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Denn dein ist die Schuld

Titel: Denn dein ist die Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adele Marini
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Gefahr. Wie alle Zeugen hatte sie ein Anrecht auf Personenschutz. Stattdessen haben Sie sie nur in eine Residence gebracht und sie dort allein gelassen. Sie werden mir wohl zustimmen, dass dies keine besonders gute Idee war …«
    »Es tut mir leid, Dottore, aber es gab keinerlei entsprechende Anhaltspunkte … Der Arbeitgeber der Zeugin hatte eine Aufenthaltsgenehmigung für sie beantragt. Sie war also keine illegale Einwanderin. Zumindest jetzt nicht mehr. Ohne eine präzise Anweisung des Staatsanwalts … Wir hatten keinerlei Handhabe für …«, Marino wurde bewusst, dass er gerade dabei war, sich zu rechtfertigen, und er verstummte schlagartig.
    »Sie hatten die Vorladung.«
    »Ja, aber ohne eine Anklage, ohne einen hinreichenden Verdacht … war es unmöglich, sie in Untersuchungshaft zu überführen.«
    »In Ordnung.« Mit einer brüsken Geste gab der Staatsanwalt zu verstehen, dass er es für den Moment dabei bewenden lassen und lieber fortfahren wollte. »Jedenfalls ist Nelea Eminescu jetzt unauffindbar. Der Nachtportier der Residence hat gesehen, wie sie im Morgengrauen das Haus verlassen hat, doch sie ist nie mehr dorthin zurückgekehrt. Ihre persönlichen Gegenstände hat sie in ihrem Zimmer gelassen. Wenn Sie nicht über Ihr Büro gefahren sind, haben Sie die entsprechenden Unterlagen bestimmt noch nicht erhalten. Allerdings gehe ich davon aus, dass Sie dennoch Bescheid wissen …«
    »Ja, auf meinem Weg hierher habe ich mit den Mitarbeitern meines Teams gesprochen, die mich darüber informiert haben. Allerdings kenne ich keine Einzelheiten …«
    Der Staatsanwalt fuhr fort, als habe er nichts gehört. »Gestern Nacht hat ein Team der City Angels einen Obdachlosen gefunden, einen gewissen Léon Camenillho, Herkunftsland Kolumbien, Straßenname …«
    Der Staatsanwalt suchte den entsprechenden Punkt auf einem Blatt vor ihm.
    »Er nennt sich Morena. Ein Transsexueller ohne festen Wohnsitz, der mit Sicherheit schon bessere Zeiten gesehen hat. Allerdings war diese Morena im Besitz einer teuren schwarzen Damenhandtasche aus Leder. Hier ist die Liste von allem, was sich darin befand …«
    Dottor Salvini zeigte das Blatt mit dem Verzeichnis, das der zuständige Beamte bei der Beschlagnahme erstellt hatte.
    »In der Handtasche befanden sich verschiedene Dokumente, darunter ein moldawischer Reisepass, ausgestellt auf Nelea Eminescu. Unsere Babysitterin. Allerdings ist es nicht die Handtasche, die uns beunruhigt. Als Léon Camenillho, der sich momentan auf dem Polizeipräsidium in Gewahrsam befindet, um weiter vernommen zu werden, aufgegriffen wurde, trug er eine schwarze Daunenjacke der Marke H&M und ein Paar schwarze Lederstiefel. Die Jacke wies sichtbare Flecken von verschiedenen flüssigen Substanzen auf, darunter höchstwahrscheinlich Blut. Die Beamtin Maura Sismondi hat sie als die Jacke identifiziert, die die Eminescu bei der Vernehmung in Ihrem Büro trug, Dottor Marino. Es muss wohl nicht weiter gesagt werden, dass dieser Fund das Schlimmste vermuten lässt. Wenn sich diese Flüssigkeit tatsächlich als Blut erweisen sollte, was höchst wahrscheinlich ist, müssen wir uns auf die Suche nach einer Leiche machen.«
    »Wo genau sind die Tasche und die Kleidungsstücke gefunden worden?«
    Vincenzo Marino fühlte sich zwangsläufig schuldig. Ehe sie Nelea Eminescu gehen ließen, hatte er noch mit Sandra Leoni gestritten. Diese dämliche Kuh wollte unbedingt Feierabend machen und hatte ihn überredet, die Zeugin gehen zu lassen. Doch der Chef war immer noch er, also hätte er sich mit der Staatsanwaltschaft oder irgendjemand anderem aus dem Pool aller für den Entführungsfall Simonella zuständigen Stellen in Verbindung setzen müssen.
    Das hatte er unterlassen.
    Daher brauchte er sich gar nicht über die Leoni aufzuregen - die Schuld lag ganz allein bei ihm.
    »Ispettrice Leoni, möchten Sie Ihrem direkten Vorgesetzten und den Kollegen hier vortragen, was Sie sich notiert haben?«
    Na toll, dachte Marino. Mit seiner betonten Bemerkung vom »direkten Vorgesetzten« machte der Staatsanwalt das auch für alle anderen deutlich. Sandra Leoni brauchte keine weitere Hilfe für ihre Karriere, da er mit seinem unverzeihlichen Leichtsinn ihr die Steilvorlagen gleich selbst lieferte.
    »Eminescus persönliche Habseligkeiten wurden heute in den frühen Morgenstunden von besagtem Léon Camenillho gefunden, jenem Transsexuellen südamerikanischer Herkunft, der unter den Obdachlosen als ›Morena‹ bekannt ist.«
    Sandra

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