Denn dein ist die Schuld
immer wieder. »Man muss sich nicht wundern, wenn diese Gespräche kaum etwas bis gar nichts ergeben. Und vor allem bedeutet es nicht, dass er so unschuldig wie die Madonna von Pompeji ist. Dieser Mann ist ein Profi. Er weiß ganz sicher, was er verschweigen muss. Wir haben nur einen Satz von ihm, und auch der ist mehrdeutig. Wie auch immer, im Moment ist er ganz gut dort aufgehoben, wo er sich gerade befindet, also im Gefängnis. Das heißt natürlich, sollte er sich wirklich als unschuldig erweisen, werden wir uns vielmals bei ihm entschuldigen. Eigentlich ist das Leben seines Sohnes in Gefahr, und es scheint ihn nicht sehr zu bekümmern.«
»Ich stimme mit Ihnen überein, Ispettore. Aber wir müssen uns beeilen, denn man wird ihn nicht mehr lange festhalten können. Die Verdachtsmomente aus den Überwachungen geben das nicht her. Sobald festgestellt wurde, dass weder die Gefahr der Verschleierung von Beweisen noch Fluchtgefahr besteht …«
»Ich beantrage einen weiteren Durchsuchungsbefehl für die Wohnung der Simonellas, und dieses Mal unter Einsatz der Spurensicherung …«
»Suchen Sie etwas Bestimmtes, Ispettore?«
»Ja. Ich bin davon überzeugt, dass sich in dieser Wohnung etwas befindet, das die Simonellas mit der Organisation in Verbindung bringt, die ihren Sohn entführen ließ. Weiterhin bin ich davon überzeugt, dass der Ingegnere Dinge weiß, die er nicht preisgeben möchte. Man muss nur intensiv genug suchen, dann wird man schon irgendetwas finden …«
»Einverstanden. Sie bekommen Ihren Durchsuchungsbefehl.« Dottoressa Scauri sah auf ihre Uhr. »Tenente Colonnello Sereni, wie gehen die Ermittlungen bei den Minderjährigen Della Seta voran? Ich habe schon zweimal diesen Pfarrer, Don Mario Speroli, vernommen, der sich selbst bezichtigt hat, aber er erscheint mir in keiner Weise glaubwürdig.«
»Dottoressa, ich habe Ihnen den Autopsiebericht zukommen lassen. Jetzt warten wir noch auf das Ergebnis des DNA-Tests, denn eine Identifizierung durch die Mutter kam aufgrund der Umstände, unter denen die Leiche gefunden wurde, nicht infrage. Der Mann ist nicht glaubwürdig. Es gibt Lücken, Widersprüche! Ich frage mich, warum …«
»Ich dagegen frage mich, wer …« Ispettore Capo Marino hatte sich nicht zurückhalten können.
»Wie bitte?«, fragte ihn der Carabiniere kühl.
»Ich frage mich, wer ihn davon überzeugt hat, eine so schwere und unsägliche Schuld einzugestehen«, erklärte er. »Der Grund ist eigentlich ziemlich offensichtlich: Er ist bedroht worden.«
»Meine Herrschaften, ich denke, im Moment gibt es dem nichts mehr hinzuzufügen.« Der stellvertretende Polizeipräsident schaute in die Runde, um zu sehen, ob sich niemand mehr per Handzeichen zu Wort meldete. »Ich würde sagen, dass wir dieses Treffen … sagen wir, übermorgen fortsetzen. Vorausgesetzt, es gibt keine bedeutenden Neuigkeiten. Gute Arbeit Ihnen allen und …«
»Eines noch!« Sandra Leoni hob ihre linke Hand nur ein wenig.
»Ja?« Dottor Martinelli warf ihr einen ziemlich unfreundlichen Blick zu. Er mochte es überhaupt nicht, wenn er mitten im Satz unterbrochen wurde. Schon gar nicht von einer einfachen Ispettrice.
»Vielleicht ist es ja nicht wichtig, aber als ich mit der Ivanova gesprochen habe, hatte ich das Gefühl, dass sie und die Eminescu keine Freundinnen waren. Ja, dass sie diese eher verachtete …«
»Ist das wichtig?« Dottor Martinelli reagierte gereizt. Vincenzo Marino fragte sich, warum eigentlich all diese Briefings, diese Gipfeltreffen stattfanden, wenn dann doch jeder bei seinen eigenen Überzeugungen blieb und alles dafür tat, einen echten Informationsaustausch zu verhindern. Er schob seine Papiere zusammen und stand auf, während er sie alle stumm zum Teufel schickte.
»Sicher ist das wichtig. Denn hinter Antipathie können sich Fakten, irgendwelche Begebenheiten verbergen. Ganz zu schweigen davon, dass man sich bei einem Verhör darauf stützen kann …«
»Gut, Ispettrice Leoni. Wir vertrauen Ihnen. Verhören Sie sie, und berichten Sie uns. Meine Herrschaften, einen schönen Tag noch.«
»Arschloch!« Sandra Leoni meinte, dass sie dieses Wort nur gedacht hatte, aber Marino berührte sie leicht am Arm.
»Okay, Kollegin. Gehen wir lieber in mein Büro und reden wir etwas«, flüsterte er ihr lächelnd zu. Die Ispettrice verließ mit ihm den Raum, ohne sein Lächeln zu erwidern.
KAPITEL 69
Montag, 5. März, 15:00 Uhr
Wie vorherzusehen war, stimmte der Ermittlungsrichter dem von
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