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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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Andrea anvertraut hatte.
    Andrea! Er kannte diesen jungen Mann schon so lange, seit er selbst Hilfsgeistlicher des alten Gemeindepfarrers gewesen war. Er hatte ihm noch geholfen, die Unterlagen zusammenzustellen, damit er am Seminar aufgenommen wurde.
    Nein, nein, das kam nicht infrage!
    Trotzdem musste er ihn fragen, ob er die Schlüssel nicht irgendwo verloren hatte, weil jemand sie ohne sein Wissen an sich genommen haben musste.
     

KAPITEL 95
    Mittwoch, 14. März, 20:00 Uhr
    Keine Chance: Don Andrea antwortete nicht. Das Telefon in seiner Wohnung klingelte, aber niemand meldete sich, und sein Handy war abgeschaltet. Don Mario machte sich immer mehr Sorgen und versuchte es alle zehn Minuten auf beiden Nummern.
    Wo mochte der Junge bloß stecken!
    Sein Hilfspfarrer war fast vierzig Jahre alt, aber für Don Mario, der ihn als ganz jungen Kerl kennen gelernt hatte, als er noch als Verteidiger in der Fußballmannschaft des alten Jugendzentrums spielte, bevor er dann aufs Seminar ging, war er immer noch ein Junge.
    Nein, er konnte doch nicht Andrea verdächtigen. Da konnte er sich eher noch vorstellen, dass Pulitanò mit schmutzigen Schuhen durch die Kirche lief, anstatt sie zu putzen.
    Über all seinen Sorgen war es spät geworden. Don Mario hatte keinen Appetit aufs Abendessen und fühlte sich nicht wohl. Aber die beiden Katzen brauchten ihr Futter. Schon seit einer Weile strichen diese beiden um ihn herum und rieben sich an seinen Beinen. Er sollte sich besser in Bewegung setzen, sonst würden sie ihm noch die Knöchel zerkratzen.
    Ehe er sich von seinem Schreibtischsessel erhob, um in die Küche zu gehen, beugte er sich hinunter, um ihnen über den Rücken zu streicheln.
    »Ist ja schon gut. Ganz brav. Gleich gibt es was zu fressen.«
    Im selben Moment klingelte es an der Eingangstür.
    Don Mario zuckte zusammen.
    Er stand mühsam auf und ging zur Tür, um durch den Spion nach draußen zu sehen. Beruhigt schloss er auf.
    »Moment bitte«, sagte er, während er auch die Sicherungskette fortnahm. »Ich mach schon auf …«
    Im grellen Neonlicht der Treppenbeleuchtung wirkte Don Andrea totenblass.
    Don Mario betrachtete ihn, als sähe er ihn zum ersten Mal: Er war groß und schlank, hatte eine deutliche Stirnglatze. Und obwohl er immer Jeans, T-Shirt und Jacke trug, sah er deutlich älter aus als achtunddreißig. In diesem Moment hatte er auch dicke Augenringe, und sein von Natur aus schmaler Mund schien sich zu einem dünnen Strich zusammengezogen zu haben.
    Don Andrea musste sehr beunruhigt sein, wenn er sich nicht einmal rasierte.
    »Andrea! Ich wollte gerade mit dir reden. Komm rein, setz dich hin. Hast du schon gegessen?«
    Don Andrea lebte in einer kleinen Wohnung in dem Gebäude, wo auch der Pausenraum des Gemeindezentrums untergebracht war, gemeinsam mit seiner Mutter, einer Witwe, die sich darüber freute, für ihren Sohn, der Priester war, sorgen zu dürfen. Sie war so stolz auf ihn, dass sie immer ein wenig zu wachsen schien, wenn sie von ihm sprach.
    »Nein, Don Mario, ich habe noch nicht gegessen. Heute Abend ist …« Der Kurator fuhr sich mit der Hand durch die Haare. »Haben Sie zufällig meine Mutter gesehen?«
    Der Pfarrer schaute in sein besorgtes Gesicht auf und erstarrte.
    »Nein, ich verlasse in letzter Zeit nicht meine Wohnung, das weißt du doch. Außerdem ging es mir heute nicht gut. Vielleicht war sie heute Morgen in der Kirche, in der Messe um sieben. Ich habe nicht darauf geachtet. Warum? Was ist passiert?«
    »Sie ist verschwunden!« Der Hilfsgeistliche musste mit den Tränen kämpfen und schluchzte beim Sprechen.
    »Sie ist schon seit dem Morgen verschwunden. Seit ich zu den Pfadfindern gefahren bin … Sie wissen schon, das Sommerzeltlager … Das war so gegen neun Uhr, und sie hat gerade gelüftet. Als ich um halb eins zurückkam, standen die Fenster immer noch sperrangelweit offen, die Betten waren noch nicht gemacht, überall lagen Putzlappen … Und … Ach nichts: Sie war eben nicht da. Sie ist nicht einmal zum Mittagessen gekommen. Und hat auch keine Nachricht hinterlassen!«
    Don Mario spürte, wie ihm innerlich kalt wurde.
    Don Andreas Mutter war die Pünktlichkeit - und die Ordnung - in Person. Es kannte sie, seit Andrea ein kleiner Junge gewesen war. Eine gute Frau, wenn auch ein wenig weinerlich. Sie vergötterte ihren Sohn und hätte ihn niemals ohne Not in Sorge versetzt.
    »Ich nehme an, dass du schon überall angerufen hast. Wie ging es ihr denn, als du das Haus verlassen

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