Denn dein ist die Schuld
dich. Sag mir deine Nummer. Und zwar ganz langsam, immer eine Zahl nach der anderen.«
Das machte Sandra Leoni, und ohne das Handy aus der Tasche ihres Jäckchens aus Biberfellimitat zu ziehen, gab Susie die Nummer blind ein. Dann drückte sie auf den Wählknopf, und die Ispettrice spürte, wie ihr Mobiltelefon in der Innentasche ihrer Jacke vibrierte.
»O. k., es klingelt«, bestätigte sie, brach die Verbindung ab und entfernte sich dann von Susie. »Jetzt haben wir die Nummern getauscht.«
»Du wartest«, sagte Susie auf Russisch, ehe sie auf das Auto zuging, das vor ihnen angehalten hatte. »Ich weiß nicht, wann, aber ich rufe dich an. Und jetzt schreib dir das Nummernschild auf, bitte.«
KAPITEL 67
Polizeipräsidium von Mailand
Mobiles Einsatzkommando
3. Abteilung Verbrechensbekämpfung
Mailand, 28. Februar 2007
Betreff: GEHEIM
An den Leiter des Mobilen Einsatzkommandos
Dott. Enzo ARDAZZONE
im Haus
Hiermit informieren wir Sie, dass am heutigen Tag die Verfasserin dieses Schreibens bei einem langen Telefongespräch Kenntnis über einige Details erlangt hat, die von großem Interesse sind hinsichtlich der komplexen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft der Republik am Strafgericht Mailand bezüglich des Verschwindens der Minderjährigen Ivan und Martina Della Seta, Alter 11 und 6 Jahre, und der Entführung von Giovanni Simonella, Alter 6 Monate, die am 6. bzw. 7. Februar diesen Jahres vermutlich mittels Täuschung den jeweiligen Familien entrissen wurden.
Dieses Telefongespräch (eine Sony-Minikassette, mit der vollständigen Aufnahme, ist beigefügt) fand am heutigen Tag gegen 22 Uhr zwischen der Verfasserin dieses Berichts und Signora Lijuba Ivanova (Straßenname Susie), Alter 35, moldawische Staatsbürgerin, Beruf nach eigenen Angaben Prostituierte, statt.
Wie in den Akten dieser Ermittlung festgehalten, hatte die Verfasserin dieses Berichts Kontakt zu der obengenannten Lijuba Ivanova (Susie) anlässlich eines Undercover-Einsatzes, der ordnungsgemäß von den ermittelnden Staatsanwälten Dott. Carlo Maria Salvini und Dott.ssa Laura Scauri, stellvertretende Staatsanwälte von Mailand, wie auch von Ihnen selbst in Ihrer Eigenschaft als Leiter des Mobilen Einsatzkommandos von Mailand auf Antrag von Ispettore Capo Dott. Vincenzo Marino, Abteilung Verbrechensbekämpfung bzw. Mordkommission, genehmigt wurde.
Nachdem sie das Vertrauen von Lijuba Ivanova gewinnen konnte, hat die Verfasserin dieses Berichts vertrauliche Informationen von ihr erhalten, obwohl sie ihr ihren Status als Undercover-Agentin im Einsatz enthüllt hatte.
Folgend nun die gewonnenen Informationen.
Lijuba Ivanova (Susie), verheiratet, ein minderjähriger Sohn, der zurzeit bei den Schwiegereltern Yurij Ivanov und Nathalia Ivanova lebt, wohnhaft in Chisinau, Republik Moldawien, behauptet, legal mit einem Touristenvisum am 9. August 2001 nach Italien eingereist zu sein.
Für die Reise, die mittels Direktflug Moskau-Rimini stattfand, wie auch für den Aufenthalt in Italien und eventuelle Arbeitskontakte, hatte sie sich der »Touristik-Agentur Novintour s.a.s.« mit Geschäftssitz in Bari und Tochterunternehmen in verschiedenen osteuropäischen Ländern, darunter Moldawien, Ukraine, Russland, anvertraut, die sich nach Angaben von Landsleuten auch als Vermittlungsagentur für Kindermädchen, Haushaltshilfen und Babysitter in Italien und anderen EU-Staaten betätigen soll.
Lijuba Ivanova behauptet, bei ihrer Ankunft in Rimini am Flughafen von zwei Personen abgeholt worden zu sein: einem Mann und einer Frau, die nach ihren Angaben Italiener waren (aber darüber ist sich die Aussagende nicht sicher, da sie, zumindest damals, über keine ausreichenden Sprachkenntnisse in Italienisch verfügte), die sich als »Vermittler« der Agentur Novintour ausgaben und sich von ihr den Reisepass aushändigen ließen.
Ivanova ist sich sicher, nie den richtigen Namen dieser Personen erfahren zu haben, nur die Spitznamen »Ian« und »Nadia«, doch sie gibt an, diese Personen anhand von Fotos in der Kartei identifizieren zu können.
Nachdem Lijuba Ivanova zunächst per Auto nach Florenz, dann nach Neapel und Bari und schließlich nach Mailand verbracht wurde, hatte sie nach eigenen Angaben folgende Möglichkeiten:
1) illegal in Italien zu leben und sich zu prostituieren, um so möglichst schnell die sogenannten »Vermittler« bezahlen zu können, die ohne ihr Wissen ihre Schulden bei der Novintour übernommen hatten,
2) in einem
Weitere Kostenlose Bücher