergiss nicht hierherzukommen, wenn du in die Bretagne fährst. Morgen kaufe ich mir das Buch von Agatha Christie, um das Ende des Films zu erfahren. Kuss.)
Adèle antwortete:
Ende des Films leicht zu erratn. Schreib mir, was du von dm Buch hältst. Finde, nicht das Bste von AC. 10 kl Negerlein gefällt mir bessr.
(Ende des Films leicht zu erraten. Schreib mir, was du von dem Buch hältst. Ich finde, nicht das Beste von AC. Zehn kleine Negerlein gefällt mir besser.)
Als es Abend wurde, konnte Georges nicht umhin, ihr zu antworten:
Bevorzuge Klassikr: Mord im Orientexpress. Kann kaum erwartn, das krumme Haus zu lesn. Saint-Brieu, trists Hotl, nur lärmende Amerikanr. Gute N8.
(Bevorzuge Klassiker: Mord im Orientexpress. Kann es kaum erwarten, das krumme Haus zu lesen. Saint-Brieuc, tristes Hotel, nur lärmende Amerikaner. Gute Nacht.)
Samstag, 4. Oktober
Saint-Brieuc (Côtes-d’Armor) – Saint-Malo (Ille-et-Vilaine)
....................
Am nächsten Morgen war Georges verdammt schlecht gelaunt. Zuerst beklagte er sich über sein Zimmer und dann über den Speisesaal, den er zu kalt, zu groß und zu still fand. Georges erinnerte sich an die Zeit, als sie sich noch oft alle versammelt und im Kreise der Familie mit Arlette, Françoise, ihrem Mann und der kleinen Adèle gefrühstückt hatten. Es duftete nach Toastbrot und Kaffee, und sie sprachen sehr laut. Doch selbst wenn er heutzutage alleine zu Hause war, wurde das Frühstück von zahlreichen Geräuschen begleitet: das Gluckern der Kaffeemaschine, das Knistern im Ofen, die Nachrichten im Radio, das Toastbrot, das aus dem Toaster sprang. Hier flüsterten alle, und
Weitere Kostenlose Bücher