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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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ihm in zwei Operationen das große endokraniale Hämatom entfernt hatte, blieb sein Zustand kritisch.
    Es war gut möglich, dass er nie mehr aus dem Koma erwachte.
    Er lag im sechsten Stock in der neurochirurgischen Abteilung des Mailänder Krankenhauses San Paolo und wurde durch einen Schlauch in der Luftröhre künstlich beatmet, während in einem kleinen Raum zwei Monitore monoton vor sich hin piepten, im gleichen Rhythmus wie die Leuchtpunkte, die von einer Seite des Bildschirms auf die andere wanderten und dabei Herzschlag und Hirnaktivität registrierten.
    Vor seinem Zimmer am Ende des Korridors in einem Bereich, der für Patienten aus dem Gefängnis oder Kranke, die aus anderen Gründen ständig überwacht werden mussten, reserviert war, überprüften zwei Polizeibeamte jeden, der hinein- oder hinausging, sie ließen sich sogar von den Ärzten und Krankenschwestern den Dienstausweis zeigen.
    Leonardos Mutter saß neben dem Bett auf einem ziemlich unbequemen Stuhl, den Rosenkranz fest in beiden Händen. Eine blasse und traurige kleine Frau. Sie trug einen rosafarbenen kurzen Pullover zu einem braunen Rock, hatte einen billigen Schal um den Hals geschlungen, neben ihr auf dem Boden stand eine Handtasche aus Kunstleder. Ihre Kleidung, die sie mit Würde trug, wirkte ärmlich, aber sauber.
    Sie war am Morgen gekommen, noch bevor die Tagesschicht der Krankenschwestern begann, und dann den ganzen Tag geblieben. Ohne Rücksicht auf Hunger, Durst oder Müdigkeit.
    Um neun Uhr abends kam Don Mario in Begleitung von zwei Polizeibeamten. Die Frau warf ihm einen Blick zu, presste die Lippen zusammen und verließ dann schweigend das Zimmer.
    »Leo!«
    Der Priester beugte sich leicht über den blassen Körper, der nun kleiner wirkte. Er streckte eine Hand aus, um ihm über das Gesicht zu streichen, doch ein Beamter hinderte ihn daran.
    »Pater, Sie dürfen ihn nicht berühren.«
    »Ach so. Ich würde mich gern neben ihn setzen und etwas zu ihm sagen. Ist das möglich?«
    »Zehn Minuten«, der Beamte sah auf seine Uhr. »Um Viertel nach neun müssen wir wieder draußen sein. Und verzeihen Sie, aber wir haben den Befehl, Sie nicht eine Minute mit dem Kranken allein zu lassen.«
    »Ich verstehe. Das reicht mir schon.«
    Don Mario ließ sich schwerfällig auf den Stuhl sinken, den Leonardos Mutter freigegeben hatte. Er beugte sich leicht mit dem Oberkörper nach vorne und achtete darauf, dass er nicht einmal mit den Händen an das Bettlaken kam.
    »Leo, ich weiß nicht, ob du mich hören kannst«, flüsterte er. »Ich bin hier, um dir zu danken. Gestern habe ich Tea und Meo wiederbekommen. Vielen Dank, dass du dich um sie gekümmert hast. Sie waren sehr wütend auf dich, weißt du das? Böser Junge! Lässt dich einfach niederschlagen, ohne ihnen vorher die Futternäpfe zu füllen. Diese zwei gierigen Viecher kennen einfach keine Dankbarkeit, und ich weiß nicht, ob sie dir das jemals verzeihen werden. Dabei habe ich keine Ahnung, was aus ihnen geworden wäre, wenn du nicht gewesen wärst. Du weißt ja, Elvira kann sie nicht ausstehen.«
    Don Mario verstummte kurz. Er schwitzte stark und musste sich das Gesicht mit einem Taschentuch abwischen. Die beiden Beamten, die regungslos hinter ihm standen, sahen einander an. Dieser Priester musste verrückt sein. Er erzählte einem Sterbenden etwas von seinen Katzen!
    »Leo, die Ärzte sagen, dass du von einem Augenblick zum anderen wieder zu dir kommen kannst. Vielleicht kämpfst du ja im Moment darum, wieder aus der Bewusstlosigkeit aufzutauchen. Ich bin gekommen, um dir ein Versprechen zu geben. Ich habe auch mit Don Andrea gesprochen, der wahrscheinlich vorübergehend meinen Posten übernehmen wird, bis ein neuer Gemeindepfarrer ernannt wird. Er ist ebenfalls einverstanden. Die Orgel unserer Pfarrkirche wird so lange stumm bleiben, bis du zurückkehrst, um darauf zu spielen. Das verspreche ich dir, Leo! Deine Hände werden bald wieder über ihre Tasten gleiten. Deine Transkriptionen, dein Talent …«
    Die Stimme des alten Priesters zitterte. Don Mario schwieg und presste eine Hand an die Brust, massierte sie leicht, atmete ein paarmal tief durch, dann fuhr er fort:
    »Wir können es kaum erwarten, dass du wiederkommst … Leo, alle warten schon auf dich. Auch die Kinder im Chor … Die Kinder …«
    Hier konnte Don Mario nicht weitersprechen. Dieser arme Junge, der arme Ivan. Er war nicht mehr …
    Er musste sich mit dem Taschentuch das Gesicht abwischen, bevor er fortfahren

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