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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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den Fall Simonella übertragen bekam, sonst würden für ihn und die Leoni schwere Zeiten anbrechen.
    Anrufe rund um die Uhr.
    Meetings, die schon beinahe Verhören glichen.
    Widersprüchliche Anweisungen.
    Und Akten, Akten, Akten …
    Sitzungen in der Staatsanwaltschaft wie diese waren wichtig für ihre Arbeit, ob es nun große Gipfel oder Briefings waren, je nachdem, wie die Staatsanwälte Zeit hatten. Sie dienten dazu, sämtliche Informationen allen zugänglich zu machen, aber auch, um untereinander Meinungen, Hypothesen, Eindrücke auszutauschen.
    Wichtig, aber anstrengend.
    In der Regel hielt man sie alle zwei bis drei Tage mit dem ermittelnden Staatsanwalt ab, wenn Fälle so heikel waren wie diese, ein gefundenes Fressen für die Medien, weil man mit all den vielen beeindruckenden Enthüllungen die krankhafte Neugier des Publikums anregen konnte.
    Was niemals ausblieb, wenn Kinder im Spiel waren.
    Eigentlich hätte sich die Scauri nicht mit der - höchstwahrscheinlich zum Zweck der Lösegelderpressung erfolgten - Entführung des Babys befassen müssen, sondern nur mit den Della-Seta-Kindern.
    Marino blieb keine Zeit für weitere Vermutungen.
    »Guten Morgen, Ispettore, wir haben nur noch auf Sie gewartet. Nehmen Sie bitte Platz!«
    Der laute Gruß des Oberstaatsanwalts brachte Marino in Verlegenheit. Instinktiv ging sein Blick zur Uhr.
    Er war beinahe eine halbe Stunde zu spät gekommen.
    »Verd…!«
    »Sicher hatten Sie schon Gelegenheit, Dottoressa Laura Scauri kennen zu lernen. Sie ermittelt im Fall Ivan und Martina Della Seta, wie Sie zweifellos dem Rundschreiben entnommen haben.«
    Dottor Cerreti Strada hob eine Kopie des Blattes hoch, das Marino am Morgen bei Dienstbeginn auf seinem Schreibtisch gefunden hatte.
    »Und guten Tag auch Ihnen allen. Wir halten es für das Beste, die Ermittlungen separat, aber auch parallel fortzuführen. So können Informationen einfacher und schneller ausgetauscht werden. Die beiden Fälle können einem gemeinsamen Muster folgen, aber ebenso gut kann die Zeitgleichheit auch zufällig sein. Das wissen wir im Augenblick noch nicht. Doch wir wollen lieber nicht Gefahr laufen, dass irgendein nützliches Detail vernachlässigt oder unterbewertet wird. Die Ermittlungen im Fall des minderjährigen Giovanni Simonella wird Ispettore Capo Vincenzo Marino von der Staatspolizei koordinieren, dabei wird er unterstützt von seiner Kollegin Ispettrice Sandra Leoni. Für Ivan und Martina Della Seta liegt die Verantwortung in den Händen der Carabinieri in Abstimmung mit den Interforze und der Jugendbehörde. Im letztgenannten Fall ermittelt schon die Einheit von Rozzano, wo die betreffenden Personen wohnhaft sind, unter Leitung von Tenente Colonnello Glauco Sereni.«
    Verdammt, verdammt. Jetzt war es also amtlich. Zwei parallele Ermittlungen.
    Mit der Scauri.
    Und Seiner Exzellenz.
    Marino grüßte noch Carlo Martinelli, den stellvertretenden Polizeichef, was dieser mit einem angedeuteten Lächeln quittierte, doch dann verfinsterte sich seine Miene wieder, als er sah, dass Enzo Ardazzone, der Chef des Mobilen Einsatzkommandos, ebenfalls anwesend war. Das bedeutete, dass die Lage ernst war.
    Den Vorsitz bei diesem Meeting hatte Giulio Cerreti Strada, Oberster Staatsanwalt von Mailand.
    »Wie ist die Stimmung?«, fragte Marino leise seine Mitarbeiterin Leoni, als er sich neben sie setzte.
    »Hmm, ziemlich unfreundlich, würde ich sagen. Er wollte wissen, warum wir die Eminescu einfach haben gehen lassen. Man hat ihre Habseligkeiten gefunden und …«
    Marino konzentrierte sich wieder auf die Worte des Oberstaatsanwalts.
    »Diese beiden Fälle, die drei Minderjährige betreffen, werden zum einen wie ein einziger Fall behandelt und gleichzeitig so, als hätten sie nichts außer der Tatzeit gemeinsam, immer angenommen, dem Verschwinden der Della-Seta-Kinder liegt wirklich ein Verbrechen zugrunde«, sagte der Staatsanwalt gerade.
    »Die Betreffenden kommen aus vollkommen entgegengesetzten sozialen Umfeldern, was Ihnen bei einem Vergleich der Personendaten in den jeweiligen Akten sofort klar wird. Die Gemeinsamkeit ihres Verschwindens könnte Teil eines einzigen großangelegten Plans sein, aber ebenso ein zufälliges Zusammentreffen. Selbstverständlich müssen bei den Ermittlungen alle Möglichkeiten in Betracht gezogen werden. Kinderpornografie, Zigeuner, Fehden und Rachefeldzüge, Aktionen, um Druck auf die jeweiligen Familien auszuüben, illegale Adoption und Organhandel … Haben Sie noch

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